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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
hension der Erscheinung, mithin iede äussere Erfahrung,
folglich auch alle Erkentniß der Gegenstände derselben, mög-
lich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch
von iener beweiset, das gilt auch nothwendig von dieser.
Alle Einwürfe dawider sind nur Chikanen einer falsch be-
lehrten Vernunft, die irriger Weise die Gegenstände der
Sinne von der formalen Bedingung unserer Sinnlichkeit
loszumachen gedenkt, und sie, obgleich sie blos Erscheinun-
gen sind, als Gegenstände an sich selbst, dem Verstande
gegeben, vorstellt, in welchem Falle freilich von ihnen a
priori
gar nichts, mithin auch nicht durch reine Begriffe
vom Raume, synthetisch erkant werden könte und die
Wissenschaft, die diese bestimt, nemlich die Geometrie selbst
nicht möglich seyn würde.

2.
Die Anticipationen
der Wahrnehmung.

Der Grundsatz, welcher alle Wahrnehmungen, als
solche, anticipirt, heißt so: In allen Erscheinungen hat
die Empfindung, und das Reale, welches ihr an dem Ge-
genstande entspricht, (realitas phaenomenon) eine inten-
sive Grösse, d. i. einen Grad.

Man kan alle Erkentniß, wodurch ich dasienige,
was zur empirischen Erkentniß gehört, a priori erkennen
und bestimmen kan, eine Anticipation nennen, und ohne
Zweifel ist das die Bedeutung, in welcher Epicur seinen

Aus-

Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
henſion der Erſcheinung, mithin iede aͤuſſere Erfahrung,
folglich auch alle Erkentniß der Gegenſtaͤnde derſelben, moͤg-
lich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch
von iener beweiſet, das gilt auch nothwendig von dieſer.
Alle Einwuͤrfe dawider ſind nur Chikanen einer falſch be-
lehrten Vernunft, die irriger Weiſe die Gegenſtaͤnde der
Sinne von der formalen Bedingung unſerer Sinnlichkeit
loszumachen gedenkt, und ſie, obgleich ſie blos Erſcheinun-
gen ſind, als Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt, dem Verſtande
gegeben, vorſtellt, in welchem Falle freilich von ihnen a
priori
gar nichts, mithin auch nicht durch reine Begriffe
vom Raume, ſynthetiſch erkant werden koͤnte und die
Wiſſenſchaft, die dieſe beſtimt, nemlich die Geometrie ſelbſt
nicht moͤglich ſeyn wuͤrde.

2.
Die Anticipationen
der Wahrnehmung.

Der Grundſatz, welcher alle Wahrnehmungen, als
ſolche, anticipirt, heißt ſo: In allen Erſcheinungen hat
die Empfindung, und das Reale, welches ihr an dem Ge-
genſtande entſpricht, (realitas phaenomenon) eine inten-
ſive Groͤſſe, d. i. einen Grad.

Man kan alle Erkentniß, wodurch ich dasienige,
was zur empiriſchen Erkentniß gehoͤrt, a priori erkennen
und beſtimmen kan, eine Anticipation nennen, und ohne
Zweifel iſt das die Bedeutung, in welcher Epicur ſeinen

Aus-
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[166/0196] Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt. henſion der Erſcheinung, mithin iede aͤuſſere Erfahrung, folglich auch alle Erkentniß der Gegenſtaͤnde derſelben, moͤg- lich macht, und was die Mathematik im reinen Gebrauch von iener beweiſet, das gilt auch nothwendig von dieſer. Alle Einwuͤrfe dawider ſind nur Chikanen einer falſch be- lehrten Vernunft, die irriger Weiſe die Gegenſtaͤnde der Sinne von der formalen Bedingung unſerer Sinnlichkeit loszumachen gedenkt, und ſie, obgleich ſie blos Erſcheinun- gen ſind, als Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt, dem Verſtande gegeben, vorſtellt, in welchem Falle freilich von ihnen a priori gar nichts, mithin auch nicht durch reine Begriffe vom Raume, ſynthetiſch erkant werden koͤnte und die Wiſſenſchaft, die dieſe beſtimt, nemlich die Geometrie ſelbſt nicht moͤglich ſeyn wuͤrde. 2. Die Anticipationen der Wahrnehmung. Der Grundſatz, welcher alle Wahrnehmungen, als ſolche, anticipirt, heißt ſo: In allen Erſcheinungen hat die Empfindung, und das Reale, welches ihr an dem Ge- genſtande entſpricht, (realitas phaenomenon) eine inten- ſive Groͤſſe, d. i. einen Grad. Man kan alle Erkentniß, wodurch ich dasienige, was zur empiriſchen Erkentniß gehoͤrt, a priori erkennen und beſtimmen kan, eine Anticipation nennen, und ohne Zweifel iſt das die Bedeutung, in welcher Epicur ſeinen Aus-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/196>, abgerufen am 30.12.2024.