Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweytes Buch.
An den Reichs-Grafen
zu Stolberg-Wernigerode.


O Graf nur klein ist unsers Lebens Werth
So bald in einem unsrer Glieder
Der Schmerz, wie ein Tyrann verfährt,
Fällt in des Menschen Bau der ganze Staat danieder;
Die Kranckheit saß in meiner Stirne tief
Und ganz betäubt von ihrem Grimme,
Als ob ich Todesschlummer schlief,
Hört ich noch kaum das Herz in eines Freundes Stimme.
O welch ein Tand! wie wenig schmeichlerisch
Ist diese Welt des Kranken Blicke!
Des Kranken, der des Fürsten Tisch
Nicht wünscht, nicht einen Sitz als Günstling bey dem
Glücke!
Zweytes Buch.
An den Reichs-Grafen
zu Stolberg-Wernigerode.


O Graf nur klein iſt unſers Lebens Werth
So bald in einem unſrer Glieder
Der Schmerz, wie ein Tyrann verfaͤhrt,
Faͤllt in des Menſchen Bau der ganze Staat danieder;
Die Kranckheit ſaß in meiner Stirne tief
Und ganz betaͤubt von ihrem Grimme,
Als ob ich Todesſchlummer ſchlief,
Hoͤrt ich noch kaum das Herz in eines Freundes Stimme.
O welch ein Tand! wie wenig ſchmeichleriſch
Iſt dieſe Welt des Kranken Blicke!
Des Kranken, der des Fuͤrſten Tiſch
Nicht wuͤnſcht, nicht einen Sitz als Guͤnſtling bey dem
Gluͤcke!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0133" n="89"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">An den Reichs-Grafen</hi></hi><lb/>
zu Stolberg-Wernigerode.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem" n="2">
            <l>O Graf nur klein i&#x017F;t un&#x017F;ers Lebens Werth<lb/>
So bald in einem un&#x017F;rer Glieder<lb/>
Der Schmerz, wie ein Tyrann verfa&#x0364;hrt,<lb/>
Fa&#x0364;llt in des Men&#x017F;chen Bau der ganze Staat danieder;</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="3">
            <l>Die Kranckheit &#x017F;aß in meiner Stirne tief<lb/>
Und ganz beta&#x0364;ubt von ihrem Grimme,<lb/>
Als ob ich Todes&#x017F;chlummer &#x017F;chlief,<lb/>
Ho&#x0364;rt ich noch kaum das Herz in eines Freundes Stimme.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem" n="4">
            <l>O welch ein Tand! wie wenig &#x017F;chmeichleri&#x017F;ch<lb/>
I&#x017F;t die&#x017F;e Welt des Kranken Blicke!<lb/>
Des Kranken, der des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Ti&#x017F;ch<lb/>
Nicht wu&#x0364;n&#x017F;cht, nicht einen Sitz als Gu&#x0364;n&#x017F;tling bey dem<lb/><hi rendition="#et">Glu&#x0364;cke!</hi></l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0133] Zweytes Buch. An den Reichs-Grafen zu Stolberg-Wernigerode. O Graf nur klein iſt unſers Lebens Werth So bald in einem unſrer Glieder Der Schmerz, wie ein Tyrann verfaͤhrt, Faͤllt in des Menſchen Bau der ganze Staat danieder; Die Kranckheit ſaß in meiner Stirne tief Und ganz betaͤubt von ihrem Grimme, Als ob ich Todesſchlummer ſchlief, Hoͤrt ich noch kaum das Herz in eines Freundes Stimme. O welch ein Tand! wie wenig ſchmeichleriſch Iſt dieſe Welt des Kranken Blicke! Des Kranken, der des Fuͤrſten Tiſch Nicht wuͤnſcht, nicht einen Sitz als Guͤnſtling bey dem Gluͤcke!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/133
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/133>, abgerufen am 21.12.2024.