Scene. Wald vor der Höhle des heimlichen Gerichts.
Erster Auftritt.
Der Graf vom Strahl (tritt auf, mit verbundenen Augen, geführt von zwei Häschern, die ihm die Augen aufbinden, und alsdann in die Höhle zurückkehren -- Er wirft sich auf den Boden nieder und weint).
Nun will ich hier, wie ein Schäfer liegen und kla- gen. Die Sonne scheint noch röthlich durch die Stäm- me, auf welchen die Wipfel des Waldes ruhn; und wenn ich, nach einer kurzen Viertelstunde, so bald sie hinter den Hügel gesunken ist, aufsitze, und mich im Blachfelde, wo der Weg eben ist, ein wenig daran halte, so komme ich noch nach Schloß Wetterstrahl, ehe die Lichter darin erloschen sind. Ich will mir ein- bilden, meine Pferde dort unten, wo die Quelle rie- selt, wären Schaafe und Ziegen, die an dem Felsen kletterten, und an Gräsern und bittern Gesträuchen rissen; ein leichtes weißes linnenes Zeug bedeckte mich, mit rothen Bändern zusammengebunden, und um
Zweiter Act.
Scene. Wald vor der Höhle des heimlichen Gerichts.
Erſter Auftritt.
Der Graf vom Strahl (tritt auf, mit verbundenen Augen, geführt von zwei Häſchern, die ihm die Augen aufbinden, und alsdann in die Höhle zurückkehren — Er wirft ſich auf den Boden nieder und weint).
Nun will ich hier, wie ein Schäfer liegen und kla- gen. Die Sonne ſcheint noch röthlich durch die Stäm- me, auf welchen die Wipfel des Waldes ruhn; und wenn ich, nach einer kurzen Viertelſtunde, ſo bald ſie hinter den Hügel geſunken iſt, aufſitze, und mich im Blachfelde, wo der Weg eben iſt, ein wenig daran halte, ſo komme ich noch nach Schloß Wetterſtrahl, ehe die Lichter darin erloſchen ſind. Ich will mir ein- bilden, meine Pferde dort unten, wo die Quelle rie- ſelt, wären Schaafe und Ziegen, die an dem Felſen kletterten, und an Gräſern und bittern Geſträuchen riſſen; ein leichtes weißes linnenes Zeug bedeckte mich, mit rothen Bändern zuſammengebunden, und um
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Zweiter Act.
Scene. Wald vor der Höhle des heimlichen Gerichts.
Erſter Auftritt.
Der Graf vom Strahl (tritt auf, mit verbundenen Augen,
geführt von zwei Häſchern, die ihm die Augen aufbinden, und
alsdann in die Höhle zurückkehren — Er wirft ſich auf den
Boden nieder und weint).
Nun will ich hier, wie ein Schäfer liegen und kla-
gen. Die Sonne ſcheint noch röthlich durch die Stäm-
me, auf welchen die Wipfel des Waldes ruhn; und
wenn ich, nach einer kurzen Viertelſtunde, ſo bald ſie
hinter den Hügel geſunken iſt, aufſitze, und mich im
Blachfelde, wo der Weg eben iſt, ein wenig daran
halte, ſo komme ich noch nach Schloß Wetterſtrahl,
ehe die Lichter darin erloſchen ſind. Ich will mir ein-
bilden, meine Pferde dort unten, wo die Quelle rie-
ſelt, wären Schaafe und Ziegen, die an dem Felſen
kletterten, und an Gräſern und bittern Geſträuchen
riſſen; ein leichtes weißes linnenes Zeug bedeckte mich,
mit rothen Bändern zuſammengebunden, und um
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Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/53>, abgerufen am 25.02.2025.
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