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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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Von den Werkzeugen der Sprache.
des Saugens muß da, wo flüßige Körper angezo-
gen werden sollen, der Luft aller Zugang versperrt
werden. Nun konnte die Natur nichts weißlicher
thun, als den Mund mit einer solchen weichen, sich
nach allen Gestalten leicht bequemenden Einfassung
umgeben, die das Wärzchen der mütterlichen Brust
von allen Seiten umgibt, und so einschließt, daß
auch nicht ein Bläschen Luft in den Mund eindrin-
gen kann.

§. 90.

Auch dem erwachsenen Menschen sind die Lip-
pen, wenn er trinken will, unentbehrlich. Sein
Trinken bleibt noch immer ein Saugen, ein An-
ziehen flüßiger Dinge. Er mag aus irgend einem
Gefäße, oder unmittelbar aus der Quelle trinken,
so müßen sich seine Lippen immer etwas in das
Naß eintauchen um die Luft abzuhalten. Ein Mensch,
der keine Lippen hätte, müßte den Kopf zurück nei-
gen, und sich das Getränk in den Mund gießen.

§. 91.
L 2

Von den Werkzeugen der Sprache.
des Saugens muß da, wo fluͤßige Koͤrper angezo-
gen werden ſollen, der Luft aller Zugang verſperrt
werden. Nun konnte die Natur nichts weißlicher
thun, als den Mund mit einer ſolchen weichen, ſich
nach allen Geſtalten leicht bequemenden Einfaſſung
umgeben, die das Waͤrzchen der muͤtterlichen Bruſt
von allen Seiten umgibt, und ſo einſchließt, daß
auch nicht ein Blaͤschen Luft in den Mund eindrin-
gen kann.

§. 90.

Auch dem erwachſenen Menſchen ſind die Lip-
pen, wenn er trinken will, unentbehrlich. Sein
Trinken bleibt noch immer ein Saugen, ein An-
ziehen fluͤßiger Dinge. Er mag aus irgend einem
Gefaͤße, oder unmittelbar aus der Quelle trinken,
ſo muͤßen ſich ſeine Lippen immer etwas in das
Naß eintauchen um die Luft abzuhalten. Ein Menſch,
der keine Lippen haͤtte, muͤßte den Kopf zuruͤck nei-
gen, und ſich das Getraͤnk in den Mund gießen.

§. 91.
L 2
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[163/0207] Von den Werkzeugen der Sprache. des Saugens muß da, wo fluͤßige Koͤrper angezo- gen werden ſollen, der Luft aller Zugang verſperrt werden. Nun konnte die Natur nichts weißlicher thun, als den Mund mit einer ſolchen weichen, ſich nach allen Geſtalten leicht bequemenden Einfaſſung umgeben, die das Waͤrzchen der muͤtterlichen Bruſt von allen Seiten umgibt, und ſo einſchließt, daß auch nicht ein Blaͤschen Luft in den Mund eindrin- gen kann. §. 90. Auch dem erwachſenen Menſchen ſind die Lip- pen, wenn er trinken will, unentbehrlich. Sein Trinken bleibt noch immer ein Saugen, ein An- ziehen fluͤßiger Dinge. Er mag aus irgend einem Gefaͤße, oder unmittelbar aus der Quelle trinken, ſo muͤßen ſich ſeine Lippen immer etwas in das Naß eintauchen um die Luft abzuhalten. Ein Menſch, der keine Lippen haͤtte, muͤßte den Kopf zuruͤck nei- gen, und ſich das Getraͤnk in den Mund gießen. §. 91. L 2

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/207>, abgerufen am 21.11.2024.