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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Kleidern und Effekten, und endlich wollte der
Graf auch den alten Trödler aufsuchen, um durch¬
aus die größeren Sachen Heinrich's wieder zu er¬
werben, die derselbe ihm verkauft. Sie gingen
mit einander hin und fanden in dem dunklen
Gäßchen den kleinen Laden halb verschlossen. Die
andere Hälfte stand nur so weit offen, so viel
Licht einzulassen, als eine kleine armselige Auc¬
tion brauchte, welche in der Spelunke stattfand;
denn das Männchen war vor wenigen Wochen
gestorben. Dies that Heinrich sehr weh und er
bereute es nun, nicht mehr zu dem Alten gegan¬
gen zu sein, da er es bei aller Wunderlichkeit so
gut mit ihm gemeint hatte. Es trieben sich nur
wenige geringe Leute in dem Laden herum und
gingen die dunkle Treppe auf und nieder in der
engen Wohnung des Verschwundenen, um den
Niemand sich sonst gekümmert hatte, und der auch
um Niemanden sich gekümmert Heinrich's Bilder
waren noch alle da mit den übrigen Siebensa¬
chen, und es kostete wenige Mühe und noch we¬
niger Mittel, derselben habhaft zu werden. Er
verpackte sie im Gasthofe, sie nahmen dieselben

Kleidern und Effekten, und endlich wollte der
Graf auch den alten Troͤdler aufſuchen, um durch¬
aus die groͤßeren Sachen Heinrich's wieder zu er¬
werben, die derſelbe ihm verkauft. Sie gingen
mit einander hin und fanden in dem dunklen
Gaͤßchen den kleinen Laden halb verſchloſſen. Die
andere Haͤlfte ſtand nur ſo weit offen, ſo viel
Licht einzulaſſen, als eine kleine armſelige Auc¬
tion brauchte, welche in der Spelunke ſtattfand;
denn das Maͤnnchen war vor wenigen Wochen
geſtorben. Dies that Heinrich ſehr weh und er
bereute es nun, nicht mehr zu dem Alten gegan¬
gen zu ſein, da er es bei aller Wunderlichkeit ſo
gut mit ihm gemeint hatte. Es trieben ſich nur
wenige geringe Leute in dem Laden herum und
gingen die dunkle Treppe auf und nieder in der
engen Wohnung des Verſchwundenen, um den
Niemand ſich ſonſt gekuͤmmert hatte, und der auch
um Niemanden ſich gekuͤmmert Heinrich's Bilder
waren noch alle da mit den uͤbrigen Siebenſa¬
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niger Mittel, derſelben habhaft zu werden. Er
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[367/0377] Kleidern und Effekten, und endlich wollte der Graf auch den alten Troͤdler aufſuchen, um durch¬ aus die groͤßeren Sachen Heinrich's wieder zu er¬ werben, die derſelbe ihm verkauft. Sie gingen mit einander hin und fanden in dem dunklen Gaͤßchen den kleinen Laden halb verſchloſſen. Die andere Haͤlfte ſtand nur ſo weit offen, ſo viel Licht einzulaſſen, als eine kleine armſelige Auc¬ tion brauchte, welche in der Spelunke ſtattfand; denn das Maͤnnchen war vor wenigen Wochen geſtorben. Dies that Heinrich ſehr weh und er bereute es nun, nicht mehr zu dem Alten gegan¬ gen zu ſein, da er es bei aller Wunderlichkeit ſo gut mit ihm gemeint hatte. Es trieben ſich nur wenige geringe Leute in dem Laden herum und gingen die dunkle Treppe auf und nieder in der engen Wohnung des Verſchwundenen, um den Niemand ſich ſonſt gekuͤmmert hatte, und der auch um Niemanden ſich gekuͤmmert Heinrich's Bilder waren noch alle da mit den uͤbrigen Siebenſa¬ chen, und es koſtete wenige Muͤhe und noch we¬ niger Mittel, derſelben habhaft zu werden. Er verpackte ſie im Gaſthofe, ſie nahmen dieſelben

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/377>, abgerufen am 26.04.2024.