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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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es sich von nun an recht wohl gehen zu
lassen!"

Er antwortete hierauf nichts und dachte auch
an gar nichts mehr, was er soeben erst gedacht,
sondern überließ sich ganz gedankenlos dem Ver¬
gnügen, an der Seite der schönen Jungfrau zu
sein, welche ihm die Gegend zeigte, vor ihm her
über Wassertümpelchen und Geleise sprang, ihr
Kleid anmuthig aufnehmend und zuweilen lachend
zurücksah, ob er ihr auch ordentlich folge. Seit
langer Zeit erging er sich zum ersten Mal wieder
auf dem Lande, ohne Sorgen und an einem
schönen Abend, und er wurde durch alles dies
so wohlgemuth, daß er auf die harmloseste Weise
mit der Schönen umherlief und lachte und anfing
Witze zu machen, ohne jedoch die Bescheidenheit
zu verletzen. Es dunkelte schon, als sie wieder auf
dem Kirchhof ankamen, wo sie mit dem Herrn
des Hauses zusammentrafen; dieser nahm Hein¬
rich mit sich fort und begehrte mit ihm zu spre¬
chen, während Dorothea zurückblieb, um noch
schnell, so weit es das scheidende Tageslicht er¬

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es ſich von nun an recht wohl gehen zu
laſſen!«

Er antwortete hierauf nichts und dachte auch
an gar nichts mehr, was er ſoeben erſt gedacht,
ſondern uͤberließ ſich ganz gedankenlos dem Ver¬
gnuͤgen, an der Seite der ſchoͤnen Jungfrau zu
ſein, welche ihm die Gegend zeigte, vor ihm her
uͤber Waſſertuͤmpelchen und Geleiſe ſprang, ihr
Kleid anmuthig aufnehmend und zuweilen lachend
zuruͤckſah, ob er ihr auch ordentlich folge. Seit
langer Zeit erging er ſich zum erſten Mal wieder
auf dem Lande, ohne Sorgen und an einem
ſchoͤnen Abend, und er wurde durch alles dies
ſo wohlgemuth, daß er auf die harmloſeſte Weiſe
mit der Schoͤnen umherlief und lachte und anfing
Witze zu machen, ohne jedoch die Beſcheidenheit
zu verletzen. Es dunkelte ſchon, als ſie wieder auf
dem Kirchhof ankamen, wo ſie mit dem Herrn
des Hauſes zuſammentrafen; dieſer nahm Hein¬
rich mit ſich fort und begehrte mit ihm zu ſpre¬
chen, waͤhrend Dorothea zuruͤckblieb, um noch
ſchnell, ſo weit es das ſcheidende Tageslicht er¬

23 *
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[361/0371] es ſich von nun an recht wohl gehen zu laſſen!« Er antwortete hierauf nichts und dachte auch an gar nichts mehr, was er ſoeben erſt gedacht, ſondern uͤberließ ſich ganz gedankenlos dem Ver¬ gnuͤgen, an der Seite der ſchoͤnen Jungfrau zu ſein, welche ihm die Gegend zeigte, vor ihm her uͤber Waſſertuͤmpelchen und Geleiſe ſprang, ihr Kleid anmuthig aufnehmend und zuweilen lachend zuruͤckſah, ob er ihr auch ordentlich folge. Seit langer Zeit erging er ſich zum erſten Mal wieder auf dem Lande, ohne Sorgen und an einem ſchoͤnen Abend, und er wurde durch alles dies ſo wohlgemuth, daß er auf die harmloſeſte Weiſe mit der Schoͤnen umherlief und lachte und anfing Witze zu machen, ohne jedoch die Beſcheidenheit zu verletzen. Es dunkelte ſchon, als ſie wieder auf dem Kirchhof ankamen, wo ſie mit dem Herrn des Hauſes zuſammentrafen; dieſer nahm Hein¬ rich mit ſich fort und begehrte mit ihm zu ſpre¬ chen, waͤhrend Dorothea zuruͤckblieb, um noch ſchnell, ſo weit es das ſcheidende Tageslicht er¬ 23 *

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/371>, abgerufen am 27.04.2024.