Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

seyn würden, oder sind -- dann gute Nacht,
Ruhe, Frieden, Glück! Zärtlichkeit und Hoch¬
achtung hingegen werden bey vernünftigen
Personen jene Gleichstimmung leicht bewürken,
wenn nicht störrischer Eigensinn oder empöh¬
rende Ungleichheit in Denkungsart die Tren¬
nung unterhalten.

10.

Wie aber soll man sich gegen würkliche
Ausschweifungen wafnen-- denn bis jetzt habe
ich nur von Herzens-Verirrungen geredet
-- wie soll man sich wafnen, wenn von Einer
Seite heftiges Temperament, ein reizbarer
Cörper, Mangel an Herrschaft über Leiden¬
schaften, Verführung, Buhler-Künste, anlok¬
kende Schönheiten und Gelegenheit uns reizen,
von der andern vielleicht der Gattinn mürri¬
sches Betragen, üble Launen, Dummheit,
Kränklichkeit, Mangel an Schönheit, an Ju¬
gend, an Gefällichkeit, an Temperament uns
zurückstoßen? -- Dies Buch ist kein vollkomm¬
nes System der Moral, also überlasse ich je¬
dem vernünftigen Manne, diese Frage aus¬
führlich zu beantworten und selbst zu

be¬

ſeyn wuͤrden, oder ſind — dann gute Nacht,
Ruhe, Frieden, Gluͤck! Zaͤrtlichkeit und Hoch¬
achtung hingegen werden bey vernuͤnftigen
Perſonen jene Gleichſtimmung leicht bewuͤrken,
wenn nicht ſtoͤrriſcher Eigenſinn oder empoͤh¬
rende Ungleichheit in Denkungsart die Tren¬
nung unterhalten.

10.

Wie aber ſoll man ſich gegen wuͤrkliche
Ausſchweifungen wafnen— denn bis jetzt habe
ich nur von Herzens-Verirrungen geredet
— wie ſoll man ſich wafnen, wenn von Einer
Seite heftiges Temperament, ein reizbarer
Coͤrper, Mangel an Herrſchaft uͤber Leiden¬
ſchaften, Verfuͤhrung, Buhler-Kuͤnſte, anlok¬
kende Schoͤnheiten und Gelegenheit uns reizen,
von der andern vielleicht der Gattinn muͤrri¬
ſches Betragen, uͤble Launen, Dummheit,
Kraͤnklichkeit, Mangel an Schoͤnheit, an Ju¬
gend, an Gefaͤllichkeit, an Temperament uns
zuruͤckſtoßen? — Dies Buch iſt kein vollkomm¬
nes Syſtem der Moral, alſo uͤberlaſſe ich je¬
dem vernuͤnftigen Manne, dieſe Frage aus¬
fuͤhrlich zu beantworten und ſelbſt zu

be¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0164" n="134"/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rden, oder &#x017F;ind &#x2014; dann gute Nacht,<lb/>
Ruhe, Frieden, Glu&#x0364;ck! Za&#x0364;rtlichkeit und Hoch¬<lb/>
achtung hingegen werden bey vernu&#x0364;nftigen<lb/>
Per&#x017F;onen jene Gleich&#x017F;timmung leicht bewu&#x0364;rken,<lb/>
wenn nicht &#x017F;to&#x0364;rri&#x017F;cher Eigen&#x017F;inn oder empo&#x0364;<lb/>
rende Ungleichheit in Denkungsart die Tren¬<lb/>
nung unterhalten.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>10.<lb/></head>
            <p>Wie aber &#x017F;oll man &#x017F;ich gegen wu&#x0364;rkliche<lb/>
Aus&#x017F;chweifungen wafnen&#x2014; denn bis jetzt habe<lb/>
ich nur von <hi rendition="#fr">Herzens-Verirrungen</hi> geredet<lb/>
&#x2014; wie &#x017F;oll man &#x017F;ich wafnen, wenn von Einer<lb/>
Seite heftiges Temperament, ein reizbarer<lb/>
Co&#x0364;rper, Mangel an Herr&#x017F;chaft u&#x0364;ber Leiden¬<lb/>
&#x017F;chaften, Verfu&#x0364;hrung, Buhler-Ku&#x0364;n&#x017F;te, anlok¬<lb/>
kende Scho&#x0364;nheiten und Gelegenheit uns reizen,<lb/>
von der andern vielleicht der Gattinn mu&#x0364;rri¬<lb/>
&#x017F;ches Betragen, u&#x0364;ble Launen, Dummheit,<lb/>
Kra&#x0364;nklichkeit, Mangel an Scho&#x0364;nheit, an Ju¬<lb/>
gend, an Gefa&#x0364;llichkeit, an Temperament uns<lb/>
zuru&#x0364;ck&#x017F;toßen? &#x2014; Dies Buch i&#x017F;t kein vollkomm¬<lb/>
nes Sy&#x017F;tem der Moral, al&#x017F;o u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e ich je¬<lb/>
dem vernu&#x0364;nftigen Manne, die&#x017F;e Frage aus¬<lb/>
fu&#x0364;hrlich zu beantworten und &#x017F;elb&#x017F;t zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0164] ſeyn wuͤrden, oder ſind — dann gute Nacht, Ruhe, Frieden, Gluͤck! Zaͤrtlichkeit und Hoch¬ achtung hingegen werden bey vernuͤnftigen Perſonen jene Gleichſtimmung leicht bewuͤrken, wenn nicht ſtoͤrriſcher Eigenſinn oder empoͤh¬ rende Ungleichheit in Denkungsart die Tren¬ nung unterhalten. 10. Wie aber ſoll man ſich gegen wuͤrkliche Ausſchweifungen wafnen— denn bis jetzt habe ich nur von Herzens-Verirrungen geredet — wie ſoll man ſich wafnen, wenn von Einer Seite heftiges Temperament, ein reizbarer Coͤrper, Mangel an Herrſchaft uͤber Leiden¬ ſchaften, Verfuͤhrung, Buhler-Kuͤnſte, anlok¬ kende Schoͤnheiten und Gelegenheit uns reizen, von der andern vielleicht der Gattinn muͤrri¬ ſches Betragen, uͤble Launen, Dummheit, Kraͤnklichkeit, Mangel an Schoͤnheit, an Ju¬ gend, an Gefaͤllichkeit, an Temperament uns zuruͤckſtoßen? — Dies Buch iſt kein vollkomm¬ nes Syſtem der Moral, alſo uͤberlaſſe ich je¬ dem vernuͤnftigen Manne, dieſe Frage aus¬ fuͤhrlich zu beantworten und ſelbſt zu be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/164
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/164>, abgerufen am 20.12.2024.