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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
Vernunftsätze in der, auf solche Weise berichtigten Be-
deutung, alle beide wahr seyn können; welches bey den
cosmologischen Ideen, die blos mathematischunbedingte
Einheit betreffen, niemals statt finden kan, weil bey ih-
nen keine Bedingung der Reihe der Erscheinungen ange-
troffen wird, als die auch selbst Erscheinung ist und als
solche mit ein Glied der Reihe ausmacht.

III.
Auflösung der cosmologischen Ideen,
von der
Totalität der Ableitung
der Weltbegebenheiten aus ihren

Ursachen.

Man kan sich nur zweierley Caussalität in Ansehung
dessen, was geschieht, denken, entweder nach der Natur,
oder aus Freiheit. Die erste ist die Verknüpfung eines
Zustandes mit einem vorigen in der Sinnenwelt, worauf
iener nach einer Regel folgt. Da nun die Caussalität
der Erscheinungen auf Zeitbedingungen beruht, und der
vorige Zustand, wenn er iederzeit gewesen wäre, auch
keine Wirkung, die allererst in der Zeit entspringt, her-
vorgebracht hätte: so ist die Caussalität der Ursache dessen,
was geschieht, oder entsteht, auch entstanden und bedarf
nach dem Verstandesgrundsatze selbst wiederum eine
Ursache.


Dage-

Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Vernunftſaͤtze in der, auf ſolche Weiſe berichtigten Be-
deutung, alle beide wahr ſeyn koͤnnen; welches bey den
cosmologiſchen Ideen, die blos mathematiſchunbedingte
Einheit betreffen, niemals ſtatt finden kan, weil bey ih-
nen keine Bedingung der Reihe der Erſcheinungen ange-
troffen wird, als die auch ſelbſt Erſcheinung iſt und als
ſolche mit ein Glied der Reihe ausmacht.

III.
Aufloͤſung der cosmologiſchen Ideen,
von der
Totalitaͤt der Ableitung
der Weltbegebenheiten aus ihren

Urſachen.

Man kan ſich nur zweierley Cauſſalitaͤt in Anſehung
deſſen, was geſchieht, denken, entweder nach der Natur,
oder aus Freiheit. Die erſte iſt die Verknuͤpfung eines
Zuſtandes mit einem vorigen in der Sinnenwelt, worauf
iener nach einer Regel folgt. Da nun die Cauſſalitaͤt
der Erſcheinungen auf Zeitbedingungen beruht, und der
vorige Zuſtand, wenn er iederzeit geweſen waͤre, auch
keine Wirkung, die allererſt in der Zeit entſpringt, her-
vorgebracht haͤtte: ſo iſt die Cauſſalitaͤt der Urſache deſſen,
was geſchieht, oder entſteht, auch entſtanden und bedarf
nach dem Verſtandesgrundſatze ſelbſt wiederum eine
Urſache.


Dage-
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[532/0562] Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptſt. Vernunftſaͤtze in der, auf ſolche Weiſe berichtigten Be- deutung, alle beide wahr ſeyn koͤnnen; welches bey den cosmologiſchen Ideen, die blos mathematiſchunbedingte Einheit betreffen, niemals ſtatt finden kan, weil bey ih- nen keine Bedingung der Reihe der Erſcheinungen ange- troffen wird, als die auch ſelbſt Erſcheinung iſt und als ſolche mit ein Glied der Reihe ausmacht. III. Aufloͤſung der cosmologiſchen Ideen, von der Totalitaͤt der Ableitung der Weltbegebenheiten aus ihren Urſachen. Man kan ſich nur zweierley Cauſſalitaͤt in Anſehung deſſen, was geſchieht, denken, entweder nach der Natur, oder aus Freiheit. Die erſte iſt die Verknuͤpfung eines Zuſtandes mit einem vorigen in der Sinnenwelt, worauf iener nach einer Regel folgt. Da nun die Cauſſalitaͤt der Erſcheinungen auf Zeitbedingungen beruht, und der vorige Zuſtand, wenn er iederzeit geweſen waͤre, auch keine Wirkung, die allererſt in der Zeit entſpringt, her- vorgebracht haͤtte: ſo iſt die Cauſſalitaͤt der Urſache deſſen, was geſchieht, oder entſteht, auch entſtanden und bedarf nach dem Verſtandesgrundſatze ſelbſt wiederum eine Urſache. Dage-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/562>, abgerufen am 21.11.2024.