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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.)
welches zunächst die Hinterlegung der Lyoner Seidenmuster
betrifft. Dieses Decret wurde jedoch von der Praxis auch
ausserhalb Lyon zur Anwendung gebracht und später durch
die Ordonnanz vom 17--29. August 1825 ausdrücklich auch
für die übrigen Bezirke für anwendbar erklärt und regelt noch
gegenwärtig der Schutz der Waarenmuster in Frankreich.

In England wurde der Musterschutz ebenfalls im Jahre
1787 durch das Statut 27 George III c. 38 eingeführt. Er
war jedoch auf bedruckte Leinen- und Baumwollenzeuge be-
schränkt und seine Dauer betrug ursprünglich nur zwei Mo-
nate. Durch die Acte 34 George III c. 23, 2 Victoria c. 13
und 2 Victoria c. 17 wurde der Musterschutz auf gewirkte
Waaren und bemalte Geschirre ausgedehnt. Eine wesentliche
Erweiterung des Musterschutzes fand endlich durch die Ge-
setze von 1842 (5 u. 6 Victoria c. 100), 1843 (6 u. 7 Victoria
c. 65) und 1850 (13 u. 14 Vict. c. 104) statt, auf welchen das
heutige englische Recht, betreffend den Schutz der Waaren-
muster, beruht.

In Deutschland ist die Einführung des Musterschutzes in
den letzten Jahrzehnten wiederholt in Antrag gebracht wor-
den. 1) Es hat eine lebhafte Erörterung des Für und Wider
stattgefunden. 2) Die preussische Regierung hat jedoch den Er-
lass eines Gesetzes über den Schutz der Waarenmuster wegen
der damit verbundenen wesentlichen Belästigung des Verkehrs
ausdrücklich abgelehnt. 3) Auch in den übrigen deutschen
Staaten hat der Musterschutz bisher keinen Eingang gefunden,
während in Oesterreich durch das Gesetz vom 7. Dezember

1) Entwurf zu einem Gesetz über Muster-, Modell- und Form-
schutz nebst Motiven von Leonor Reichenheim. (Als Manuscript ge-
druckt.) Berlin 1854. -- Entwurf zu einem Gesetz über den Schutz
von Mustern und Modellen der Fabrikindustrie für die deutschen Zoll-
vereinsstaaten von mehrern Fabrikanten des Wiesenthales im Amtsbe-
zirk Lörrach, Grossherzogthum Baden. (Als Manuscript gedruckt.) 1855.
-- Dr. Meissner, Vier Gesetze für das deutsche Gewerbewesen. Leip-
zig 1858.
2) Ferdinand Noll, Suum cuique oder Musterschutz. Branden-
burg 1857. -- Deutsche Gewerbezeitung von 1849 Nr. 65, von 1851
S. 41 ff., von 1859 S. 130 ff.
3) Denkschrift, betreffend den Erlass eines Gesetzes zum Schutze
des Eigenthumes an Fabrikmustern und Formen. (Deutsche Gewerbe-
zeitung von 1859 S. 1 ff.)

II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.)
welches zunächst die Hinterlegung der Lyoner Seidenmuster
betrifft. Dieses Decret wurde jedoch von der Praxis auch
ausserhalb Lyon zur Anwendung gebracht und später durch
die Ordonnanz vom 17—29. August 1825 ausdrücklich auch
für die übrigen Bezirke für anwendbar erklärt und regelt noch
gegenwärtig der Schutz der Waarenmuster in Frankreich.

In England wurde der Musterschutz ebenfalls im Jahre
1787 durch das Statut 27 George III c. 38 eingeführt. Er
war jedoch auf bedruckte Leinen- und Baumwollenzeuge be-
schränkt und seine Dauer betrug ursprünglich nur zwei Mo-
nate. Durch die Acte 34 George III c. 23, 2 Victoria c. 13
und 2 Victoria c. 17 wurde der Musterschutz auf gewirkte
Waaren und bemalte Geschirre ausgedehnt. Eine wesentliche
Erweiterung des Musterschutzes fand endlich durch die Ge-
setze von 1842 (5 u. 6 Victoria c. 100), 1843 (6 u. 7 Victoria
c. 65) und 1850 (13 u. 14 Vict. c. 104) statt, auf welchen das
heutige englische Recht, betreffend den Schutz der Waaren-
muster, beruht.

In Deutschland ist die Einführung des Musterschutzes in
den letzten Jahrzehnten wiederholt in Antrag gebracht wor-
den. 1) Es hat eine lebhafte Erörterung des Für und Wider
stattgefunden. 2) Die preussische Regierung hat jedoch den Er-
lass eines Gesetzes über den Schutz der Waarenmuster wegen
der damit verbundenen wesentlichen Belästigung des Verkehrs
ausdrücklich abgelehnt. 3) Auch in den übrigen deutschen
Staaten hat der Musterschutz bisher keinen Eingang gefunden,
während in Oesterreich durch das Gesetz vom 7. Dezember

1) Entwurf zu einem Gesetz über Muster-, Modell- und Form-
schutz nebst Motiven von Leonor Reichenheim. (Als Manuscript ge-
druckt.) Berlin 1854. — Entwurf zu einem Gesetz über den Schutz
von Mustern und Modellen der Fabrikindustrie für die deutschen Zoll-
vereinsstaaten von mehrern Fabrikanten des Wiesenthales im Amtsbe-
zirk Lörrach, Grossherzogthum Baden. (Als Manuscript gedruckt.) 1855.
— Dr. Meissner, Vier Gesetze für das deutsche Gewerbewesen. Leip-
zig 1858.
2) Ferdinand Noll, Suum cuique oder Musterschutz. Branden-
burg 1857. — Deutsche Gewerbezeitung von 1849 Nr. 65, von 1851
S. 41 ff., von 1859 S. 130 ff.
3) Denkschrift, betreffend den Erlass eines Gesetzes zum Schutze
des Eigenthumes an Fabrikmustern und Formen. (Deutsche Gewerbe-
zeitung von 1859 S. 1 ff.)
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[66/0082] II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 8. Neuere Zeit. (Forts.) welches zunächst die Hinterlegung der Lyoner Seidenmuster betrifft. Dieses Decret wurde jedoch von der Praxis auch ausserhalb Lyon zur Anwendung gebracht und später durch die Ordonnanz vom 17—29. August 1825 ausdrücklich auch für die übrigen Bezirke für anwendbar erklärt und regelt noch gegenwärtig der Schutz der Waarenmuster in Frankreich. In England wurde der Musterschutz ebenfalls im Jahre 1787 durch das Statut 27 George III c. 38 eingeführt. Er war jedoch auf bedruckte Leinen- und Baumwollenzeuge be- schränkt und seine Dauer betrug ursprünglich nur zwei Mo- nate. Durch die Acte 34 George III c. 23, 2 Victoria c. 13 und 2 Victoria c. 17 wurde der Musterschutz auf gewirkte Waaren und bemalte Geschirre ausgedehnt. Eine wesentliche Erweiterung des Musterschutzes fand endlich durch die Ge- setze von 1842 (5 u. 6 Victoria c. 100), 1843 (6 u. 7 Victoria c. 65) und 1850 (13 u. 14 Vict. c. 104) statt, auf welchen das heutige englische Recht, betreffend den Schutz der Waaren- muster, beruht. In Deutschland ist die Einführung des Musterschutzes in den letzten Jahrzehnten wiederholt in Antrag gebracht wor- den. 1) Es hat eine lebhafte Erörterung des Für und Wider stattgefunden. 2) Die preussische Regierung hat jedoch den Er- lass eines Gesetzes über den Schutz der Waarenmuster wegen der damit verbundenen wesentlichen Belästigung des Verkehrs ausdrücklich abgelehnt. 3) Auch in den übrigen deutschen Staaten hat der Musterschutz bisher keinen Eingang gefunden, während in Oesterreich durch das Gesetz vom 7. Dezember 1) Entwurf zu einem Gesetz über Muster-, Modell- und Form- schutz nebst Motiven von Leonor Reichenheim. (Als Manuscript ge- druckt.) Berlin 1854. — Entwurf zu einem Gesetz über den Schutz von Mustern und Modellen der Fabrikindustrie für die deutschen Zoll- vereinsstaaten von mehrern Fabrikanten des Wiesenthales im Amtsbe- zirk Lörrach, Grossherzogthum Baden. (Als Manuscript gedruckt.) 1855. — Dr. Meissner, Vier Gesetze für das deutsche Gewerbewesen. Leip- zig 1858. 2) Ferdinand Noll, Suum cuique oder Musterschutz. Branden- burg 1857. — Deutsche Gewerbezeitung von 1849 Nr. 65, von 1851 S. 41 ff., von 1859 S. 130 ff. 3) Denkschrift, betreffend den Erlass eines Gesetzes zum Schutze des Eigenthumes an Fabrikmustern und Formen. (Deutsche Gewerbe- zeitung von 1859 S. 1 ff.)

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/82>, abgerufen am 26.04.2024.