Eine weise und gute Wahl bey Knüpfung des wichtigsten Bandes im menschlichen Leben, die ist freylich das sicherste Mittel, um in der Folge sich Freude und Glück in dem Umgange unter Eheleuten versprechen zu können. Wenn hingegen Menschen, die nicht gegenseitig dazu beytragen, sich das Leben süß und leicht zu machen, sondern die vielmehr widersprechende, sich durchkreuzende Neigungen und Wünsche und verschiedenes Interesse hegen, unglücklicher Weise sich nun auf ewig an einander gekettet sehen; so ist das in der That eine höchst trau¬ rige Lage, eine Existenz voll immerwährender herber Aufopferung, ein Stand der schwer¬ sten Sclaverey, ein Seufzen unter den eiser¬ nen Fesseln der Nothwendigkeit, ohne Hofnung einer andern Erlösung, als wenn der dürre Knochenmann mit seiner Sense dem Unwesen ein Ende macht.
Nicht weniger unglücklich ist dies Band, wenn auch nur von Einer Seite Unzufrieden¬
heit
Viertes Capitel.
Von dem Umgange unter Eheleuten.
1.
Eine weiſe und gute Wahl bey Knuͤpfung des wichtigſten Bandes im menſchlichen Leben, die iſt freylich das ſicherſte Mittel, um in der Folge ſich Freude und Gluͤck in dem Umgange unter Eheleuten verſprechen zu koͤnnen. Wenn hingegen Menſchen, die nicht gegenſeitig dazu beytragen, ſich das Leben ſuͤß und leicht zu machen, ſondern die vielmehr widerſprechende, ſich durchkreuzende Neigungen und Wuͤnſche und verſchiedenes Intereſſe hegen, ungluͤcklicher Weiſe ſich nun auf ewig an einander gekettet ſehen; ſo iſt das in der That eine hoͤchſt trau¬ rige Lage, eine Exiſtenz voll immerwaͤhrender herber Aufopferung, ein Stand der ſchwer¬ ſten Sclaverey, ein Seufzen unter den eiſer¬ nen Feſſeln der Nothwendigkeit, ohne Hofnung einer andern Erloͤſung, als wenn der duͤrre Knochenmann mit ſeiner Senſe dem Unweſen ein Ende macht.
Nicht weniger ungluͤcklich iſt dies Band, wenn auch nur von Einer Seite Unzufrieden¬
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Viertes Capitel.
Von dem Umgange unter Eheleuten.
1.
Eine weiſe und gute Wahl bey Knuͤpfung
des wichtigſten Bandes im menſchlichen Leben,
die iſt freylich das ſicherſte Mittel, um in der
Folge ſich Freude und Gluͤck in dem Umgange
unter Eheleuten verſprechen zu koͤnnen. Wenn
hingegen Menſchen, die nicht gegenſeitig dazu
beytragen, ſich das Leben ſuͤß und leicht zu
machen, ſondern die vielmehr widerſprechende,
ſich durchkreuzende Neigungen und Wuͤnſche und
verſchiedenes Intereſſe hegen, ungluͤcklicher
Weiſe ſich nun auf ewig an einander gekettet
ſehen; ſo iſt das in der That eine hoͤchſt trau¬
rige Lage, eine Exiſtenz voll immerwaͤhrender
herber Aufopferung, ein Stand der ſchwer¬
ſten Sclaverey, ein Seufzen unter den eiſer¬
nen Feſſeln der Nothwendigkeit, ohne Hofnung
einer andern Erloͤſung, als wenn der duͤrre
Knochenmann mit ſeiner Senſe dem Unweſen
ein Ende macht.
Nicht weniger ungluͤcklich iſt dies Band,
wenn auch nur von Einer Seite Unzufrieden¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/144>, abgerufen am 22.02.2025.
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