Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Vermischte Gedichte. An den Dohmdechant 1761.Freyherrn von Spiegel, zum Diesenberg, als er gesagt hatte, daß er schlaflose Nächte hätte, und bey Lichte nicht gut lesen könnte Dich flieht der Schlaf? dich sieht die Lampe wachen? Du nimmst ein Buch, um dir die Nächte kurz zu machen? Das Auge fodert Sonnenschein? Dein Blick ist, wie die Nächte, trübe? Ein Mädchen sollte da dir vorzulesen seyn, Ein Mädchen, schön wie Lenz und Liebe! Und an Geschmack wie Dichter fein! Doch wachend fällt dir nur die Lust zu jagen ein, Du wünschest dir im Wald dem Hirschmann nachzusetzen, Den Hauer im Morast zu hetzen, Vermiſchte Gedichte. An den Dohmdechant 1761.Freyherrn von Spiegel, zum Dieſenberg, als er geſagt hatte, daß er ſchlafloſe Naͤchte haͤtte, und bey Lichte nicht gut leſen koͤnnte Dich flieht der Schlaf? dich ſieht die Lampe wachen? Du nimmſt ein Buch, um dir die Naͤchte kurz zu machen? Das Auge fodert Sonnenſchein? Dein Blick iſt, wie die Naͤchte, truͤbe? Ein Maͤdchen ſollte da dir vorzuleſen ſeyn, Ein Maͤdchen, ſchoͤn wie Lenz und Liebe! Und an Geſchmack wie Dichter fein! Doch wachend faͤllt dir nur die Luſt zu jagen ein, Du wuͤnſcheſt dir im Wald dem Hirſchmann nachzuſetzen, Den Hauer im Moraſt zu hetzen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0322" n="278"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">An den Dohmdechant</hi><lb/> Freyherrn von Spiegel, zum Dieſenberg,<lb/> als er geſagt hatte, daß er ſchlafloſe Naͤchte<lb/> haͤtte, und bey Lichte nicht gut leſen<lb/> koͤnnte</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">1761</hi>.</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l>Dich flieht der Schlaf? dich ſieht die Lampe wachen?</l><lb/> <l>Du nimmſt ein Buch, um dir die Naͤchte kurz zu</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">machen?</hi> </l><lb/> <l>Das Auge fodert Sonnenſchein?</l><lb/> <l>Dein Blick iſt, wie die Naͤchte, truͤbe?</l><lb/> <l>Ein Maͤdchen ſollte da dir vorzuleſen ſeyn,</l><lb/> <l>Ein Maͤdchen, ſchoͤn wie Lenz und Liebe!</l><lb/> <l>Und an Geſchmack wie Dichter fein!</l><lb/> <l>Doch wachend faͤllt dir nur die Luſt zu jagen ein,</l><lb/> <l>Du wuͤnſcheſt dir im Wald dem Hirſchmann nachzuſetzen,</l><lb/> <l>Den Hauer im Moraſt zu hetzen,</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [278/0322]
Vermiſchte Gedichte.
An den Dohmdechant
Freyherrn von Spiegel, zum Dieſenberg,
als er geſagt hatte, daß er ſchlafloſe Naͤchte
haͤtte, und bey Lichte nicht gut leſen
koͤnnte
1761.
Dich flieht der Schlaf? dich ſieht die Lampe wachen?
Du nimmſt ein Buch, um dir die Naͤchte kurz zu
machen?
Das Auge fodert Sonnenſchein?
Dein Blick iſt, wie die Naͤchte, truͤbe?
Ein Maͤdchen ſollte da dir vorzuleſen ſeyn,
Ein Maͤdchen, ſchoͤn wie Lenz und Liebe!
Und an Geſchmack wie Dichter fein!
Doch wachend faͤllt dir nur die Luſt zu jagen ein,
Du wuͤnſcheſt dir im Wald dem Hirſchmann nachzuſetzen,
Den Hauer im Moraſt zu hetzen,
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