das dumme Vieh hat aufwachsen lassen, dar¬ über glaubt sie keine Verantwortung geben zu dürfen -- hat sie doch nie die eheliche Treue verletzt! -- Sorgsame Pflicht-Erfüllung in al¬ len Rücksichten ist also das sicherste Mittel, der beständig fortdauernden Zärtlichkeit seiner Ehe¬ hälfte gewiß zu seyn.
6.
Mit dem Allen aber wird es nicht fehlen, daß nicht zuweilen fremde liebenswürdige Men¬ schen auf kurze Zeit vortheilhaftere Eindrücke auf Ehegenossen machen sollten, als Einer von Diesen seiner Ruhe wegen wünschen mögte. Es ist nicht zu erwarten, daß, wenn die erste blinde Liebe verraucht ist, -- und die verraucht denn doch bald -- man so partheyisch für ein¬ ander bleiben, daß man nicht oft die Vorzüge andrer Leute sehr lebhaft fühlen sollte. Hierzu kömmt dann noch, daß Personen, mit denen wir seltener umgehen, sich immer von ihren besten Seiten zeigen und uns mehr schmeicheln, als die, mit denen wir täglich leben. Eindrücke von der Art werden aber bald wieder ver¬ schwinden, wenn nur der Gatte fortfährt, seine
Pflicht
das dumme Vieh hat aufwachſen laſſen, dar¬ uͤber glaubt ſie keine Verantwortung geben zu duͤrfen — hat ſie doch nie die eheliche Treue verletzt! — Sorgſame Pflicht-Erfuͤllung in al¬ len Ruͤckſichten iſt alſo das ſicherſte Mittel, der beſtaͤndig fortdauernden Zaͤrtlichkeit ſeiner Ehe¬ haͤlfte gewiß zu ſeyn.
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Mit dem Allen aber wird es nicht fehlen, daß nicht zuweilen fremde liebenswuͤrdige Men¬ ſchen auf kurze Zeit vortheilhaftere Eindruͤcke auf Ehegenoſſen machen ſollten, als Einer von Dieſen ſeiner Ruhe wegen wuͤnſchen moͤgte. Es iſt nicht zu erwarten, daß, wenn die erſte blinde Liebe verraucht iſt, — und die verraucht denn doch bald — man ſo partheyiſch fuͤr ein¬ ander bleiben, daß man nicht oft die Vorzuͤge andrer Leute ſehr lebhaft fuͤhlen ſollte. Hierzu koͤmmt dann noch, daß Perſonen, mit denen wir ſeltener umgehen, ſich immer von ihren beſten Seiten zeigen und uns mehr ſchmeicheln, als die, mit denen wir taͤglich leben. Eindruͤcke von der Art werden aber bald wieder ver¬ ſchwinden, wenn nur der Gatte fortfaͤhrt, ſeine
Pflicht
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das dumme Vieh hat aufwachſen laſſen, dar¬
uͤber glaubt ſie keine Verantwortung geben zu
duͤrfen — hat ſie doch nie die eheliche Treue
verletzt! — Sorgſame Pflicht-Erfuͤllung in al¬
len Ruͤckſichten iſt alſo das ſicherſte Mittel, der
beſtaͤndig fortdauernden Zaͤrtlichkeit ſeiner Ehe¬
haͤlfte gewiß zu ſeyn.
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Mit dem Allen aber wird es nicht fehlen,
daß nicht zuweilen fremde liebenswuͤrdige Men¬
ſchen auf kurze Zeit vortheilhaftere Eindruͤcke
auf Ehegenoſſen machen ſollten, als Einer von
Dieſen ſeiner Ruhe wegen wuͤnſchen moͤgte.
Es iſt nicht zu erwarten, daß, wenn die erſte
blinde Liebe verraucht iſt, — und die verraucht
denn doch bald — man ſo partheyiſch fuͤr ein¬
ander bleiben, daß man nicht oft die Vorzuͤge
andrer Leute ſehr lebhaft fuͤhlen ſollte. Hierzu
koͤmmt dann noch, daß Perſonen, mit denen
wir ſeltener umgehen, ſich immer von ihren
beſten Seiten zeigen und uns mehr ſchmeicheln,
als die, mit denen wir taͤglich leben. Eindruͤcke
von der Art werden aber bald wieder ver¬
ſchwinden, wenn nur der Gatte fortfaͤhrt, ſeine
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/155>, abgerufen am 22.02.2025.
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