Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
Daß er, um Dir zu helfen, Dich zu retten,
Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen!
Der Kurfürst (zerreißt das Todesurtheil.)
So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir! (Alle ab.)
Scene: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt,
wie im ersten Akt. -- Es ist wieder Nacht.
Zehnter Auftritt.
Prinz Arthur (wird vom) Rittmeister Stranz (mit
verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt.)
Officiere mit Wache. -- (In der Ferne hört man)
Trommeln des Todtenmarsches.
Prinz Arthur.
Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein!
Du strahlst mir durch die Binde meiner Augen,
Mit Glanz der tausendfachen Sonne zu!
Es wachsen Flügel mir an beiden Schultern,
Durch stille Aetherräume schwingt mein Geist;
Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt,
Die muntre Hafenstadt versinken sieht,
So geht mir dämmernd alles Leben unter:
Jetzt' unterscheid' ich Farben noch und Formen,
Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir.

(Der Prinz setzt sich auf die Bank, die in der Mitte des
Platzes um die Eiche aufgeschlagen ist, der Nittmeister
Stranz
entfernt sich von ihm, und sieht nach der Rampe
hinauf.)
Prinz Arthur.
Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet!
-- Spürst Du es nicht?

(Stranz kommt wieder zu ihm zurück.)
Stranz.
Es sind Levkoyn und Nelken.
Prinz Arthur.
Levkoyn? -- Wie kommen die hierher?
Daß er, um Dir zu helfen, Dich zu retten,
Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen!
Der Kurfürſt (zerreißt das Todesurtheil.)
So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir! (Alle ab.)
Scene: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt,
wie im erſten Akt. — Es iſt wieder Nacht.
Zehnter Auftritt.
Prinz Arthur (wird vom) Rittmeiſter Stranz (mit
verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt.)
Officiere mit Wache. — (In der Ferne hört man)
Trommeln des Todtenmarſches.
Prinz Arthur.
Nun, o Unſterblichkeit, biſt du ganz mein!
Du ſtrahlſt mir durch die Binde meiner Augen,
Mit Glanz der tauſendfachen Sonne zu!
Es wachſen Flügel mir an beiden Schultern,
Durch ſtille Aetherräume ſchwingt mein Geiſt;
Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt,
Die muntre Hafenſtadt verſinken ſieht,
So geht mir dämmernd alles Leben unter:
Jetzt’ unterſcheid’ ich Farben noch und Formen,
Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir.

(Der Prinz ſetzt ſich auf die Bank, die in der Mitte des
Platzes um die Eiche aufgeſchlagen iſt, der Nittmeiſter
Stranz
entfernt ſich von ihm, und ſieht nach der Rampe
hinauf.)
Prinz Arthur.
Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet!
— Spürſt Du es nicht?

(Stranz kommt wieder zu ihm zurück.)
Stranz.
Es ſind Levkoyn und Nelken.
Prinz Arthur.
Levkoyn? — Wie kommen die hierher?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#KOT">
            <p><pb facs="#f0115" n="102"/>
Daß er, um Dir zu helfen, Dich zu retten,<lb/>
Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KURF">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Kurfür&#x017F;t</hi> </hi> </speaker>
            <stage> <hi rendition="#c">(zerreißt das Todesurtheil.)</hi> </stage><lb/>
            <p>So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir!</p>
            <stage>(Alle ab.)</stage><lb/>
            <stage><hi rendition="#g">Scene</hi>: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt,<lb/>
wie im er&#x017F;ten Akt. &#x2014; Es i&#x017F;t wieder Nacht.</stage>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Zehnter Auftritt</hi>.</head><lb/>
          <stage><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi> (wird vom) <hi rendition="#g">Rittmei&#x017F;ter Stranz</hi> (mit<lb/>
verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt.)<lb/><hi rendition="#g">Officiere mit Wache</hi>. &#x2014; (In der Ferne hört man)<lb/><hi rendition="#g">Trommeln des Todtenmar&#x017F;ches</hi>.</stage><lb/>
          <sp who="#ARTHUR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Nun, o Un&#x017F;terblichkeit, bi&#x017F;t du ganz mein!<lb/>
Du &#x017F;trahl&#x017F;t mir durch die Binde meiner Augen,<lb/>
Mit Glanz der tau&#x017F;endfachen Sonne zu!<lb/>
Es wach&#x017F;en Flügel mir an beiden Schultern,<lb/>
Durch &#x017F;tille Aetherräume &#x017F;chwingt mein Gei&#x017F;t;<lb/>
Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt,<lb/>
Die muntre Hafen&#x017F;tadt ver&#x017F;inken &#x017F;ieht,<lb/>
So geht mir dämmernd alles Leben unter:<lb/>
Jetzt&#x2019; unter&#x017F;cheid&#x2019; ich Farben noch und Formen,<lb/>
Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir.</p><lb/>
            <stage>(Der <hi rendition="#g">Prinz</hi> &#x017F;etzt &#x017F;ich auf die Bank, die in der Mitte des<lb/>
Platzes um die Eiche aufge&#x017F;chlagen i&#x017F;t, der <hi rendition="#g">Nittmei&#x017F;ter<lb/>
Stranz</hi> entfernt &#x017F;ich von ihm, und &#x017F;ieht nach der Rampe<lb/>
hinauf.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ARTHUR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet!<lb/>
&#x2014; Spür&#x017F;t Du es nicht?</p><lb/>
            <stage>(<hi rendition="#g">Stranz</hi> kommt wieder zu ihm zurück.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#STR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Stranz</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Es &#x017F;ind Levkoyn und Nelken.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ARTHUR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Levkoyn? &#x2014; Wie kommen die hierher?</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0115] Daß er, um Dir zu helfen, Dich zu retten, Auch nicht das Schwert mehr zückte, ungerufen! Der Kurfürſt (zerreißt das Todesurtheil.) So folgt, ihr Freunde, in den Garten mir! (Alle ab.) Scene: Schloß, mit der Rampe, die in den Garten hinabführt, wie im erſten Akt. — Es iſt wieder Nacht. Zehnter Auftritt. Prinz Arthur (wird vom) Rittmeiſter Stranz (mit verbundenen Augen durch das untere Gartengitter aufgeführt.) Officiere mit Wache. — (In der Ferne hört man) Trommeln des Todtenmarſches. Prinz Arthur. Nun, o Unſterblichkeit, biſt du ganz mein! Du ſtrahlſt mir durch die Binde meiner Augen, Mit Glanz der tauſendfachen Sonne zu! Es wachſen Flügel mir an beiden Schultern, Durch ſtille Aetherräume ſchwingt mein Geiſt; Und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt, Die muntre Hafenſtadt verſinken ſieht, So geht mir dämmernd alles Leben unter: Jetzt’ unterſcheid’ ich Farben noch und Formen, Und jetzt liegt Nebel Alles unter mir. (Der Prinz ſetzt ſich auf die Bank, die in der Mitte des Platzes um die Eiche aufgeſchlagen iſt, der Nittmeiſter Stranz entfernt ſich von ihm, und ſieht nach der Rampe hinauf.) Prinz Arthur. Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet! — Spürſt Du es nicht? (Stranz kommt wieder zu ihm zurück.) Stranz. Es ſind Levkoyn und Nelken. Prinz Arthur. Levkoyn? — Wie kommen die hierher?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/115
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/115>, abgerufen am 22.12.2024.