ihn zu seyn, wenn Du seiner nicht mehr be¬ darfst, oder wenn Unglücksfälle ihn von seiner Höhe herabgestürzt, ihn seines äussern Glan¬ zes beraubt haben.
2.
Nie aber lasse Dich zu niederträchtiger Schmeicheley herab, um entweder Wohltha¬ ten zu erschleichen, oder, für den empfange¬ nen Schutz, auf unedle Weise Dich zum Scla¬ ven eines schlechten Mannes zu machen! Wo Pflicht und Rechtschaffenheit es fordern, da müsse Dein Mund nie zum Unrechte schwei¬ gen, und keine Art von Bestechung die Stim¬ me der Wahrheit zum Schweigen bringen! Du bezahlst reichlich die Wohlthat, wenn Du dafür die Pflichten eines ächten Freundes er¬ füllst und, selbst mit Gefahr den Schutz zu verliehren und für undankbar gehalten zu werden, dem Wohlthäter sagst, was ihm nö¬ thig und heilsam ist zu hören.
3.
Es ist eine unangenehme Lage, wenn wir jemand, dem wir viel Verbindlichkeit schuldig sind, nachher von einer schlechten Seite kennen
ler¬
ihn zu ſeyn, wenn Du ſeiner nicht mehr be¬ darfſt, oder wenn Ungluͤcksfaͤlle ihn von ſeiner Hoͤhe herabgeſtuͤrzt, ihn ſeines aͤuſſern Glan¬ zes beraubt haben.
2.
Nie aber laſſe Dich zu niedertraͤchtiger Schmeicheley herab, um entweder Wohltha¬ ten zu erſchleichen, oder, fuͤr den empfange¬ nen Schutz, auf unedle Weiſe Dich zum Scla¬ ven eines ſchlechten Mannes zu machen! Wo Pflicht und Rechtſchaffenheit es fordern, da muͤſſe Dein Mund nie zum Unrechte ſchwei¬ gen, und keine Art von Beſtechung die Stim¬ me der Wahrheit zum Schweigen bringen! Du bezahlſt reichlich die Wohlthat, wenn Du dafuͤr die Pflichten eines aͤchten Freundes er¬ fuͤllſt und, ſelbſt mit Gefahr den Schutz zu verliehren und fuͤr undankbar gehalten zu werden, dem Wohlthaͤter ſagſt, was ihm noͤ¬ thig und heilſam iſt zu hoͤren.
3.
Es iſt eine unangenehme Lage, wenn wir jemand, dem wir viel Verbindlichkeit ſchuldig ſind, nachher von einer ſchlechten Seite kennen
ler¬
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ihn zu ſeyn, wenn Du ſeiner nicht mehr be¬
darfſt, oder wenn Ungluͤcksfaͤlle ihn von ſeiner
Hoͤhe herabgeſtuͤrzt, ihn ſeines aͤuſſern Glan¬
zes beraubt haben.
2.
Nie aber laſſe Dich zu niedertraͤchtiger
Schmeicheley herab, um entweder Wohltha¬
ten zu erſchleichen, oder, fuͤr den empfange¬
nen Schutz, auf unedle Weiſe Dich zum Scla¬
ven eines ſchlechten Mannes zu machen! Wo
Pflicht und Rechtſchaffenheit es fordern, da
muͤſſe Dein Mund nie zum Unrechte ſchwei¬
gen, und keine Art von Beſtechung die Stim¬
me der Wahrheit zum Schweigen bringen!
Du bezahlſt reichlich die Wohlthat, wenn Du
dafuͤr die Pflichten eines aͤchten Freundes er¬
fuͤllſt und, ſelbſt mit Gefahr den Schutz zu
verliehren und fuͤr undankbar gehalten zu
werden, dem Wohlthaͤter ſagſt, was ihm noͤ¬
thig und heilſam iſt zu hoͤren.
3.
Es iſt eine unangenehme Lage, wenn wir
jemand, dem wir viel Verbindlichkeit ſchuldig
ſind, nachher von einer ſchlechten Seite kennen
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/294>, abgerufen am 22.02.2025.
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