Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Straßen, das Ungeziefer verfolgte ihn. Er
rannte aufs Feld, sie ließen nicht ab. So
trieben sie den Angstvollen bis in den stei-
nernen Mauththurm im Rhein. Hier dach-
te er das Ende ihrer Verfolgung gefunden
zu haben; aber Ratten und Mäuse aus der
Hölle scheuen das Wasser nicht. Sie
schwammen hindurch, fielen über ihn her,
und fraßen ihn lebendig auf. Von dieser
Zeit an nennte man diesen Thurm den Mäu-
sethurm
. Seine Frau erzählte in der Be-
stürzung die Geschichte der Verwandlung
der Goldstücke, wodurch sich ihr unglückli-
cher Mann hätte verblenden lassen, und
seit diesem Vorfall hat man im ganzen Erz-
stift Mainz kein Beyspiel erlebt, daß sich
ein Richter oder Advocat hätte bestechen las-
sen. Der Teufel muß dieses nicht bedacht
haben, sonst hätte er gewiß den Spuck blei-
ben lassen.

10.

Der Teufel und Faust stunden verwan-
delt und vermummt in dem Kreuzgang des

Non-

Straßen, das Ungeziefer verfolgte ihn. Er
rannte aufs Feld, ſie ließen nicht ab. So
trieben ſie den Angſtvollen bis in den ſtei-
nernen Mauththurm im Rhein. Hier dach-
te er das Ende ihrer Verfolgung gefunden
zu haben; aber Ratten und Maͤuſe aus der
Hoͤlle ſcheuen das Waſſer nicht. Sie
ſchwammen hindurch, fielen uͤber ihn her,
und fraßen ihn lebendig auf. Von dieſer
Zeit an nennte man dieſen Thurm den Maͤu-
ſethurm
. Seine Frau erzaͤhlte in der Be-
ſtuͤrzung die Geſchichte der Verwandlung
der Goldſtuͤcke, wodurch ſich ihr ungluͤckli-
cher Mann haͤtte verblenden laſſen, und
ſeit dieſem Vorfall hat man im ganzen Erz-
ſtift Mainz kein Beyſpiel erlebt, daß ſich
ein Richter oder Advocat haͤtte beſtechen laſ-
ſen. Der Teufel muß dieſes nicht bedacht
haben, ſonſt haͤtte er gewiß den Spuck blei-
ben laſſen.

10.

Der Teufel und Fauſt ſtunden verwan-
delt und vermummt in dem Kreuzgang des

Non-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="136"/>
Straßen, das Ungeziefer verfolgte ihn. Er<lb/>
rannte aufs Feld, &#x017F;ie ließen nicht ab. So<lb/>
trieben &#x017F;ie den Ang&#x017F;tvollen bis in den &#x017F;tei-<lb/>
nernen Mauththurm im Rhein. Hier dach-<lb/>
te er das Ende ihrer Verfolgung gefunden<lb/>
zu haben; aber Ratten und Ma&#x0364;u&#x017F;e aus der<lb/>
Ho&#x0364;lle &#x017F;cheuen das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht. Sie<lb/>
&#x017F;chwammen hindurch, fielen u&#x0364;ber ihn her,<lb/>
und fraßen ihn lebendig auf. Von die&#x017F;er<lb/>
Zeit an nennte man die&#x017F;en Thurm den <hi rendition="#fr">Ma&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;ethurm</hi>. Seine Frau erza&#x0364;hlte in der Be-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzung die Ge&#x017F;chichte der Verwandlung<lb/>
der Gold&#x017F;tu&#x0364;cke, wodurch &#x017F;ich ihr unglu&#x0364;ckli-<lb/>
cher Mann ha&#x0364;tte verblenden la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
&#x017F;eit die&#x017F;em Vorfall hat man im ganzen Erz-<lb/>
&#x017F;tift Mainz kein Bey&#x017F;piel erlebt, daß &#x017F;ich<lb/>
ein Richter oder Advocat ha&#x0364;tte be&#x017F;techen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Der Teufel muß die&#x017F;es nicht bedacht<lb/>
haben, &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tte er gewiß den Spuck blei-<lb/>
ben la&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>10.</head><lb/>
          <p>Der Teufel und Fau&#x017F;t &#x017F;tunden verwan-<lb/>
delt und vermummt in dem Kreuzgang des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Non-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0147] Straßen, das Ungeziefer verfolgte ihn. Er rannte aufs Feld, ſie ließen nicht ab. So trieben ſie den Angſtvollen bis in den ſtei- nernen Mauththurm im Rhein. Hier dach- te er das Ende ihrer Verfolgung gefunden zu haben; aber Ratten und Maͤuſe aus der Hoͤlle ſcheuen das Waſſer nicht. Sie ſchwammen hindurch, fielen uͤber ihn her, und fraßen ihn lebendig auf. Von dieſer Zeit an nennte man dieſen Thurm den Maͤu- ſethurm. Seine Frau erzaͤhlte in der Be- ſtuͤrzung die Geſchichte der Verwandlung der Goldſtuͤcke, wodurch ſich ihr ungluͤckli- cher Mann haͤtte verblenden laſſen, und ſeit dieſem Vorfall hat man im ganzen Erz- ſtift Mainz kein Beyſpiel erlebt, daß ſich ein Richter oder Advocat haͤtte beſtechen laſ- ſen. Der Teufel muß dieſes nicht bedacht haben, ſonſt haͤtte er gewiß den Spuck blei- ben laſſen. 10. Der Teufel und Fauſt ſtunden verwan- delt und vermummt in dem Kreuzgang des Non-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/147
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/147>, abgerufen am 21.12.2024.