stände zu ertragen, und wenn man ein Gut be¬ sitzt, sich mit dem Gedanken gemein machen, daß man dies Gut auch verliehren könne. Ein weiser Mann bauet nicht seine ganze Existenz auf das Daseyn eines andern Wesens.
14.
Bleibe aber immer, auch in der Entfer¬ nung, ein warmer Freund Deiner Freunde! sonst scheint es, als habest Du aus Eigennutz, um den Genuß ihrer Unterhaltung zu schmek¬ ken, Dich an sie geschlossen. Sey nicht so nach¬ lässig im Briefwechsel mit ihnen, als wohl manche Menschen es sind! Wie leicht ist nicht ein Zettelchen beschrieben! Wer hat so viel Ge¬ schäfte, daß ihm nicht täglich wenigstens eine Viertelstunde frey bleibe? Wie erfreulich für ei¬ nenentfernten Freund, und wie wohlthuend für uns selbst können aber nicht oft ein Paar zärtli¬ che, tröstliche Zeilen seyn! Ich lasse auch die Ent¬ schuldigung nicht gelten, daß man zuweilen lange Zeit hindurch gar nicht gestimmt sey, seine Gedanken in Ordnung auf das Papier zu brin¬ gen. Briefe an den Vertraueten unsers Her¬ zens sind keine rednerische Ausarbeitungen, je¬ des Wort wird ihm willkommen seyn, das Ab¬
druck
ſtaͤnde zu ertragen, und wenn man ein Gut be¬ ſitzt, ſich mit dem Gedanken gemein machen, daß man dies Gut auch verliehren koͤnne. Ein weiſer Mann bauet nicht ſeine ganze Exiſtenz auf das Daſeyn eines andern Weſens.
14.
Bleibe aber immer, auch in der Entfer¬ nung, ein warmer Freund Deiner Freunde! ſonſt ſcheint es, als habeſt Du aus Eigennutz, um den Genuß ihrer Unterhaltung zu ſchmek¬ ken, Dich an ſie geſchloſſen. Sey nicht ſo nach¬ laͤſſig im Briefwechſel mit ihnen, als wohl manche Menſchen es ſind! Wie leicht iſt nicht ein Zettelchen beſchrieben! Wer hat ſo viel Ge¬ ſchaͤfte, daß ihm nicht taͤglich wenigſtens eine Viertelſtunde frey bleibe? Wie erfreulich fuͤr ei¬ nenentfernten Freund, und wie wohlthuend fuͤr uns ſelbſt koͤnnen aber nicht oft ein Paar zaͤrtli¬ che, troͤſtliche Zeilen ſeyn! Ich laſſe auch die Ent¬ ſchuldigung nicht gelten, daß man zuweilen lange Zeit hindurch gar nicht geſtimmt ſey, ſeine Gedanken in Ordnung auf das Papier zu brin¬ gen. Briefe an den Vertraueten unſers Her¬ zens ſind keine redneriſche Ausarbeitungen, je¬ des Wort wird ihm willkommen ſeyn, das Ab¬
druck
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0283"n="253"/>ſtaͤnde zu ertragen, und wenn man ein Gut be¬<lb/>ſitzt, ſich mit dem Gedanken gemein machen,<lb/>
daß man dies Gut auch verliehren koͤnne. Ein<lb/>
weiſer Mann bauet nicht ſeine ganze Exiſtenz<lb/>
auf das Daſeyn eines andern Weſens.</p><lb/></div><divn="3"><head>14.<lb/></head><p>Bleibe aber immer, auch in der Entfer¬<lb/>
nung, ein warmer Freund Deiner Freunde!<lb/>ſonſt ſcheint es, als habeſt Du aus Eigennutz,<lb/>
um den Genuß ihrer Unterhaltung zu ſchmek¬<lb/>
ken, Dich an ſie geſchloſſen. Sey nicht ſo nach¬<lb/>
laͤſſig im Briefwechſel mit ihnen, als wohl<lb/>
manche Menſchen es ſind! Wie leicht iſt nicht<lb/>
ein Zettelchen beſchrieben! Wer hat ſo viel Ge¬<lb/>ſchaͤfte, daß ihm nicht taͤglich wenigſtens eine<lb/>
Viertelſtunde frey bleibe? Wie erfreulich fuͤr ei¬<lb/>
nenentfernten Freund, und wie wohlthuend fuͤr<lb/>
uns ſelbſt koͤnnen aber nicht oft ein Paar zaͤrtli¬<lb/>
che, troͤſtliche Zeilen ſeyn! Ich laſſe auch die Ent¬<lb/>ſchuldigung nicht gelten, daß man zuweilen lange<lb/>
Zeit hindurch gar nicht geſtimmt ſey, ſeine<lb/>
Gedanken in Ordnung auf das Papier zu brin¬<lb/>
gen. Briefe an den Vertraueten unſers Her¬<lb/>
zens ſind keine redneriſche Ausarbeitungen, je¬<lb/>
des Wort wird ihm willkommen ſeyn, das Ab¬<lb/><fwplace="bottom"type="catch">druck<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[253/0283]
ſtaͤnde zu ertragen, und wenn man ein Gut be¬
ſitzt, ſich mit dem Gedanken gemein machen,
daß man dies Gut auch verliehren koͤnne. Ein
weiſer Mann bauet nicht ſeine ganze Exiſtenz
auf das Daſeyn eines andern Weſens.
14.
Bleibe aber immer, auch in der Entfer¬
nung, ein warmer Freund Deiner Freunde!
ſonſt ſcheint es, als habeſt Du aus Eigennutz,
um den Genuß ihrer Unterhaltung zu ſchmek¬
ken, Dich an ſie geſchloſſen. Sey nicht ſo nach¬
laͤſſig im Briefwechſel mit ihnen, als wohl
manche Menſchen es ſind! Wie leicht iſt nicht
ein Zettelchen beſchrieben! Wer hat ſo viel Ge¬
ſchaͤfte, daß ihm nicht taͤglich wenigſtens eine
Viertelſtunde frey bleibe? Wie erfreulich fuͤr ei¬
nenentfernten Freund, und wie wohlthuend fuͤr
uns ſelbſt koͤnnen aber nicht oft ein Paar zaͤrtli¬
che, troͤſtliche Zeilen ſeyn! Ich laſſe auch die Ent¬
ſchuldigung nicht gelten, daß man zuweilen lange
Zeit hindurch gar nicht geſtimmt ſey, ſeine
Gedanken in Ordnung auf das Papier zu brin¬
gen. Briefe an den Vertraueten unſers Her¬
zens ſind keine redneriſche Ausarbeitungen, je¬
des Wort wird ihm willkommen ſeyn, das Ab¬
druck
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/283>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.