Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebiet wegen seines starken und weinähnlichen Bieres,
welches er brauete, berühmt und beliebt war, Ueber-
haupt war er ein biederer Mann, welcher seiner Wirth-
schaft pflichtmäßig vorstand und für die Seinigen
Schutzherr und Freund war. In seiner Person ver-
einigte er einen edlen Anstand, und sein Gesicht, wel-
ches eine freundliche Würde hatte, war mit einem
Stuzbärtchen über der Oberlippe und am Kinne, nach
damaliger Mode geziert, welches ihm ein recht herri-
sches Ansehn gab. Die Hochzeit des Dürbachs mit
der Jungfer Kucheln wurde auf dem adelichen
Schlosse unter den vornehmsten Bekannten der Herr-
schaft vollzogen, und aus diesem stillen und freien Zu-
stande folgte die junge Frau Dürbach ihrem Manne
auf den Hammer, wo er der Bierbrauerei und der
Gaststube vorstand, und wo sie die Aufsicht über die
Viehzucht und die Zubereitung der abgezogenen Was-
ser, und die Ordnung über vielerlei Gesinde, nebst
einer großen Haushaltung zu besorgen hatte. So sehr
ihr Mann sie liebte, so wohl es ihr ging, und so gut
sie sich in alle diese Geschäfte zu schicken wußte, so sehr
litt sie innerlich durch die ungesitteten Durchreisen-
den, welche täglich im Wirthshause einkehrten und zu
halben Nächten bei ihren Krügen und Gläsern vor
ihr lärmen saßen. Dabei geschah es oft, daß ihr
Mann sich an seinem wohlschmeckenden Biere ein

Gebiet wegen ſeines ſtarken und weinaͤhnlichen Bieres,
welches er brauete, beruͤhmt und beliebt war, Ueber-
haupt war er ein biederer Mann, welcher ſeiner Wirth-
ſchaft pflichtmaͤßig vorſtand und fuͤr die Seinigen
Schutzherr und Freund war. In ſeiner Perſon ver-
einigte er einen edlen Anſtand, und ſein Geſicht, wel-
ches eine freundliche Wuͤrde hatte, war mit einem
Stuzbaͤrtchen uͤber der Oberlippe und am Kinne, nach
damaliger Mode geziert, welches ihm ein recht herri-
ſches Anſehn gab. Die Hochzeit des Duͤrbachs mit
der Jungfer Kucheln wurde auf dem adelichen
Schloſſe unter den vornehmſten Bekannten der Herr-
ſchaft vollzogen, und aus dieſem ſtillen und freien Zu-
ſtande folgte die junge Frau Duͤrbach ihrem Manne
auf den Hammer, wo er der Bierbrauerei und der
Gaſtſtube vorſtand, und wo ſie die Aufſicht uͤber die
Viehzucht und die Zubereitung der abgezogenen Waſ-
ſer, und die Ordnung uͤber vielerlei Geſinde, nebſt
einer großen Haushaltung zu beſorgen hatte. So ſehr
ihr Mann ſie liebte, ſo wohl es ihr ging, und ſo gut
ſie ſich in alle dieſe Geſchaͤfte zu ſchicken wußte, ſo ſehr
litt ſie innerlich durch die ungeſitteten Durchreiſen-
den, welche taͤglich im Wirthshauſe einkehrten und zu
halben Naͤchten bei ihren Kruͤgen und Glaͤſern vor
ihr laͤrmen ſaßen. Dabei geſchah es oft, daß ihr
Mann ſich an ſeinem wohlſchmeckenden Biere ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="11"/>
Gebiet wegen &#x017F;eines &#x017F;tarken und weina&#x0364;hnlichen Bieres,<lb/>
welches er brauete, beru&#x0364;hmt und beliebt war, Ueber-<lb/>
haupt war er ein biederer Mann, welcher &#x017F;einer Wirth-<lb/>
&#x017F;chaft pflichtma&#x0364;ßig vor&#x017F;tand und fu&#x0364;r die Seinigen<lb/>
Schutzherr und Freund war. In &#x017F;einer Per&#x017F;on ver-<lb/>
einigte er einen edlen An&#x017F;tand, und &#x017F;ein Ge&#x017F;icht, wel-<lb/>
ches eine freundliche Wu&#x0364;rde hatte, war mit einem<lb/>
Stuzba&#x0364;rtchen u&#x0364;ber der Oberlippe und am Kinne, nach<lb/>
damaliger Mode geziert, welches ihm ein recht herri-<lb/>
&#x017F;ches An&#x017F;ehn gab. Die Hochzeit des <hi rendition="#fr">Du&#x0364;rbachs</hi> mit<lb/>
der Jungfer <hi rendition="#fr">Kucheln</hi> wurde auf dem adelichen<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e unter den vornehm&#x017F;ten Bekannten der Herr-<lb/>
&#x017F;chaft vollzogen, und aus die&#x017F;em &#x017F;tillen und freien Zu-<lb/>
&#x017F;tande folgte die junge Frau Du&#x0364;rbach ihrem Manne<lb/>
auf den <hi rendition="#fr">Hammer</hi>, wo er der Bierbrauerei und der<lb/>
Ga&#x017F;t&#x017F;tube vor&#x017F;tand, und wo &#x017F;ie die Auf&#x017F;icht u&#x0364;ber die<lb/>
Viehzucht und die Zubereitung der abgezogenen Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, und die Ordnung u&#x0364;ber vielerlei Ge&#x017F;inde, neb&#x017F;t<lb/>
einer großen Haushaltung zu be&#x017F;orgen hatte. So &#x017F;ehr<lb/>
ihr Mann &#x017F;ie liebte, &#x017F;o wohl es ihr ging, und &#x017F;o gut<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich in alle die&#x017F;e Ge&#x017F;cha&#x0364;fte zu &#x017F;chicken wußte, &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
litt &#x017F;ie innerlich durch die unge&#x017F;itteten Durchrei&#x017F;en-<lb/>
den, welche ta&#x0364;glich im Wirthshau&#x017F;e einkehrten und zu<lb/>
halben Na&#x0364;chten bei ihren Kru&#x0364;gen und Gla&#x0364;&#x017F;ern vor<lb/>
ihr la&#x0364;rmen &#x017F;aßen. Dabei ge&#x017F;chah es oft, daß ihr<lb/>
Mann &#x017F;ich an &#x017F;einem wohl&#x017F;chmeckenden Biere ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0043] Gebiet wegen ſeines ſtarken und weinaͤhnlichen Bieres, welches er brauete, beruͤhmt und beliebt war, Ueber- haupt war er ein biederer Mann, welcher ſeiner Wirth- ſchaft pflichtmaͤßig vorſtand und fuͤr die Seinigen Schutzherr und Freund war. In ſeiner Perſon ver- einigte er einen edlen Anſtand, und ſein Geſicht, wel- ches eine freundliche Wuͤrde hatte, war mit einem Stuzbaͤrtchen uͤber der Oberlippe und am Kinne, nach damaliger Mode geziert, welches ihm ein recht herri- ſches Anſehn gab. Die Hochzeit des Duͤrbachs mit der Jungfer Kucheln wurde auf dem adelichen Schloſſe unter den vornehmſten Bekannten der Herr- ſchaft vollzogen, und aus dieſem ſtillen und freien Zu- ſtande folgte die junge Frau Duͤrbach ihrem Manne auf den Hammer, wo er der Bierbrauerei und der Gaſtſtube vorſtand, und wo ſie die Aufſicht uͤber die Viehzucht und die Zubereitung der abgezogenen Waſ- ſer, und die Ordnung uͤber vielerlei Geſinde, nebſt einer großen Haushaltung zu beſorgen hatte. So ſehr ihr Mann ſie liebte, ſo wohl es ihr ging, und ſo gut ſie ſich in alle dieſe Geſchaͤfte zu ſchicken wußte, ſo ſehr litt ſie innerlich durch die ungeſitteten Durchreiſen- den, welche taͤglich im Wirthshauſe einkehrten und zu halben Naͤchten bei ihren Kruͤgen und Glaͤſern vor ihr laͤrmen ſaßen. Dabei geſchah es oft, daß ihr Mann ſich an ſeinem wohlſchmeckenden Biere ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/43
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/43>, abgerufen am 26.04.2024.