Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abtheilung.
manches geschwätzige Weib bemerkt, das ihrer
Nachbarinn mit so viel Eifer erzählte, daß sie,
um ja keinen Augenblick zu verlieren, fast immer
unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein-
wärts sprach. Man findet sich in katholischen Kir-
chen, wo ein jeder für sich bethet, oft in der Ge-
legenheit dieses zu hören, wenn man da neben je-
manden zu stehen kömmt, der mit zu heftigem Ei-
fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da-
bey aber ohne abzusetzen eben so viel Worte zum
Munde hinein als heraus murmelt. Jch selbst kann,
wenn ich will, alles hineinwärts verständlich und
laut sprechen, aber die Stimme hat da etwas ge-
zwungenes, rauhes und unangenehmes.

§. 58.

Wir haben bisher untersucht, wodurch die Stim-
me entstehet, nun wollen wir zum Beschluß nur
noch anführen, wodurch sie zum schweigen gebracht
wird. Es wird dieses in der Folge seine Anwen-
dung haben. Die Stimme schweigt

1.

III. Abtheilung.
manches geſchwaͤtzige Weib bemerkt, das ihrer
Nachbarinn mit ſo viel Eifer erzaͤhlte, daß ſie,
um ja keinen Augenblick zu verlieren, faſt immer
unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein-
waͤrts ſprach. Man findet ſich in katholiſchen Kir-
chen, wo ein jeder fuͤr ſich bethet, oft in der Ge-
legenheit dieſes zu hoͤren, wenn man da neben je-
manden zu ſtehen koͤmmt, der mit zu heftigem Ei-
fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da-
bey aber ohne abzuſetzen eben ſo viel Worte zum
Munde hinein als heraus murmelt. Jch ſelbſt kann,
wenn ich will, alles hineinwaͤrts verſtaͤndlich und
laut ſprechen, aber die Stimme hat da etwas ge-
zwungenes, rauhes und unangenehmes.

§. 58.

Wir haben bisher unterſucht, wodurch die Stim-
me entſtehet, nun wollen wir zum Beſchluß nur
noch anfuͤhren, wodurch ſie zum ſchweigen gebracht
wird. Es wird dieſes in der Folge ſeine Anwen-
dung haben. Die Stimme ſchweigt

1.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0136" n="104"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
manches ge&#x017F;chwa&#x0364;tzige Weib bemerkt, das ihrer<lb/>
Nachbarinn mit &#x017F;o viel Eifer erza&#x0364;hlte, daß &#x017F;ie,<lb/>
um ja keinen Augenblick zu verlieren, fa&#x017F;t immer<lb/>
unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein-<lb/>
wa&#x0364;rts &#x017F;prach. Man findet &#x017F;ich in katholi&#x017F;chen Kir-<lb/>
chen, wo ein jeder fu&#x0364;r &#x017F;ich bethet, oft in der Ge-<lb/>
legenheit die&#x017F;es zu ho&#x0364;ren, wenn man da neben je-<lb/>
manden zu &#x017F;tehen ko&#x0364;mmt, der mit zu heftigem Ei-<lb/>
fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da-<lb/>
bey aber ohne abzu&#x017F;etzen eben &#x017F;o viel Worte zum<lb/>
Munde hinein als heraus murmelt. Jch &#x017F;elb&#x017F;t kann,<lb/>
wenn ich will, alles hineinwa&#x0364;rts ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich und<lb/>
laut &#x017F;prechen, aber die Stimme hat da etwas ge-<lb/>
zwungenes, rauhes und unangenehmes.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 58.</head><lb/>
            <p>Wir haben bisher unter&#x017F;ucht, wodurch die Stim-<lb/>
me ent&#x017F;tehet, nun wollen wir zum Be&#x017F;chluß nur<lb/>
noch anfu&#x0364;hren, wodurch &#x017F;ie zum &#x017F;chweigen gebracht<lb/>
wird. Es wird die&#x017F;es in der Folge &#x017F;eine Anwen-<lb/>
dung haben. Die Stimme &#x017F;chweigt</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">1.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0136] III. Abtheilung. manches geſchwaͤtzige Weib bemerkt, das ihrer Nachbarinn mit ſo viel Eifer erzaͤhlte, daß ſie, um ja keinen Augenblick zu verlieren, faſt immer unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein- waͤrts ſprach. Man findet ſich in katholiſchen Kir- chen, wo ein jeder fuͤr ſich bethet, oft in der Ge- legenheit dieſes zu hoͤren, wenn man da neben je- manden zu ſtehen koͤmmt, der mit zu heftigem Ei- fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da- bey aber ohne abzuſetzen eben ſo viel Worte zum Munde hinein als heraus murmelt. Jch ſelbſt kann, wenn ich will, alles hineinwaͤrts verſtaͤndlich und laut ſprechen, aber die Stimme hat da etwas ge- zwungenes, rauhes und unangenehmes. §. 58. Wir haben bisher unterſucht, wodurch die Stim- me entſtehet, nun wollen wir zum Beſchluß nur noch anfuͤhren, wodurch ſie zum ſchweigen gebracht wird. Es wird dieſes in der Folge ſeine Anwen- dung haben. Die Stimme ſchweigt 1.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/136
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/136>, abgerufen am 21.11.2024.