Einleitung. Von der Idee einer Critik der praktischen Vernunft.
Der theoretische Gebrauch der Vernunft beschäff- tigte sich mit Gegenständen des bloßen Er- kenntnißvermögens, und eine Critik derselben, in Ab- sicht auf diesen Gebrauch, betraf eigentlich nur das reine Erkenntnißvermögen, weil dieses Verdacht er- regte, der sich auch hernach bestättigte, daß es sich leicht- lich über seine Grenzen, unter unerreichbare Ge- genstände, oder gar einander widerstreitende Be- griffe, verlöhre. Mit dem practischen Gebrauche der Vernunft verhält es sich schon anders. In diesem be- schäfftigt sich die Vernunft mit Bestimmungsgründen des Willens, welcher ein Vermögen ist, den Vor- stellungen entsprechende Gegenstände entweder hervor- zubringen, oder doch sich selbst zu Bewirkung dersel- ben (das physische Vermögen mag nun hinreichend seyn,
oder
Einleitung. Von der Idee einer Critik der praktiſchen Vernunft.
Der theoretiſche Gebrauch der Vernunft beſchaͤff- tigte ſich mit Gegenſtaͤnden des bloßen Er- kenntnißvermoͤgens, und eine Critik derſelben, in Ab- ſicht auf dieſen Gebrauch, betraf eigentlich nur das reine Erkenntnißvermoͤgen, weil dieſes Verdacht er- regte, der ſich auch hernach beſtaͤttigte, daß es ſich leicht- lich uͤber ſeine Grenzen, unter unerreichbare Ge- genſtaͤnde, oder gar einander widerſtreitende Be- griffe, verloͤhre. Mit dem practiſchen Gebrauche der Vernunft verhaͤlt es ſich ſchon anders. In dieſem be- ſchaͤfftigt ſich die Vernunft mit Beſtimmungsgruͤnden des Willens, welcher ein Vermoͤgen iſt, den Vor- ſtellungen entſprechende Gegenſtaͤnde entweder hervor- zubringen, oder doch ſich ſelbſt zu Bewirkung derſel- ben (das phyſiſche Vermoͤgen mag nun hinreichend ſeyn,
oder
<TEI><text><body><pbfacs="#f0037"n="[29]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Einleitung.<lb/>
Von<lb/>
der Idee einer Critik<lb/>
der<lb/>
praktiſchen Vernunft</hi>.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>er theoretiſche Gebrauch der Vernunft beſchaͤff-<lb/>
tigte ſich mit Gegenſtaͤnden des bloßen Er-<lb/>
kenntnißvermoͤgens, und eine Critik derſelben, in Ab-<lb/>ſicht auf dieſen Gebrauch, betraf eigentlich nur das<lb/><hirendition="#fr">reine</hi> Erkenntnißvermoͤgen, weil dieſes Verdacht er-<lb/>
regte, der ſich auch hernach beſtaͤttigte, daß es ſich leicht-<lb/>
lich uͤber ſeine Grenzen, unter unerreichbare Ge-<lb/>
genſtaͤnde, oder gar einander widerſtreitende Be-<lb/>
griffe, verloͤhre. Mit dem practiſchen Gebrauche der<lb/>
Vernunft verhaͤlt es ſich ſchon anders. In dieſem be-<lb/>ſchaͤfftigt ſich die Vernunft mit Beſtimmungsgruͤnden<lb/>
des Willens, welcher ein Vermoͤgen iſt, den Vor-<lb/>ſtellungen entſprechende Gegenſtaͤnde entweder hervor-<lb/>
zubringen, oder doch ſich ſelbſt zu Bewirkung derſel-<lb/>
ben (das phyſiſche Vermoͤgen mag nun hinreichend ſeyn,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">oder</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[[29]/0037]
Einleitung.
Von
der Idee einer Critik
der
praktiſchen Vernunft.
Der theoretiſche Gebrauch der Vernunft beſchaͤff-
tigte ſich mit Gegenſtaͤnden des bloßen Er-
kenntnißvermoͤgens, und eine Critik derſelben, in Ab-
ſicht auf dieſen Gebrauch, betraf eigentlich nur das
reine Erkenntnißvermoͤgen, weil dieſes Verdacht er-
regte, der ſich auch hernach beſtaͤttigte, daß es ſich leicht-
lich uͤber ſeine Grenzen, unter unerreichbare Ge-
genſtaͤnde, oder gar einander widerſtreitende Be-
griffe, verloͤhre. Mit dem practiſchen Gebrauche der
Vernunft verhaͤlt es ſich ſchon anders. In dieſem be-
ſchaͤfftigt ſich die Vernunft mit Beſtimmungsgruͤnden
des Willens, welcher ein Vermoͤgen iſt, den Vor-
ſtellungen entſprechende Gegenſtaͤnde entweder hervor-
zubringen, oder doch ſich ſelbſt zu Bewirkung derſel-
ben (das phyſiſche Vermoͤgen mag nun hinreichend ſeyn,
oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. [29]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/37>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.