manches geschwätzige Weib bemerkt, das ihrer Nachbarinn mit so viel Eifer erzählte, daß sie, um ja keinen Augenblick zu verlieren, fast immer unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein- wärts sprach. Man findet sich in katholischen Kir- chen, wo ein jeder für sich bethet, oft in der Ge- legenheit dieses zu hören, wenn man da neben je- manden zu stehen kömmt, der mit zu heftigem Ei- fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da- bey aber ohne abzusetzen eben so viel Worte zum Munde hinein als heraus murmelt. Jch selbst kann, wenn ich will, alles hineinwärts verständlich und laut sprechen, aber die Stimme hat da etwas ge- zwungenes, rauhes und unangenehmes.
§. 58.
Wir haben bisher untersucht, wodurch die Stim- me entstehet, nun wollen wir zum Beschluß nur noch anführen, wodurch sie zum schweigen gebracht wird. Es wird dieses in der Folge seine Anwen- dung haben. Die Stimme schweigt
1.
III. Abtheilung.
manches geſchwaͤtzige Weib bemerkt, das ihrer Nachbarinn mit ſo viel Eifer erzaͤhlte, daß ſie, um ja keinen Augenblick zu verlieren, faſt immer unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein- waͤrts ſprach. Man findet ſich in katholiſchen Kir- chen, wo ein jeder fuͤr ſich bethet, oft in der Ge- legenheit dieſes zu hoͤren, wenn man da neben je- manden zu ſtehen koͤmmt, der mit zu heftigem Ei- fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da- bey aber ohne abzuſetzen eben ſo viel Worte zum Munde hinein als heraus murmelt. Jch ſelbſt kann, wenn ich will, alles hineinwaͤrts verſtaͤndlich und laut ſprechen, aber die Stimme hat da etwas ge- zwungenes, rauhes und unangenehmes.
§. 58.
Wir haben bisher unterſucht, wodurch die Stim- me entſtehet, nun wollen wir zum Beſchluß nur noch anfuͤhren, wodurch ſie zum ſchweigen gebracht wird. Es wird dieſes in der Folge ſeine Anwen- dung haben. Die Stimme ſchweigt
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III. Abtheilung.
manches geſchwaͤtzige Weib bemerkt, das ihrer
Nachbarinn mit ſo viel Eifer erzaͤhlte, daß ſie,
um ja keinen Augenblick zu verlieren, faſt immer
unter dem Athemholen ganze Redensarten hinein-
waͤrts ſprach. Man findet ſich in katholiſchen Kir-
chen, wo ein jeder fuͤr ſich bethet, oft in der Ge-
legenheit dieſes zu hoͤren, wenn man da neben je-
manden zu ſtehen koͤmmt, der mit zu heftigem Ei-
fer, und mit einer halblauten Stimme bethet, da-
bey aber ohne abzuſetzen eben ſo viel Worte zum
Munde hinein als heraus murmelt. Jch ſelbſt kann,
wenn ich will, alles hineinwaͤrts verſtaͤndlich und
laut ſprechen, aber die Stimme hat da etwas ge-
zwungenes, rauhes und unangenehmes.
§. 58.
Wir haben bisher unterſucht, wodurch die Stim-
me entſtehet, nun wollen wir zum Beſchluß nur
noch anfuͤhren, wodurch ſie zum ſchweigen gebracht
wird. Es wird dieſes in der Folge ſeine Anwen-
dung haben. Die Stimme ſchweigt
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/136>, abgerufen am 22.02.2025.
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