Fünftes Capittel. Ueber den Umgang mit Geistlichen.
1.
Ich mache, da ich nun auf den Umgang mit Leuten von allerley Ständen und Verhältnissen komme, billiger Weise in einem eigenen Capittel mit der Geistlichkeit den Anfang. Lehrreich und wohlthätig ist der Umgang mit einem Solchen, der sich aus ganzer Seele seinem heiligen Be¬ rufe widmet, seinen Verstand und Willen durch den sanften Einfluß der liebevollsten Religion Jesu geläutert hat; der Wahrheit und Tugend mit Eifer und Wärme nachstrebt, und die Kraft des Worts durch eigenes Beyspiel bestättigt; der seiner Gemeine, Bruder, Freund, Wohlthäter und Rathgeber, in seinem Vortrage populär, warm und herzlich ist; durch Bescheidenheit, Einfalt der Sitten, Mäßigkeit und Uneigen¬ nützigkeit sich als einen würdigen Nachfolger der Apostel auszeichnet; duldend gegen fremde Re¬ ligions-Verwandte, väterlich nachsichtig gegen Verirrte, kein Feind unschuldiger Fröhlichkeit, und dabey in seinem häuslichen Cirkel ein guter,
zärt¬
(Zweiter Th.) G
Fuͤnftes Capittel. Ueber den Umgang mit Geiſtlichen.
1.
Ich mache, da ich nun auf den Umgang mit Leuten von allerley Staͤnden und Verhaͤltniſſen komme, billiger Weiſe in einem eigenen Capittel mit der Geiſtlichkeit den Anfang. Lehrreich und wohlthaͤtig iſt der Umgang mit einem Solchen, der ſich aus ganzer Seele ſeinem heiligen Be¬ rufe widmet, ſeinen Verſtand und Willen durch den ſanften Einfluß der liebevollſten Religion Jeſu gelaͤutert hat; der Wahrheit und Tugend mit Eifer und Waͤrme nachſtrebt, und die Kraft des Worts durch eigenes Beyſpiel beſtaͤttigt; der ſeiner Gemeine, Bruder, Freund, Wohlthaͤter und Rathgeber, in ſeinem Vortrage populaͤr, warm und herzlich iſt; durch Beſcheidenheit, Einfalt der Sitten, Maͤßigkeit und Uneigen¬ nuͤtzigkeit ſich als einen wuͤrdigen Nachfolger der Apoſtel auszeichnet; duldend gegen fremde Re¬ ligions-Verwandte, vaͤterlich nachſichtig gegen Verirrte, kein Feind unſchuldiger Froͤhlichkeit, und dabey in ſeinem haͤuslichen Cirkel ein guter,
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(Zweiter Th.) G
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Fuͤnftes Capittel.
Ueber den Umgang mit Geiſtlichen.
1.
Ich mache, da ich nun auf den Umgang mit
Leuten von allerley Staͤnden und Verhaͤltniſſen
komme, billiger Weiſe in einem eigenen Capittel
mit der Geiſtlichkeit den Anfang. Lehrreich und
wohlthaͤtig iſt der Umgang mit einem Solchen,
der ſich aus ganzer Seele ſeinem heiligen Be¬
rufe widmet, ſeinen Verſtand und Willen durch
den ſanften Einfluß der liebevollſten Religion
Jeſu gelaͤutert hat; der Wahrheit und Tugend
mit Eifer und Waͤrme nachſtrebt, und die Kraft
des Worts durch eigenes Beyſpiel beſtaͤttigt; der
ſeiner Gemeine, Bruder, Freund, Wohlthaͤter
und Rathgeber, in ſeinem Vortrage populaͤr,
warm und herzlich iſt; durch Beſcheidenheit,
Einfalt der Sitten, Maͤßigkeit und Uneigen¬
nuͤtzigkeit ſich als einen wuͤrdigen Nachfolger der
Apoſtel auszeichnet; duldend gegen fremde Re¬
ligions-Verwandte, vaͤterlich nachſichtig gegen
Verirrte, kein Feind unſchuldiger Froͤhlichkeit,
und dabey in ſeinem haͤuslichen Cirkel ein guter,
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(Zweiter Th.) G
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/119>, abgerufen am 21.12.2024.
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