Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abtheilung.
Die Ecken können sich gegen die Mitte des Mun-
des zusammen schieben, wobey sich die Lippen in
wurmförmige Runzeln zusammen ziehen, und ein
rundes bald größeres bald kleineres Loch darstellen,
dagegen können sie sich auch wieder über ihre ge-
wöhnliche Lage auswärts ziehen, wodurch die ro-
the Haut sehr angespannt wird, wie beym Lächeln
oder Schmutzen. Sie können sich vorwärts von den
Zähnen wegstrecken, und einen Trichter vorstellen,
dagegen sich wieder zwischen die Zähne einwärts
ziehen, und ganz verbergen.

§. 89.

Der Nutzen und die Nothwendigkeit dieses
Werkzeuges veroffenbaret sich gleich beym Eintritt
des Menschen in die Welt. Wenn das Kind ohne
alle Lippen gebohren würde, könnte es die Mutter-
milch nicht einsaugen. Wenn es die Brustwarze
nur mit den zwey unbedeckten Kiefern anfassen soll-
te, so würden auf beyden Seiten beträchtliche Oeff-
nungen bleiben, und der Säugling anstatt Milch
nur Luft einziehen. Nach den allgemeinen Gesetzen

des

III. Abtheilung.
Die Ecken koͤnnen ſich gegen die Mitte des Mun-
des zuſammen ſchieben, wobey ſich die Lippen in
wurmfoͤrmige Runzeln zuſammen ziehen, und ein
rundes bald groͤßeres bald kleineres Loch darſtellen,
dagegen koͤnnen ſie ſich auch wieder uͤber ihre ge-
woͤhnliche Lage auswaͤrts ziehen, wodurch die ro-
the Haut ſehr angeſpannt wird, wie beym Laͤcheln
oder Schmutzen. Sie koͤnnen ſich vorwaͤrts von den
Zaͤhnen wegſtrecken, und einen Trichter vorſtellen,
dagegen ſich wieder zwiſchen die Zaͤhne einwaͤrts
ziehen, und ganz verbergen.

§. 89.

Der Nutzen und die Nothwendigkeit dieſes
Werkzeuges veroffenbaret ſich gleich beym Eintritt
des Menſchen in die Welt. Wenn das Kind ohne
alle Lippen gebohren wuͤrde, koͤnnte es die Mutter-
milch nicht einſaugen. Wenn es die Bruſtwarze
nur mit den zwey unbedeckten Kiefern anfaſſen ſoll-
te, ſo wuͤrden auf beyden Seiten betraͤchtliche Oeff-
nungen bleiben, und der Saͤugling anſtatt Milch
nur Luft einziehen. Nach den allgemeinen Geſetzen

des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0206" n="162"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
Die Ecken ko&#x0364;nnen &#x017F;ich gegen die Mitte des Mun-<lb/>
des zu&#x017F;ammen &#x017F;chieben, wobey &#x017F;ich die Lippen in<lb/>
wurmfo&#x0364;rmige Runzeln zu&#x017F;ammen ziehen, und ein<lb/>
rundes bald gro&#x0364;ßeres bald kleineres Loch dar&#x017F;tellen,<lb/>
dagegen ko&#x0364;nnen &#x017F;ie &#x017F;ich auch wieder u&#x0364;ber ihre ge-<lb/>
wo&#x0364;hnliche Lage auswa&#x0364;rts ziehen, wodurch die ro-<lb/>
the Haut &#x017F;ehr ange&#x017F;pannt wird, wie beym La&#x0364;cheln<lb/>
oder Schmutzen. Sie ko&#x0364;nnen &#x017F;ich vorwa&#x0364;rts von den<lb/>
Za&#x0364;hnen weg&#x017F;trecken, und einen Trichter vor&#x017F;tellen,<lb/>
dagegen &#x017F;ich wieder zwi&#x017F;chen die Za&#x0364;hne einwa&#x0364;rts<lb/>
ziehen, und ganz verbergen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 89.</head><lb/>
            <p>Der Nutzen und die Nothwendigkeit die&#x017F;es<lb/>
Werkzeuges veroffenbaret &#x017F;ich gleich beym Eintritt<lb/>
des Men&#x017F;chen in die Welt. Wenn das Kind ohne<lb/>
alle Lippen gebohren wu&#x0364;rde, ko&#x0364;nnte es die Mutter-<lb/>
milch nicht ein&#x017F;augen. Wenn es die Bru&#x017F;twarze<lb/>
nur mit den zwey unbedeckten Kiefern anfa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll-<lb/>
te, &#x017F;o wu&#x0364;rden auf beyden Seiten betra&#x0364;chtliche Oeff-<lb/>
nungen bleiben, und der Sa&#x0364;ugling an&#x017F;tatt Milch<lb/>
nur Luft einziehen. Nach den allgemeinen Ge&#x017F;etzen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0206] III. Abtheilung. Die Ecken koͤnnen ſich gegen die Mitte des Mun- des zuſammen ſchieben, wobey ſich die Lippen in wurmfoͤrmige Runzeln zuſammen ziehen, und ein rundes bald groͤßeres bald kleineres Loch darſtellen, dagegen koͤnnen ſie ſich auch wieder uͤber ihre ge- woͤhnliche Lage auswaͤrts ziehen, wodurch die ro- the Haut ſehr angeſpannt wird, wie beym Laͤcheln oder Schmutzen. Sie koͤnnen ſich vorwaͤrts von den Zaͤhnen wegſtrecken, und einen Trichter vorſtellen, dagegen ſich wieder zwiſchen die Zaͤhne einwaͤrts ziehen, und ganz verbergen. §. 89. Der Nutzen und die Nothwendigkeit dieſes Werkzeuges veroffenbaret ſich gleich beym Eintritt des Menſchen in die Welt. Wenn das Kind ohne alle Lippen gebohren wuͤrde, koͤnnte es die Mutter- milch nicht einſaugen. Wenn es die Bruſtwarze nur mit den zwey unbedeckten Kiefern anfaſſen ſoll- te, ſo wuͤrden auf beyden Seiten betraͤchtliche Oeff- nungen bleiben, und der Saͤugling anſtatt Milch nur Luft einziehen. Nach den allgemeinen Geſetzen des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/206
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/206>, abgerufen am 21.11.2024.