Schatten. Und wenn nun vollends (der gewönliche Fall) eine ganze Baumgruppe in eine ungestalte Schattenmasse zusammen fliest.
Drey Fragen.
Wol thätest du, wenn du unter Zeiten herumwandertest in der gelehrten Geschicht, und kämest du dann vorbey bey den grossen Lichtern, die weiland glänzten und jezo sind erloschen, dich zu fragen anhübst: Warum sind ausgangen, die doch hiebevor so viel Scheines hatten? Ferner: Wie ist ihm zu thun, daß ich dereinsten nicht auch erlösche; solt's anders dahin kommen, daß der Funken, so etwa in mir ist, noch finge? Jst mancher- ley bey den Fragen zu bedenken, und 's komt allhie gar sonderlich auf die rechte Erforsch- und Beherzigung dessen an, was da ist wahr, und gut, und neu; was Mark hat und Kraft, was tief ergründet ist; was Gestalt hat voll Anmut, so daß Aug und Herz daran weiden möge, wer bider ist, und selbiger dadurch ge- locket und entzündet werde ähnlich Werk her- vorzubringen. Köntest auch noch die dritte Frag hinzufügen: Wie ist's kommen, daß ihrer etliche blieben sind, die sie vordem wa- ren? Müstest alsdann gar tief in ihren Sinn
und
J
Schatten. Und wenn nun vollends (der gewoͤnliche Fall) eine ganze Baumgruppe in eine ungeſtalte Schattenmaſſe zuſammen flieſt.
Drey Fragen.
Wol thaͤteſt du, wenn du unter Zeiten herumwanderteſt in der gelehrten Geſchicht, und kaͤmeſt du dann vorbey bey den groſſen Lichtern, die weiland glaͤnzten und jezo ſind erloſchen, dich zu fragen anhuͤbſt: Warum ſind ausgangen, die doch hiebevor ſo viel Scheines hatten? Ferner: Wie iſt ihm zu thun, daß ich dereinſten nicht auch erloͤſche; ſolt’s anders dahin kommen, daß der Funken, ſo etwa in mir iſt, noch finge? Jſt mancher- ley bey den Fragen zu bedenken, und ’s komt allhie gar ſonderlich auf die rechte Erforſch- und Beherzigung deſſen an, was da iſt wahr, und gut, und neu; was Mark hat und Kraft, was tief ergruͤndet iſt; was Geſtalt hat voll Anmut, ſo daß Aug und Herz daran weiden moͤge, wer bider iſt, und ſelbiger dadurch ge- locket und entzuͤndet werde aͤhnlich Werk her- vorzubringen. Koͤnteſt auch noch die dritte Frag hinzufuͤgen: Wie iſt’s kommen, daß ihrer etliche blieben ſind, die ſie vordem wa- ren? Muͤſteſt alsdann gar tief in ihren Sinn
und
J
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0205"n="129"/>
Schatten. Und wenn nun vollends (der<lb/>
gewoͤnliche Fall) eine ganze Baumgruppe<lb/>
in eine ungeſtalte Schattenmaſſe zuſammen<lb/>
flieſt.</p></div><lb/><divn="3"><head>Drey Fragen.</head><lb/><p>Wol thaͤteſt du, wenn du unter Zeiten<lb/>
herumwanderteſt in der gelehrten Geſchicht,<lb/>
und kaͤmeſt du dann vorbey bey den groſſen<lb/>
Lichtern, die weiland glaͤnzten und jezo ſind<lb/>
erloſchen, dich zu fragen anhuͤbſt: Warum<lb/>ſind ausgangen, die doch hiebevor ſo viel<lb/>
Scheines hatten? Ferner: Wie iſt ihm zu<lb/>
thun, daß ich dereinſten nicht auch erloͤſche;<lb/>ſolt’s anders dahin kommen, daß der Funken,<lb/>ſo etwa in mir iſt, noch finge? Jſt mancher-<lb/>
ley bey den Fragen zu bedenken, und ’s komt<lb/>
allhie gar ſonderlich auf die rechte Erforſch-<lb/>
und Beherzigung deſſen an, was da iſt wahr,<lb/>
und gut, und neu; was Mark hat und Kraft,<lb/>
was tief ergruͤndet iſt; was Geſtalt hat voll<lb/>
Anmut, ſo daß Aug und Herz daran weiden<lb/>
moͤge, wer bider iſt, und ſelbiger dadurch ge-<lb/>
locket und entzuͤndet werde aͤhnlich Werk her-<lb/>
vorzubringen. Koͤnteſt auch noch die dritte<lb/>
Frag hinzufuͤgen: Wie iſt’s kommen, daß<lb/>
ihrer etliche blieben ſind, die ſie vordem wa-<lb/>
ren? Muͤſteſt alsdann gar tief in ihren Sinn<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J</fw><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[129/0205]
Schatten. Und wenn nun vollends (der
gewoͤnliche Fall) eine ganze Baumgruppe
in eine ungeſtalte Schattenmaſſe zuſammen
flieſt.
Drey Fragen.
Wol thaͤteſt du, wenn du unter Zeiten
herumwanderteſt in der gelehrten Geſchicht,
und kaͤmeſt du dann vorbey bey den groſſen
Lichtern, die weiland glaͤnzten und jezo ſind
erloſchen, dich zu fragen anhuͤbſt: Warum
ſind ausgangen, die doch hiebevor ſo viel
Scheines hatten? Ferner: Wie iſt ihm zu
thun, daß ich dereinſten nicht auch erloͤſche;
ſolt’s anders dahin kommen, daß der Funken,
ſo etwa in mir iſt, noch finge? Jſt mancher-
ley bey den Fragen zu bedenken, und ’s komt
allhie gar ſonderlich auf die rechte Erforſch-
und Beherzigung deſſen an, was da iſt wahr,
und gut, und neu; was Mark hat und Kraft,
was tief ergruͤndet iſt; was Geſtalt hat voll
Anmut, ſo daß Aug und Herz daran weiden
moͤge, wer bider iſt, und ſelbiger dadurch ge-
locket und entzuͤndet werde aͤhnlich Werk her-
vorzubringen. Koͤnteſt auch noch die dritte
Frag hinzufuͤgen: Wie iſt’s kommen, daß
ihrer etliche blieben ſind, die ſie vordem wa-
ren? Muͤſteſt alsdann gar tief in ihren Sinn
und
J
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/205>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.