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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.
stand) über und diese kann nun zum Nachtheile der Kinder
und der sonstigen Erben des Autors veräussern, während wie-
derum das Recht desjenigen, welcher von der Wittwe erwirbt,
seiner Dauer nach davon abhängig ist, ob dieselbe Kinder von
dem Autor hinterlässt oder nicht. Endlich wenn weder der
Autor noch die Wittwe veräussert, so geht zwar das geistige
Eigenthum mit Ausschluss der sonstigen Erben auf die Kinder
über, allein es kehrt, wenn diese vor Ablauf von zehn Jahren
sterben, an die sonstigen Erben des Autors zurück, falls nicht
die Kinder ihrerseits veräussert haben. Ist das Letztere ge-
schehen, so erwirbt der Cessionar zwar das geistige Eigenthum
für die Dauer von dreissig Jahren, jedoch nur unter der Vor-
aussetzung, dass so lange Descendenten des Autors vorhanden
sind. Stirbt die Familie des Autors vor diesem Zeitpuncte
aus, so kommt auch dem Rechtsnachfolger der Kinder nur die
zehnjährige Schutzfrist des Gesetzes vom 19. Juli 1793 zu
statten, falls diese alsdann noch nicht abgelaufen ist.

Es bedarf nicht der Ausführung, dass diese verwickelten
Regeln, welche mit den Grundsätzen der allgemeinen Succes-
sionsordnung in directem Widerspruche stehen, vielfach zu
theoretischen Zweifeln und zu practischen Irrungen Anlass
geben müssen. Dem Deutschen Rechte ist die ausnahmsweise
Begünstigung der Wittwe und der Kinder des Autors bei der
Succession in das geistige Eigenthum, ebenso wie dem Englischen
und dem Belgischen Rechte gänzlich fremd 1).

Die Uebertragung des geistigen Eigenthumes unter Le-
benden erfolgt im Wege der Cession2).

1) Das frühere Preussische Recht liess das Recht des Verfassers
an den bei seinen Lebzeiten gedruckten Büchern auf seine Erben nicht
übergehen und gab nur den Kindern des ersten Grades für ihre
Lebenszeit die Nachfolge in das geistige Eigenthum (Allg. Landrecht
Th. I Tit. 11 §§. 1020. 1030). Dagegen blieb das von dem Verfasser bei
seinen Lebzeiten übertragene Verlagsrecht auch nach seinem Tode be-
stehen, so lange, bis die rechtmässig veranstalteten Auflagen abgesetzt
waren (ibid. §§. 1018. 1029). Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz
vom 11. Juni 1837 aufgehoben.
2) Wächter, Das Verlagsrecht Th. I S. 217 bemerkt: "Manche
wollen diese Uebertragung als Cession bezeichnen, allein dies ist un-
passend, sofern man unter Cession nur die Uebertragung eines Forde-
rungenrechtes begreift." -- Allein man begreift bekanntlich unter Ces-

VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor.
stand) über und diese kann nun zum Nachtheile der Kinder
und der sonstigen Erben des Autors veräussern, während wie-
derum das Recht desjenigen, welcher von der Wittwe erwirbt,
seiner Dauer nach davon abhängig ist, ob dieselbe Kinder von
dem Autor hinterlässt oder nicht. Endlich wenn weder der
Autor noch die Wittwe veräussert, so geht zwar das geistige
Eigenthum mit Ausschluss der sonstigen Erben auf die Kinder
über, allein es kehrt, wenn diese vor Ablauf von zehn Jahren
sterben, an die sonstigen Erben des Autors zurück, falls nicht
die Kinder ihrerseits veräussert haben. Ist das Letztere ge-
schehen, so erwirbt der Cessionar zwar das geistige Eigenthum
für die Dauer von dreissig Jahren, jedoch nur unter der Vor-
aussetzung, dass so lange Descendenten des Autors vorhanden
sind. Stirbt die Familie des Autors vor diesem Zeitpuncte
aus, so kommt auch dem Rechtsnachfolger der Kinder nur die
zehnjährige Schutzfrist des Gesetzes vom 19. Juli 1793 zu
statten, falls diese alsdann noch nicht abgelaufen ist.

Es bedarf nicht der Ausführung, dass diese verwickelten
Regeln, welche mit den Grundsätzen der allgemeinen Succes-
sionsordnung in directem Widerspruche stehen, vielfach zu
theoretischen Zweifeln und zu practischen Irrungen Anlass
geben müssen. Dem Deutschen Rechte ist die ausnahmsweise
Begünstigung der Wittwe und der Kinder des Autors bei der
Succession in das geistige Eigenthum, ebenso wie dem Englischen
und dem Belgischen Rechte gänzlich fremd 1).

Die Uebertragung des geistigen Eigenthumes unter Le-
benden erfolgt im Wege der Cession2).

1) Das frühere Preussische Recht liess das Recht des Verfassers
an den bei seinen Lebzeiten gedruckten Büchern auf seine Erben nicht
übergehen und gab nur den Kindern des ersten Grades für ihre
Lebenszeit die Nachfolge in das geistige Eigenthum (Allg. Landrecht
Th. I Tit. 11 §§. 1020. 1030). Dagegen blieb das von dem Verfasser bei
seinen Lebzeiten übertragene Verlagsrecht auch nach seinem Tode be-
stehen, so lange, bis die rechtmässig veranstalteten Auflagen abgesetzt
waren (ibid. §§. 1018. 1029). Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz
vom 11. Juni 1837 aufgehoben.
2) Wächter, Das Verlagsrecht Th. I S. 217 bemerkt: »Manche
wollen diese Uebertragung als Cession bezeichnen, allein dies ist un-
passend, sofern man unter Cession nur die Uebertragung eines Forde-
rungenrechtes begreift.« — Allein man begreift bekanntlich unter Ces-
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[318/0334] VII. Der Verlagsvertrag. §. 30. Subjecte: 1. Der Autor. stand) über und diese kann nun zum Nachtheile der Kinder und der sonstigen Erben des Autors veräussern, während wie- derum das Recht desjenigen, welcher von der Wittwe erwirbt, seiner Dauer nach davon abhängig ist, ob dieselbe Kinder von dem Autor hinterlässt oder nicht. Endlich wenn weder der Autor noch die Wittwe veräussert, so geht zwar das geistige Eigenthum mit Ausschluss der sonstigen Erben auf die Kinder über, allein es kehrt, wenn diese vor Ablauf von zehn Jahren sterben, an die sonstigen Erben des Autors zurück, falls nicht die Kinder ihrerseits veräussert haben. Ist das Letztere ge- schehen, so erwirbt der Cessionar zwar das geistige Eigenthum für die Dauer von dreissig Jahren, jedoch nur unter der Vor- aussetzung, dass so lange Descendenten des Autors vorhanden sind. Stirbt die Familie des Autors vor diesem Zeitpuncte aus, so kommt auch dem Rechtsnachfolger der Kinder nur die zehnjährige Schutzfrist des Gesetzes vom 19. Juli 1793 zu statten, falls diese alsdann noch nicht abgelaufen ist. Es bedarf nicht der Ausführung, dass diese verwickelten Regeln, welche mit den Grundsätzen der allgemeinen Succes- sionsordnung in directem Widerspruche stehen, vielfach zu theoretischen Zweifeln und zu practischen Irrungen Anlass geben müssen. Dem Deutschen Rechte ist die ausnahmsweise Begünstigung der Wittwe und der Kinder des Autors bei der Succession in das geistige Eigenthum, ebenso wie dem Englischen und dem Belgischen Rechte gänzlich fremd 1). Die Uebertragung des geistigen Eigenthumes unter Le- benden erfolgt im Wege der Cession 2). 1) Das frühere Preussische Recht liess das Recht des Verfassers an den bei seinen Lebzeiten gedruckten Büchern auf seine Erben nicht übergehen und gab nur den Kindern des ersten Grades für ihre Lebenszeit die Nachfolge in das geistige Eigenthum (Allg. Landrecht Th. I Tit. 11 §§. 1020. 1030). Dagegen blieb das von dem Verfasser bei seinen Lebzeiten übertragene Verlagsrecht auch nach seinem Tode be- stehen, so lange, bis die rechtmässig veranstalteten Auflagen abgesetzt waren (ibid. §§. 1018. 1029). Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz vom 11. Juni 1837 aufgehoben. 2) Wächter, Das Verlagsrecht Th. I S. 217 bemerkt: »Manche wollen diese Uebertragung als Cession bezeichnen, allein dies ist un- passend, sofern man unter Cession nur die Uebertragung eines Forde- rungenrechtes begreift.« — Allein man begreift bekanntlich unter Ces-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/334>, abgerufen am 05.05.2024.