bedecken zu wollen. Sie sind mehrentheils Heuchler, wollen durch das Gute, das sie von den Leuten reden, das Böse vergessen nach¬ her, so sie ihnen zufügen, oder sie suchen da¬ durch zu erlangen, daß man eben so nachsichtig gegen ihre Gebrechen sey.
20.
Rede nicht zu viel! Sey haushälterisch mit Spendung von Worten und Kenntnissen, damit es Dir nicht früh an Stoffe fehle, damit Du nicht redest, was Du verschweigen sollst, ver¬ schweigen willst, und damit man Deiner nicht satt werde! Laß auch Andre zu Worte kommen, ihr Theil mit hergeben zur allgemeinen Unter¬ haltung! Es giebt Leute, die, ohne es selbst zu merken, aller Orten die Sprachführer sind; Und wären sie in einem Cirkel von funfzig Per¬ sonen; so würden sie sich dennoch bald Meister von der ganzen Conversation machen.
21.
Dies wird noch unerträglicher, wenn Sol¬ che immer nur ihre eigene Person, ihre häus¬ lichen Umstände, ihre Verhältnisse, ihre Tha¬
ten
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bedecken zu wollen. Sie ſind mehrentheils Heuchler, wollen durch das Gute, das ſie von den Leuten reden, das Boͤſe vergeſſen nach¬ her, ſo ſie ihnen zufuͤgen, oder ſie ſuchen da¬ durch zu erlangen, daß man eben ſo nachſichtig gegen ihre Gebrechen ſey.
20.
Rede nicht zu viel! Sey haushaͤlteriſch mit Spendung von Worten und Kenntniſſen, damit es Dir nicht fruͤh an Stoffe fehle, damit Du nicht redeſt, was Du verſchweigen ſollſt, ver¬ ſchweigen willſt, und damit man Deiner nicht ſatt werde! Laß auch Andre zu Worte kommen, ihr Theil mit hergeben zur allgemeinen Unter¬ haltung! Es giebt Leute, die, ohne es ſelbſt zu merken, aller Orten die Sprachfuͤhrer ſind; Und waͤren ſie in einem Cirkel von funfzig Per¬ ſonen; ſo wuͤrden ſie ſich dennoch bald Meiſter von der ganzen Converſation machen.
21.
Dies wird noch unertraͤglicher, wenn Sol¬ che immer nur ihre eigene Perſon, ihre haͤus¬ lichen Umſtaͤnde, ihre Verhaͤltniſſe, ihre Tha¬
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bedecken zu wollen. Sie ſind mehrentheils
Heuchler, wollen durch das Gute, das ſie von
den Leuten reden, das Boͤſe vergeſſen nach¬
her, ſo ſie ihnen zufuͤgen, oder ſie ſuchen da¬
durch zu erlangen, daß man eben ſo nachſichtig
gegen ihre Gebrechen ſey.
20.
Rede nicht zu viel! Sey haushaͤlteriſch
mit Spendung von Worten und Kenntniſſen,
damit es Dir nicht fruͤh an Stoffe fehle, damit
Du nicht redeſt, was Du verſchweigen ſollſt, ver¬
ſchweigen willſt, und damit man Deiner nicht
ſatt werde! Laß auch Andre zu Worte kommen,
ihr Theil mit hergeben zur allgemeinen Unter¬
haltung! Es giebt Leute, die, ohne es ſelbſt
zu merken, aller Orten die Sprachfuͤhrer ſind;
Und waͤren ſie in einem Cirkel von funfzig Per¬
ſonen; ſo wuͤrden ſie ſich dennoch bald Meiſter
von der ganzen Converſation machen.
21.
Dies wird noch unertraͤglicher, wenn Sol¬
che immer nur ihre eigene Perſon, ihre haͤus¬
lichen Umſtaͤnde, ihre Verhaͤltniſſe, ihre Tha¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/95>, abgerufen am 22.02.2025.
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