Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.I. Abtheilung. §. 2. Daß die Thiere eine Sprache haben, scheint sehr (*) Reimarus in seinen Betrachtungen über die
Triebe der Thiere, spricht ihnen das förmliche Den- ken ab. "Läßt aber dennoch zu, daß die Seelen- "kräfte und Vorstellungen der Thiere, in der Wir- "kung und dem Nutzen, eine Analogie, oder ent- "fernte Aehnlichkeit mit dem unsrigen haben; das "ist, die andern Thiere richten gewisser Maßen durch "ihre ganz undeutliche und verworrene Vorstellung "eben dasselbe aus, und erreichen dadurch denselben "Zweck, und Nutzen, welchen wir Menschen durch "Begriffe, Urtheile und Schlüsse, durch Witz, Ver- "stand und Vernunft, ja sogar durch überlegte Wahl "und Freyheit erhalten." pag. 25. in der 3ten Aus- gabe. Wir wollen auch hier unter dem Worte den- ken, und zwar sehr begränzt denken nichts anderes, als dieses Analogum verstanden haben, denn zu un- serem Vorhaben gilt es gleich viel, ob das Thier or- dentlich denkt, oder nach Reimarus nur verworrene Vorstellungen hat, genug, daß es durch Stimme und andere äusserliche Zeichen anzudeuten trachtet, was es in diesem Augenblick empfindet, und für Vorstellungen hat. I. Abtheilung. §. 2. Daß die Thiere eine Sprache haben, ſcheint ſehr (*) Reimarus in ſeinen Betrachtungen uͤber die
Triebe der Thiere, ſpricht ihnen das foͤrmliche Den- ken ab. „Laͤßt aber dennoch zu, daß die Seelen- „kraͤfte und Vorſtellungen der Thiere, in der Wir- „kung und dem Nutzen, eine Analogie, oder ent- „fernte Aehnlichkeit mit dem unſrigen haben; das „iſt, die andern Thiere richten gewiſſer Maßen durch „ihre ganz undeutliche und verworrene Vorſtellung „eben daſſelbe aus, und erreichen dadurch denſelben „Zweck, und Nutzen, welchen wir Menſchen durch „Begriffe, Urtheile und Schluͤſſe, durch Witz, Ver- „ſtand und Vernunft, ja ſogar durch uͤberlegte Wahl „und Freyheit erhalten.“ pag. 25. in der 3ten Aus- gabe. Wir wollen auch hier unter dem Worte den- ken, und zwar ſehr begraͤnzt denken nichts anderes, als dieſes Analogum verſtanden haben, denn zu un- ſerem Vorhaben gilt es gleich viel, ob das Thier or- dentlich denkt, oder nach Reimarus nur verworrene Vorſtellungen hat, genug, daß es durch Stimme und andere aͤuſſerliche Zeichen anzudeuten trachtet, was es in dieſem Augenblick empfindet, und fuͤr Vorſtellungen hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0030" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi>. Abtheilung.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head>§. 2.</head><lb/> <p>Daß die Thiere eine Sprache haben, ſcheint<lb/> eben ſo bewieſen zu ſeyn, als daß ſie empfinden<lb/> und denken.<note place="foot" n="(*)">Reimarus in ſeinen Betrachtungen uͤber die<lb/> Triebe der Thiere, ſpricht ihnen das foͤrmliche Den-<lb/> ken ab. „Laͤßt aber dennoch zu, daß die Seelen-<lb/> „kraͤfte und Vorſtellungen der Thiere, in der Wir-<lb/> „kung und dem Nutzen, eine Analogie, oder ent-<lb/> „fernte Aehnlichkeit mit dem unſrigen haben; das<lb/> „iſt, die andern Thiere richten gewiſſer Maßen durch<lb/> „ihre ganz undeutliche und verworrene Vorſtellung<lb/> „eben daſſelbe aus, und erreichen dadurch denſelben<lb/> „Zweck, und Nutzen, welchen wir Menſchen durch<lb/> „Begriffe, Urtheile und Schluͤſſe, durch Witz, Ver-<lb/> „ſtand und Vernunft, ja ſogar durch uͤberlegte Wahl<lb/> „und Freyheit erhalten.“ <hi rendition="#aq">pag. 25.</hi> in der 3ten Aus-<lb/> gabe. Wir wollen auch hier unter dem Worte den-<lb/> ken, und zwar ſehr begraͤnzt denken nichts anderes,<lb/> als dieſes Analogum verſtanden haben, denn zu un-<lb/> ſerem Vorhaben gilt es gleich viel, ob das Thier or-<lb/> dentlich denkt, oder nach Reimarus nur verworrene<lb/> Vorſtellungen hat, genug, daß es durch Stimme und<lb/> andere aͤuſſerliche Zeichen anzudeuten trachtet, was es in<lb/> dieſem Augenblick empfindet, und fuͤr Vorſtellungen hat.</note> Allein ſo wie ihre Beduͤrfniſſe<lb/> und Begriffe in Dagegenhaltung der menſchlichen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſehr</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0030]
I. Abtheilung.
§. 2.
Daß die Thiere eine Sprache haben, ſcheint
eben ſo bewieſen zu ſeyn, als daß ſie empfinden
und denken. (*) Allein ſo wie ihre Beduͤrfniſſe
und Begriffe in Dagegenhaltung der menſchlichen
ſehr
(*) Reimarus in ſeinen Betrachtungen uͤber die
Triebe der Thiere, ſpricht ihnen das foͤrmliche Den-
ken ab. „Laͤßt aber dennoch zu, daß die Seelen-
„kraͤfte und Vorſtellungen der Thiere, in der Wir-
„kung und dem Nutzen, eine Analogie, oder ent-
„fernte Aehnlichkeit mit dem unſrigen haben; das
„iſt, die andern Thiere richten gewiſſer Maßen durch
„ihre ganz undeutliche und verworrene Vorſtellung
„eben daſſelbe aus, und erreichen dadurch denſelben
„Zweck, und Nutzen, welchen wir Menſchen durch
„Begriffe, Urtheile und Schluͤſſe, durch Witz, Ver-
„ſtand und Vernunft, ja ſogar durch uͤberlegte Wahl
„und Freyheit erhalten.“ pag. 25. in der 3ten Aus-
gabe. Wir wollen auch hier unter dem Worte den-
ken, und zwar ſehr begraͤnzt denken nichts anderes,
als dieſes Analogum verſtanden haben, denn zu un-
ſerem Vorhaben gilt es gleich viel, ob das Thier or-
dentlich denkt, oder nach Reimarus nur verworrene
Vorſtellungen hat, genug, daß es durch Stimme und
andere aͤuſſerliche Zeichen anzudeuten trachtet, was es in
dieſem Augenblick empfindet, und fuͤr Vorſtellungen hat.
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Zitationshilfe: | Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/30>, abgerufen am 22.02.2025. |