das Huhn, das sich in dem letzten Falle befindet, taucht den Schnabel nur bis gegen die Nasenlöcher ein, füllt ihn mit Wasser, fährt damit geschwinde in die Höhe, so, daß seine Spitzen aufwärts stehen, öffnet ihn, und läßt die Feuchtigkeit durch ihre eige- ne Schwere in den Schlund sinken, wo sie die Schlundröhre auffängt, und vollends hinabdrückt. Dieses langweilige Geschäft muß oft wiederhohlt werden, bis es den Durst stillt.
§. 94.
Nebst der oben beschriebenen Hauptbestimmung, nämlich dem Saugen, haben die Lippen noch einige andere Nebenverrichtungen und Endzwecke. Sie sind in ihrer inneren Fläche mit kleinen linsenförmigen Drüsen gleichsam besäet, und müßen den Mund ver- mittelst derselben, um ihn schlüpfrig zu erhalten, unabläßlich mit Feuchtigkeit versehen. Sie dienen auch dazu, daß man den überflüßigen Speichel sam- meln und auswerfen könne. Denn, wenn sie nicht da wären, so könnte der Mund nie genau geschlos- sen, folglich der Speichel nicht zusammen gezogen,
und
L 4
Von den Werkzeugen der Sprache.
das Huhn, das ſich in dem letzten Falle befindet, taucht den Schnabel nur bis gegen die Naſenloͤcher ein, fuͤllt ihn mit Waſſer, faͤhrt damit geſchwinde in die Hoͤhe, ſo, daß ſeine Spitzen aufwaͤrts ſtehen, oͤffnet ihn, und laͤßt die Feuchtigkeit durch ihre eige- ne Schwere in den Schlund ſinken, wo ſie die Schlundroͤhre auffaͤngt, und vollends hinabdruͤckt. Dieſes langweilige Geſchaͤft muß oft wiederhohlt werden, bis es den Durſt ſtillt.
§. 94.
Nebſt der oben beſchriebenen Hauptbeſtimmung, naͤmlich dem Saugen, haben die Lippen noch einige andere Nebenverrichtungen und Endzwecke. Sie ſind in ihrer inneren Flaͤche mit kleinen linſenfoͤrmigen Druͤſen gleichſam beſaͤet, und muͤßen den Mund ver- mittelſt derſelben, um ihn ſchluͤpfrig zu erhalten, unablaͤßlich mit Feuchtigkeit verſehen. Sie dienen auch dazu, daß man den uͤberfluͤßigen Speichel ſam- meln und auswerfen koͤnne. Denn, wenn ſie nicht da waͤren, ſo koͤnnte der Mund nie genau geſchloſ- ſen, folglich der Speichel nicht zuſammen gezogen,
und
L 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0213"n="167"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Werkzeugen der Sprache</hi>.</fw><lb/>
das Huhn, das ſich in dem letzten Falle befindet,<lb/>
taucht den Schnabel nur bis gegen die Naſenloͤcher<lb/>
ein, fuͤllt ihn mit Waſſer, faͤhrt damit geſchwinde<lb/>
in die Hoͤhe, ſo, daß ſeine Spitzen aufwaͤrts ſtehen,<lb/>
oͤffnet ihn, und laͤßt die Feuchtigkeit durch ihre eige-<lb/>
ne Schwere in den Schlund ſinken, wo ſie die<lb/>
Schlundroͤhre auffaͤngt, und vollends hinabdruͤckt.<lb/>
Dieſes langweilige Geſchaͤft muß oft wiederhohlt<lb/>
werden, bis es den Durſt ſtillt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 94.</head><lb/><p>Nebſt der oben beſchriebenen Hauptbeſtimmung,<lb/>
naͤmlich dem Saugen, haben die Lippen noch einige<lb/>
andere Nebenverrichtungen und Endzwecke. Sie ſind<lb/>
in ihrer inneren Flaͤche mit kleinen linſenfoͤrmigen<lb/>
Druͤſen gleichſam beſaͤet, und muͤßen den Mund ver-<lb/>
mittelſt derſelben, um ihn ſchluͤpfrig zu erhalten,<lb/>
unablaͤßlich mit Feuchtigkeit verſehen. Sie dienen<lb/>
auch dazu, daß man den uͤberfluͤßigen Speichel ſam-<lb/>
meln und auswerfen koͤnne. Denn, wenn ſie nicht<lb/>
da waͤren, ſo koͤnnte der Mund nie genau geſchloſ-<lb/>ſen, folglich der Speichel nicht zuſammen gezogen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[167/0213]
Von den Werkzeugen der Sprache.
das Huhn, das ſich in dem letzten Falle befindet,
taucht den Schnabel nur bis gegen die Naſenloͤcher
ein, fuͤllt ihn mit Waſſer, faͤhrt damit geſchwinde
in die Hoͤhe, ſo, daß ſeine Spitzen aufwaͤrts ſtehen,
oͤffnet ihn, und laͤßt die Feuchtigkeit durch ihre eige-
ne Schwere in den Schlund ſinken, wo ſie die
Schlundroͤhre auffaͤngt, und vollends hinabdruͤckt.
Dieſes langweilige Geſchaͤft muß oft wiederhohlt
werden, bis es den Durſt ſtillt.
§. 94.
Nebſt der oben beſchriebenen Hauptbeſtimmung,
naͤmlich dem Saugen, haben die Lippen noch einige
andere Nebenverrichtungen und Endzwecke. Sie ſind
in ihrer inneren Flaͤche mit kleinen linſenfoͤrmigen
Druͤſen gleichſam beſaͤet, und muͤßen den Mund ver-
mittelſt derſelben, um ihn ſchluͤpfrig zu erhalten,
unablaͤßlich mit Feuchtigkeit verſehen. Sie dienen
auch dazu, daß man den uͤberfluͤßigen Speichel ſam-
meln und auswerfen koͤnne. Denn, wenn ſie nicht
da waͤren, ſo koͤnnte der Mund nie genau geſchloſ-
ſen, folglich der Speichel nicht zuſammen gezogen,
und
L 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/213>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.