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Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

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Lobrede der Teutschen Poeterey.
Mit GOTT.

ALs Solon/ Solonsag ich/ der weise Gesetzgeber/
auf seinem Todbette/ der Vmstehenden/ von einer
wichtigen Streitfrage/ heimliche Vnterredung (damit sie
dem Kranken nicht verdrüßlich weren) hörete/ richtete er sich
auf/ bittend/ sie möchten etwas lauter reden/ denn er könte
kein sänfters Ende nemen/ als wann er im letzten Abdrukken
gelehrter würde.

Was war damals an dir/ O du Zier der Künste/ übrig/
als der abgefleischte Leib/ das von Haut und Beinen zusam-
mengeflikte Gerippe/ geäderte Arme/ gebrochene Augen/ ein-
gefallene Wangen/ die gehemmete Zunge/ und zerstimlete
Worte?

Jedoch wolte die Seele/ die allbereit unter der Zungen/
und zum Abzuge fertig/ in dem letzten Athmen/ sich mit
Kunst/ als einer Hertzsterkung/ laben.

Werthe Zuhörer: Die Gesetzgeberin der Völker/ un-
ser in letzten Zügenligendes Teutschland/ unser durch die zer-
gliederung des Reiches gelähmtes Teutschland/ unser
durch die blutigen Mordwaffen ausgemergeltes Teutsch-
land/ ruffet uns/ seinen Hertzgeliebten/ zu: Redet/ Redet/
Redet/ daß ich gelehrter absterbe.

Jn
B


Lobrede der Teutſchen Poeterey.
Mit GOTT.

ALs Solon/ Solonſag ich/ der weiſe Geſetzgeber/
auf ſeinem Todbette/ der Vmſtehenden/ von einer
wichtigen Streitfrage/ heimliche Vnterredung (damit ſie
dem Kranken nicht verdruͤßlich weren) hoͤrete/ richtete er ſich
auf/ bittend/ ſie moͤchten etwas lauter reden/ denn er koͤnte
kein ſaͤnfters Ende nemen/ als wann er im letzten Abdrukken
gelehrter wuͤrde.

Was war damals an dir/ O du Zier der Kuͤnſte/ uͤbrig/
als der abgefleiſchte Leib/ das von Haut und Beinen zuſam-
mengeflikte Gerippe/ geaͤderte Arme/ gebrochene Augen/ ein-
gefallene Wangen/ die gehemmete Zunge/ und zerſtimlete
Worte?

Jedoch wolte die Seele/ die allbereit unter der Zungen/
und zum Abzuge fertig/ in dem letzten Athmen/ ſich mit
Kunſt/ als einer Hertzſterkung/ laben.

Werthe Zuhoͤrer: Die Geſetzgeberin der Voͤlker/ un-
ſer in letzten Zuͤgenligendes Teutſchland/ unſer durch die zer-
gliederung des Reiches gelaͤhmtes Teutſchland/ unſer
durch die blutigen Mordwaffen ausgemergeltes Teutſch-
land/ ruffet uns/ ſeinen Hertzgeliebten/ zu: Redet/ Redet/
Redet/ daß ich gelehrter abſterbe.

Jn
B
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[1/0015] Lobrede der Teutſchen Poeterey. Mit GOTT. ALs Solon/ Solonſag ich/ der weiſe Geſetzgeber/ auf ſeinem Todbette/ der Vmſtehenden/ von einer wichtigen Streitfrage/ heimliche Vnterredung (damit ſie dem Kranken nicht verdruͤßlich weren) hoͤrete/ richtete er ſich auf/ bittend/ ſie moͤchten etwas lauter reden/ denn er koͤnte kein ſaͤnfters Ende nemen/ als wann er im letzten Abdrukken gelehrter wuͤrde. Was war damals an dir/ O du Zier der Kuͤnſte/ uͤbrig/ als der abgefleiſchte Leib/ das von Haut und Beinen zuſam- mengeflikte Gerippe/ geaͤderte Arme/ gebrochene Augen/ ein- gefallene Wangen/ die gehemmete Zunge/ und zerſtimlete Worte? Jedoch wolte die Seele/ die allbereit unter der Zungen/ und zum Abzuge fertig/ in dem letzten Athmen/ ſich mit Kunſt/ als einer Hertzſterkung/ laben. Werthe Zuhoͤrer: Die Geſetzgeberin der Voͤlker/ un- ſer in letzten Zuͤgenligendes Teutſchland/ unſer durch die zer- gliederung des Reiches gelaͤhmtes Teutſchland/ unſer durch die blutigen Mordwaffen ausgemergeltes Teutſch- land/ ruffet uns/ ſeinen Hertzgeliebten/ zu: Redet/ Redet/ Redet/ daß ich gelehrter abſterbe. Jn B

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Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/15>, abgerufen am 30.12.2024.