Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Oden. An Palemon, (Den 16ten des Christmonaths 1761.)als Herr Oeser das Bild der Dichterin entworfen hatte. O Freund! Der Mahler? Gefunden Hat er im Auge mein Herz. Er fand mit spähendem Blicke Den Geist, und zeichnete ihn. Die sanft empfindende Seele Entwarf sein Pinsel, und nicht Den Mund, die Wange, das Lächeln Dir ohne Reize bekannt! O dies zu schöne Gemählde Seh ich und kenne das Bild Von der unsterblichen Freundin Die in mir denket, und fühlt. Oden. An Palemon, (Den 16ten des Chriſtmonaths 1761.)als Herr Oeſer das Bild der Dichterin entworfen hatte. O Freund! Der Mahler? Gefunden Hat er im Auge mein Herz. Er fand mit ſpaͤhendem Blicke Den Geiſt, und zeichnete ihn. Die ſanft empfindende Seele Entwarf ſein Pinſel, und nicht Den Mund, die Wange, das Laͤcheln Dir ohne Reize bekannt! O dies zu ſchoͤne Gemaͤhlde Seh ich und kenne das Bild Von der unſterblichen Freundin Die in mir denket, und fuͤhlt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0272" n="228"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Oden.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">An Palemon,</hi><lb/> als Herr Oeſer das Bild der Dichterin<lb/> entworfen hatte.</head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c">(Den 16ten des Chriſtmonaths 1761.)</hi> </dateline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem" n="1"> <l>O Freund! Der Mahler? Gefunden<lb/> Hat er im Auge mein Herz.<lb/> Er fand mit ſpaͤhendem Blicke<lb/> Den Geiſt, und zeichnete ihn.</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Die ſanft empfindende Seele<lb/> Entwarf ſein Pinſel, und nicht<lb/> Den Mund, die Wange, das Laͤcheln<lb/> Dir ohne Reize bekannt!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>O dies zu ſchoͤne Gemaͤhlde<lb/> Seh ich und kenne das Bild<lb/> Von der unſterblichen Freundin<lb/> Die in mir denket, und fuͤhlt.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [228/0272]
Oden.
An Palemon,
als Herr Oeſer das Bild der Dichterin
entworfen hatte.
(Den 16ten des Chriſtmonaths 1761.)
O Freund! Der Mahler? Gefunden
Hat er im Auge mein Herz.
Er fand mit ſpaͤhendem Blicke
Den Geiſt, und zeichnete ihn.
Die ſanft empfindende Seele
Entwarf ſein Pinſel, und nicht
Den Mund, die Wange, das Laͤcheln
Dir ohne Reize bekannt!
O dies zu ſchoͤne Gemaͤhlde
Seh ich und kenne das Bild
Von der unſterblichen Freundin
Die in mir denket, und fuͤhlt.
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