sind also keine Privatmeinungen, können aber doch nicht füglich (selbst zur inneren Beruhigung) gegen sich regende Scrupel entbehrt werden. In dieser Qualität aber muß man sie erhalten und ia sorgfältig verhüten, daß sie nicht, gleich als an sich selbst beglaubigt und von einiger abso- luten Gültigkeit, auftreten und die Vernunft unter Er- dichtungen und Blendwerken ersäufen.
Des ersten Hauptstücks Vierter Abschnitt. Die Disciplin der reinen Vernunft in Ansehung ihrer Beweise.
Die Beweise transscendentaler und synthetischer Sätze haben das Eigenthümliche, unter allen Beweisen einer synthetischen Erkentniß a priori an sich; daß die Vernunft bey ienen vermittelst seiner Begriffe sich nicht geradezu an den Gegenstand wenden darf, sondern zuvor die obiective Gültigkeit der Begriffe und die Möglichkeit der Synthesis derselben a priori darthun muß. Die- ses ist nicht etwa blos eine nöthige Regel der Behutsam- keit, sondern betrift das Wesen und die Möglichkeit der Beweise selbst. Wenn ich über den Begriff von einem Gegenstande a priori hinausgehen soll, so ist dieses, ohne einen besonderen und ausserhalb diesem Begriffe befindli- chen Leitfaden, unmöglich. In der Mathematik ist es die Anschauung a priori, die meine Synthesis leitet und da können alle Schlüsse unmittelbar an der reinen Anschau-
ung
Methodenlehre I. Hauptſt. IV. Abſch.
ſind alſo keine Privatmeinungen, koͤnnen aber doch nicht fuͤglich (ſelbſt zur inneren Beruhigung) gegen ſich regende Scrupel entbehrt werden. In dieſer Qualitaͤt aber muß man ſie erhalten und ia ſorgfaͤltig verhuͤten, daß ſie nicht, gleich als an ſich ſelbſt beglaubigt und von einiger abſo- luten Guͤltigkeit, auftreten und die Vernunft unter Er- dichtungen und Blendwerken erſaͤufen.
Des erſten Hauptſtuͤcks Vierter Abſchnitt. Die Diſciplin der reinen Vernunft in Anſehung ihrer Beweiſe.
Die Beweiſe transſcendentaler und ſynthetiſcher Saͤtze haben das Eigenthuͤmliche, unter allen Beweiſen einer ſynthetiſchen Erkentniß a priori an ſich; daß die Vernunft bey ienen vermittelſt ſeiner Begriffe ſich nicht geradezu an den Gegenſtand wenden darf, ſondern zuvor die obiective Guͤltigkeit der Begriffe und die Moͤglichkeit der Syntheſis derſelben a priori darthun muß. Die- ſes iſt nicht etwa blos eine noͤthige Regel der Behutſam- keit, ſondern betrift das Weſen und die Moͤglichkeit der Beweiſe ſelbſt. Wenn ich uͤber den Begriff von einem Gegenſtande a priori hinausgehen ſoll, ſo iſt dieſes, ohne einen beſonderen und auſſerhalb dieſem Begriffe befindli- chen Leitfaden, unmoͤglich. In der Mathematik iſt es die Anſchauung a priori, die meine Syntheſis leitet und da koͤnnen alle Schluͤſſe unmittelbar an der reinen Anſchau-
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Methodenlehre I. Hauptſt. IV. Abſch.
ſind alſo keine Privatmeinungen, koͤnnen aber doch nicht
fuͤglich (ſelbſt zur inneren Beruhigung) gegen ſich regende
Scrupel entbehrt werden. In dieſer Qualitaͤt aber muß
man ſie erhalten und ia ſorgfaͤltig verhuͤten, daß ſie nicht,
gleich als an ſich ſelbſt beglaubigt und von einiger abſo-
luten Guͤltigkeit, auftreten und die Vernunft unter Er-
dichtungen und Blendwerken erſaͤufen.
Des erſten Hauptſtuͤcks
Vierter Abſchnitt.
Die Diſciplin der reinen Vernunft in Anſehung
ihrer Beweiſe.
Die Beweiſe transſcendentaler und ſynthetiſcher Saͤtze
haben das Eigenthuͤmliche, unter allen Beweiſen
einer ſynthetiſchen Erkentniß a priori an ſich; daß die
Vernunft bey ienen vermittelſt ſeiner Begriffe ſich nicht
geradezu an den Gegenſtand wenden darf, ſondern zuvor
die obiective Guͤltigkeit der Begriffe und die Moͤglichkeit
der Syntheſis derſelben a priori darthun muß. Die-
ſes iſt nicht etwa blos eine noͤthige Regel der Behutſam-
keit, ſondern betrift das Weſen und die Moͤglichkeit der
Beweiſe ſelbſt. Wenn ich uͤber den Begriff von einem
Gegenſtande a priori hinausgehen ſoll, ſo iſt dieſes, ohne
einen beſonderen und auſſerhalb dieſem Begriffe befindli-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/812>, abgerufen am 21.11.2024.
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