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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

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§. 7. Probenehmen von Metallen und Legirungen.
sich der Silbergehalt an den zunächst abgekühlten Stellen am
stärksten, nämlich oben; der niedrigste Gehalt zeigt sich in der
Mitte und nimmt nach dem Rande hin zu. Beim Blicksilber
pflegt die Unterseite ärmer an Silber und reicher an Blei zu
sein als die Oberseite, und der Rand reicher als die Mitte; auch
findet sich in unreinerem Blei nach oben hin ein grösserer Antimon-
und Kupfergehalt, als unten. Bei (Oberharzer) Brandsilber
ist die Oberprobe gegen die Unterprobe um etwa 3--4 Tausendthle.
reicher. Eine Schöpf- und Granalienprobe giebt 997--998 Taus.
Feingehalt. Ein Goldgehalt im Silber zieht sich mehr nach unten.
Wegen dieses Verhaltens gestattet man in Münzen bei gold-
reichen Legirungen ein Remedium von 2/1000, bei silberreichen
von 3/1000, z. B. bei den Legirungen von 1 Thl. Kupfer mit 9
Thln. Gold oder Silber.

In Bezug auf dieses Verhalten haben die nachstehenden
Methoden des Probenehmens einen verschiedenen Werth:

1) Aushiebprobe. Mittelst eines Hohlmeissels wird vonAushiebprobe
der gereinigten Ober- und Unterfläche, zuweilen auch vom Rande
des zu untersuchenden Stücks (Barren, Zain, Planche, König,
Scheibe etc.) ein Aushieb gemacht -- wobei man unganze Stellen
vermeidet, welche Schmutz enthalten können, desgleichen oxydirte
Krusten --, jedes Probestück auf einem polirten Ambos zu dünnen
Blättchen ausgeplattet, wenn es dabei nicht in kleine Stücke
zerfällt (manches Schwarzkupfer), und die erforderliche Menge
Probirgut davon mit der Schere in kleinen Schnitzeln abge-
schnitten. Man probirt gewöhnlich Ober- und Unterprobe für
sich und wiegt die erhaltenen Könige zusammen aus. Wo mehr
Probestücke, z. B auch von den Seiten vorliegen, schmilzt man
sie sämmtlich, damit sie sich nicht verändern, in einem Graphittiegel
unter einer Decke von Kohlenstaub zusammen, giesst das Flüssige
zu einem Zain, lamellirt und probirt diesen.

Dieses Verfahren, z. B. bei Barrensilber und Barrengold
in Anwendung, giebt nur dann zufriedenstellende Resultate,
wenn die Legirung eine ziemlich gleichmässige Zusammensetzung
hat; sonst wird sie fehlerhaft, weil man kein Probegut aus der
Mitte erhält. Bei Brandsilber verschafft man sich die Oberprobe
wohl dadurch, dass man in die Oberfläche des auf dem Teste fein-
gewordenen noch flüssigen Silbers eine gekrümmte Zangenspitze
eintaucht, an welcher sich Silber ansetzt (Tupfprobe). Die

§. 7. Probenehmen von Metallen und Legirungen.
sich der Silbergehalt an den zunächst abgekühlten Stellen am
stärksten, nämlich oben; der niedrigste Gehalt zeigt sich in der
Mitte und nimmt nach dem Rande hin zu. Beim Blicksilber
pflegt die Unterseite ärmer an Silber und reicher an Blei zu
sein als die Oberseite, und der Rand reicher als die Mitte; auch
findet sich in unreinerem Blei nach oben hin ein grösserer Antimon-
und Kupfergehalt, als unten. Bei (Oberharzer) Brandsilber
ist die Oberprobe gegen die Unterprobe um etwa 3—4 Tausendthle.
reicher. Eine Schöpf- und Granalienprobe giebt 997—998 Taus.
Feingehalt. Ein Goldgehalt im Silber zieht sich mehr nach unten.
Wegen dieses Verhaltens gestattet man in Münzen bei gold-
reichen Legirungen ein Remedium von 2/1000, bei silberreichen
von 3/1000, z. B. bei den Legirungen von 1 Thl. Kupfer mit 9
Thln. Gold oder Silber.

In Bezug auf dieses Verhalten haben die nachstehenden
Methoden des Probenehmens einen verschiedenen Werth:

1) Aushiebprobe. Mittelst eines Hohlmeissels wird vonAushiebprobe
der gereinigten Ober- und Unterfläche, zuweilen auch vom Rande
des zu untersuchenden Stücks (Barren, Zain, Planche, König,
Scheibe etc.) ein Aushieb gemacht — wobei man unganze Stellen
vermeidet, welche Schmutz enthalten können, desgleichen oxydirte
Krusten —, jedes Probestück auf einem polirten Ambos zu dünnen
Blättchen ausgeplattet, wenn es dabei nicht in kleine Stücke
zerfällt (manches Schwarzkupfer), und die erforderliche Menge
Probirgut davon mit der Schere in kleinen Schnitzeln abge-
schnitten. Man probirt gewöhnlich Ober- und Unterprobe für
sich und wiegt die erhaltenen Könige zusammen aus. Wo mehr
Probestücke, z. B auch von den Seiten vorliegen, schmilzt man
sie sämmtlich, damit sie sich nicht verändern, in einem Graphittiegel
unter einer Decke von Kohlenstaub zusammen, giesst das Flüssige
zu einem Zain, lamellirt und probirt diesen.

Dieses Verfahren, z. B. bei Barrensilber und Barrengold
in Anwendung, giebt nur dann zufriedenstellende Resultate,
wenn die Legirung eine ziemlich gleichmässige Zusammensetzung
hat; sonst wird sie fehlerhaft, weil man kein Probegut aus der
Mitte erhält. Bei Brandsilber verschafft man sich die Oberprobe
wohl dadurch, dass man in die Oberfläche des auf dem Teste fein-
gewordenen noch flüssigen Silbers eine gekrümmte Zangenspitze
eintaucht, an welcher sich Silber ansetzt (Tupfprobe). Die

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[13/0051] §. 7. Probenehmen von Metallen und Legirungen. sich der Silbergehalt an den zunächst abgekühlten Stellen am stärksten, nämlich oben; der niedrigste Gehalt zeigt sich in der Mitte und nimmt nach dem Rande hin zu. Beim Blicksilber pflegt die Unterseite ärmer an Silber und reicher an Blei zu sein als die Oberseite, und der Rand reicher als die Mitte; auch findet sich in unreinerem Blei nach oben hin ein grösserer Antimon- und Kupfergehalt, als unten. Bei (Oberharzer) Brandsilber ist die Oberprobe gegen die Unterprobe um etwa 3—4 Tausendthle. reicher. Eine Schöpf- und Granalienprobe giebt 997—998 Taus. Feingehalt. Ein Goldgehalt im Silber zieht sich mehr nach unten. Wegen dieses Verhaltens gestattet man in Münzen bei gold- reichen Legirungen ein Remedium von 2/1000, bei silberreichen von 3/1000, z. B. bei den Legirungen von 1 Thl. Kupfer mit 9 Thln. Gold oder Silber. In Bezug auf dieses Verhalten haben die nachstehenden Methoden des Probenehmens einen verschiedenen Werth: 1) Aushiebprobe. Mittelst eines Hohlmeissels wird von der gereinigten Ober- und Unterfläche, zuweilen auch vom Rande des zu untersuchenden Stücks (Barren, Zain, Planche, König, Scheibe etc.) ein Aushieb gemacht — wobei man unganze Stellen vermeidet, welche Schmutz enthalten können, desgleichen oxydirte Krusten —, jedes Probestück auf einem polirten Ambos zu dünnen Blättchen ausgeplattet, wenn es dabei nicht in kleine Stücke zerfällt (manches Schwarzkupfer), und die erforderliche Menge Probirgut davon mit der Schere in kleinen Schnitzeln abge- schnitten. Man probirt gewöhnlich Ober- und Unterprobe für sich und wiegt die erhaltenen Könige zusammen aus. Wo mehr Probestücke, z. B auch von den Seiten vorliegen, schmilzt man sie sämmtlich, damit sie sich nicht verändern, in einem Graphittiegel unter einer Decke von Kohlenstaub zusammen, giesst das Flüssige zu einem Zain, lamellirt und probirt diesen. Aushiebprobe Dieses Verfahren, z. B. bei Barrensilber und Barrengold in Anwendung, giebt nur dann zufriedenstellende Resultate, wenn die Legirung eine ziemlich gleichmässige Zusammensetzung hat; sonst wird sie fehlerhaft, weil man kein Probegut aus der Mitte erhält. Bei Brandsilber verschafft man sich die Oberprobe wohl dadurch, dass man in die Oberfläche des auf dem Teste fein- gewordenen noch flüssigen Silbers eine gekrümmte Zangenspitze eintaucht, an welcher sich Silber ansetzt (Tupfprobe). Die

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Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/51>, abgerufen am 26.04.2024.