"übrige Welt bekümmert, sieht und hört nichts "um sich her, ist in keiner Gesellschaft verlegen "mit seiner Person, wenn nur der theure Ge¬ "genstand uns freundlich anlächelt, findet al¬ "les Ungemach des Lebens leicht zu ertragen, an "der Seite des Geliebten, glaubt nicht, daß es "Krankheit, Armuth, Druck und Noth in der "schönen Welt geben könne, lebt mit aller Crea¬ "tur in Frieden, verachtet Gemächlichkeit, köst¬ "liche Speise, Schlaf -- O Ihr! wenn Ihr "je so wonnevolle Zeiten verlebt habt, sprechet! "ist auch ein süßerer Traum zu träumen mög¬ "lich? Ist unter allen phantastischen Freuden "des Lebens Eine, die so unschuldig, so natür¬ "lich, so unschädlich wäre? Eine, die so über¬ "schwenglich glücklich, fröhlich, so friedenvoll "machet? -- Ach! daß dieser selige Zustand der "Bezauberung nicht ewig dauern kann, daß "man oft nur gar zu unsanft aufgeschreckt wird "aus diesem elisischen Schlummer!"
4.
In der Ehe ist Eifersucht ein schreckliches, Ruhe und Frieden stöhrendes Uebel, und jeder Streit von bösen Folgen; in der Liebe hinge¬
gen
L 4
„uͤbrige Welt bekuͤmmert, ſieht und hoͤrt nichts „um ſich her, iſt in keiner Geſellſchaft verlegen „mit ſeiner Perſon, wenn nur der theure Ge¬ „genſtand uns freundlich anlaͤchelt, findet al¬ „les Ungemach des Lebens leicht zu ertragen, an „der Seite des Geliebten, glaubt nicht, daß es „Krankheit, Armuth, Druck und Noth in der „ſchoͤnen Welt geben koͤnne, lebt mit aller Crea¬ „tur in Frieden, verachtet Gemaͤchlichkeit, koͤſt¬ „liche Speiſe, Schlaf — O Ihr! wenn Ihr „je ſo wonnevolle Zeiten verlebt habt, ſprechet! „iſt auch ein ſuͤßerer Traum zu traͤumen moͤg¬ „lich? Iſt unter allen phantaſtiſchen Freuden „des Lebens Eine, die ſo unſchuldig, ſo natuͤr¬ „lich, ſo unſchaͤdlich waͤre? Eine, die ſo uͤber¬ „ſchwenglich gluͤcklich, froͤhlich, ſo friedenvoll „machet? — Ach! daß dieſer ſelige Zuſtand der „Bezauberung nicht ewig dauern kann, daß „man oft nur gar zu unſanft aufgeſchreckt wird „aus dieſem eliſiſchen Schlummer!“
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In der Ehe iſt Eiferſucht ein ſchreckliches, Ruhe und Frieden ſtoͤhrendes Uebel, und jeder Streit von boͤſen Folgen; in der Liebe hinge¬
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„uͤbrige Welt bekuͤmmert, ſieht und hoͤrt nichts
„um ſich her, iſt in keiner Geſellſchaft verlegen
„mit ſeiner Perſon, wenn nur der theure Ge¬
„genſtand uns freundlich anlaͤchelt, findet al¬
„les Ungemach des Lebens leicht zu ertragen, an
„der Seite des Geliebten, glaubt nicht, daß es
„Krankheit, Armuth, Druck und Noth in der
„ſchoͤnen Welt geben koͤnne, lebt mit aller Crea¬
„tur in Frieden, verachtet Gemaͤchlichkeit, koͤſt¬
„liche Speiſe, Schlaf — O Ihr! wenn Ihr
„je ſo wonnevolle Zeiten verlebt habt, ſprechet!
„iſt auch ein ſuͤßerer Traum zu traͤumen moͤg¬
„lich? Iſt unter allen phantaſtiſchen Freuden
„des Lebens Eine, die ſo unſchuldig, ſo natuͤr¬
„lich, ſo unſchaͤdlich waͤre? Eine, die ſo uͤber¬
„ſchwenglich gluͤcklich, froͤhlich, ſo friedenvoll
„machet? — Ach! daß dieſer ſelige Zuſtand der
„Bezauberung nicht ewig dauern kann, daß
„man oft nur gar zu unſanft aufgeſchreckt wird
„aus dieſem eliſiſchen Schlummer!“
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In der Ehe iſt Eiferſucht ein ſchreckliches,
Ruhe und Frieden ſtoͤhrendes Uebel, und jeder
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/197>, abgerufen am 22.02.2025.
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