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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

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II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
§. 64.
Unabhängigkeit der Staaten, in Absicht
a) auf Bestrafung auswärts begangener Verbrechen;
b) auf auswärtige Abolition, Begnadigung und Bestrafung;

I) Ohne Verträge ist kein Staat berechtigt,
von einem andern Staate zu fordern, dass dieser
ausserhalb seines Gebietes begangene Verbrechen
bestrafe
. Daher kann auch der Staat, in dessen
Gebiet ein Verbrechen begangen ward, wenn er
den ihm zur Auslieferung angebotenen Verbre-
cher von demjenigen Staat, in dessen Gebiet
derselbe ergriffen ward, nicht annehmen will,
von diesem Staat nicht verlangen, dass derselbe
den Verbrecher bestrafe a). II) Ist dasselbe
Verbrechen in mehrern Staatsgebieten strafbar,
so verpflichtet die in dem einen Staat erfolgte
Abolition, Begnadigung, oder Bestrafung b),
den andern Staat nicht, das Verbrechen unun-
tersucht oder ungestraft zu lassen.

a) Rudolph diss. cit. §. 20. J. F. H. Abegg über die Be-
strafung der im Ausland begangenen Verbrechen. Erlangen
1819. 8.
b) Anders Rudolph l. c. §. 18.
§. 65.
c) auf eigenes CriminalVerfahren, und d) auswärtige
CriminalUrtheile;

III) Nur offenbare Schuldlosigkeit des An-
geschuldigten, offenbare Incompetenz der Ge-
richte des andern Staates, übertriebene Härte,
oder wahre Nichtigkeit ihres Verfahrens, kann

II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
§. 64.
Unabhängigkeit der Staaten, in Absicht
a) auf Bestrafung auswärts begangener Verbrechen;
b) auf auswärtige Abolition, Begnadigung und Bestrafung;

I) Ohne Verträge ist kein Staat berechtigt,
von einem andern Staate zu fordern, daſs dieser
ausserhalb seines Gebietes begangene Verbrechen
bestrafe
. Daher kann auch der Staat, in dessen
Gebiet ein Verbrechen begangen ward, wenn er
den ihm zur Auslieferung angebotenen Verbre-
cher von demjenigen Staat, in dessen Gebiet
derselbe ergriffen ward, nicht annehmen will,
von diesem Staat nicht verlangen, daſs derselbe
den Verbrecher bestrafe a). II) Ist dasselbe
Verbrechen in mehrern Staatsgebieten strafbar,
so verpflichtet die in dem einen Staat erfolgte
Abolition, Begnadigung, oder Bestrafung b),
den andern Staat nicht, das Verbrechen unun-
tersucht oder ungestraft zu lassen.

a) Rudolph diss. cit. §. 20. J. F. H. Abegg über die Be-
strafung der im Ausland begangenen Verbrechen. Erlangen
1819. 8.
b) Anders Rudolph l. c. §. 18.
§. 65.
c) auf eigenes CriminalVerfahren, und d) auswärtige
CriminalUrtheile;

III) Nur offenbare Schuldlosigkeit des An-
geschuldigten, offenbare Incompetenz der Ge-
richte des andern Staates, übertriebene Härte,
oder wahre Nichtigkeit ihres Verfahrens, kann

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[110/0116] II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten. §. 64. Unabhängigkeit der Staaten, in Absicht a) auf Bestrafung auswärts begangener Verbrechen; b) auf auswärtige Abolition, Begnadigung und Bestrafung; I) Ohne Verträge ist kein Staat berechtigt, von einem andern Staate zu fordern, daſs dieser ausserhalb seines Gebietes begangene Verbrechen bestrafe. Daher kann auch der Staat, in dessen Gebiet ein Verbrechen begangen ward, wenn er den ihm zur Auslieferung angebotenen Verbre- cher von demjenigen Staat, in dessen Gebiet derselbe ergriffen ward, nicht annehmen will, von diesem Staat nicht verlangen, daſs derselbe den Verbrecher bestrafe a). II) Ist dasselbe Verbrechen in mehrern Staatsgebieten strafbar, so verpflichtet die in dem einen Staat erfolgte Abolition, Begnadigung, oder Bestrafung b), den andern Staat nicht, das Verbrechen unun- tersucht oder ungestraft zu lassen. a⁾ Rudolph diss. cit. §. 20. J. F. H. Abegg über die Be- strafung der im Ausland begangenen Verbrechen. Erlangen 1819. 8. b⁾ Anders Rudolph l. c. §. 18. §. 65. c) auf eigenes CriminalVerfahren, und d) auswärtige CriminalUrtheile; III) Nur offenbare Schuldlosigkeit des An- geschuldigten, offenbare Incompetenz der Ge- richte des andern Staates, übertriebene Härte, oder wahre Nichtigkeit ihres Verfahrens, kann

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/116>, abgerufen am 21.11.2024.