Der Teufel hatte Fausten durch einige Abentheuer geführt, die nebst den vorherge- henden, seinem Herzen bloß zur Vorberei- tung auf die Stürme des Lebens, die er, ver- möge seiner Menschenkenntniß, vorsah, die- nen sollten. Das was Faust bisher gese- hen hatte, erfüllte seinen Busen höchstens mit Hohn und Bitterkeit; aber die Scenen die sich nun eröffnen, rissen nach und nach solche tiefe Wunden hinein, daß sein Ver- stand sie nicht mehr zu tragen und zu hei- len fähig war. Und nur ein Großer der Erde, oder welches meistens einerley ist, ein Schöpfer und Mitwürker des menschli- chen Elends, kann sie gelassen ansehen.
Der
K 5
Drittes Buch.
1.
Der Teufel hatte Fauſten durch einige Abentheuer gefuͤhrt, die nebſt den vorherge- henden, ſeinem Herzen bloß zur Vorberei- tung auf die Stuͤrme des Lebens, die er, ver- moͤge ſeiner Menſchenkenntniß, vorſah, die- nen ſollten. Das was Fauſt bisher geſe- hen hatte, erfuͤllte ſeinen Buſen hoͤchſtens mit Hohn und Bitterkeit; aber die Scenen die ſich nun eroͤffnen, riſſen nach und nach ſolche tiefe Wunden hinein, daß ſein Ver- ſtand ſie nicht mehr zu tragen und zu hei- len faͤhig war. Und nur ein Großer der Erde, oder welches meiſtens einerley iſt, ein Schoͤpfer und Mitwuͤrker des menſchli- chen Elends, kann ſie gelaſſen anſehen.
Der
K 5
<TEI><text><body><pbfacs="#f0164"n="[153]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Drittes Buch</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">1.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>er Teufel hatte Fauſten durch einige<lb/>
Abentheuer gefuͤhrt, die nebſt den vorherge-<lb/>
henden, ſeinem Herzen bloß zur Vorberei-<lb/>
tung auf die Stuͤrme des Lebens, die er, ver-<lb/>
moͤge ſeiner Menſchenkenntniß, vorſah, die-<lb/>
nen ſollten. Das was Fauſt bisher geſe-<lb/>
hen hatte, erfuͤllte ſeinen Buſen hoͤchſtens<lb/>
mit Hohn und Bitterkeit; aber die Scenen<lb/>
die ſich nun eroͤffnen, riſſen nach und nach<lb/>ſolche tiefe Wunden hinein, daß ſein Ver-<lb/>ſtand ſie nicht mehr zu tragen und zu hei-<lb/>
len faͤhig war. Und nur ein Großer der<lb/>
Erde, oder welches meiſtens einerley iſt,<lb/>
ein Schoͤpfer und Mitwuͤrker des menſchli-<lb/>
chen Elends, kann ſie gelaſſen anſehen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[[153]/0164]
Drittes Buch.
1.
Der Teufel hatte Fauſten durch einige
Abentheuer gefuͤhrt, die nebſt den vorherge-
henden, ſeinem Herzen bloß zur Vorberei-
tung auf die Stuͤrme des Lebens, die er, ver-
moͤge ſeiner Menſchenkenntniß, vorſah, die-
nen ſollten. Das was Fauſt bisher geſe-
hen hatte, erfuͤllte ſeinen Buſen hoͤchſtens
mit Hohn und Bitterkeit; aber die Scenen
die ſich nun eroͤffnen, riſſen nach und nach
ſolche tiefe Wunden hinein, daß ſein Ver-
ſtand ſie nicht mehr zu tragen und zu hei-
len faͤhig war. Und nur ein Großer der
Erde, oder welches meiſtens einerley iſt,
ein Schoͤpfer und Mitwuͤrker des menſchli-
chen Elends, kann ſie gelaſſen anſehen.
Der
K 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. [153]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/164>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.