Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Th. I. B. II. Hauptst. Von dem Begriffe
werden, selbst da, wo man übersinnliche Wesen (als
Gott) nach einer Analogie, d. i. dem reinen Vernunft-
verhältnisse, dessen wir in Ansehung der sinnlichen uns
practisch bedienen, und so der reinen theoretischen Ver-
nunft durch die Anwendung aufs Uebersinnliche, aber
nur in practischer Absicht, zum schwärmen ins Ueber-
schwengliche nicht den mindesten Vorschub giebt.

Der Analytik der practischen Vernunft
Zweytes Hauptstück.
Von dem
Begriffe eines Gegenstandes

der reinen practischen Vernunft.

Unter einem Begriffe der practischen Vernunft ver-
stehe ich die Vorstellung eines Objects als einer
möglichen Wirkung durch Freyheit. Ein Gegenstand
der practischen Erkenntniß, als einer solchen, zu seyn,
bedeutet also nur die Beziehung des Willens auf die Hand-
lung, dadurch er, oder sein Gegentheil, wirklichge-
macht würde, und die Beurtheilung, ob etwas ein Ge-
genstand der reinen practischen Vernunft sey, oder nicht,
ist nur die Unterscheidung der Möglichkeit oder Unmög-
lichkeit, diejenige Handlung zu wollen, wodurch, wenn
wir das Vermögen dazu hätten (worüber die Erfah-
rung urtheilen muß), ein gewisses Object wirklichwer-

den

I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe
werden, ſelbſt da, wo man uͤberſinnliche Weſen (als
Gott) nach einer Analogie, d. i. dem reinen Vernunft-
verhaͤltniſſe, deſſen wir in Anſehung der ſinnlichen uns
practiſch bedienen, und ſo der reinen theoretiſchen Ver-
nunft durch die Anwendung aufs Ueberſinnliche, aber
nur in practiſcher Abſicht, zum ſchwaͤrmen ins Ueber-
ſchwengliche nicht den mindeſten Vorſchub giebt.

Der Analytik der practiſchen Vernunft
Zweytes Hauptſtuͤck.
Von dem
Begriffe eines Gegenſtandes

der reinen practiſchen Vernunft.

Unter einem Begriffe der practiſchen Vernunft ver-
ſtehe ich die Vorſtellung eines Objects als einer
moͤglichen Wirkung durch Freyheit. Ein Gegenſtand
der practiſchen Erkenntniß, als einer ſolchen, zu ſeyn,
bedeutet alſo nur die Beziehung des Willens auf die Hand-
lung, dadurch er, oder ſein Gegentheil, wirklichge-
macht wuͤrde, und die Beurtheilung, ob etwas ein Ge-
genſtand der reinen practiſchen Vernunft ſey, oder nicht,
iſt nur die Unterſcheidung der Moͤglichkeit oder Unmoͤg-
lichkeit, diejenige Handlung zu wollen, wodurch, wenn
wir das Vermoͤgen dazu haͤtten (woruͤber die Erfah-
rung urtheilen muß), ein gewiſſes Object wirklichwer-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0108" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> B. <hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;t. Von dem Begriffe</fw><lb/>
werden, &#x017F;elb&#x017F;t da, wo man u&#x0364;ber&#x017F;innliche We&#x017F;en (als<lb/>
Gott) nach einer Analogie, d. i. dem reinen Vernunft-<lb/>
verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, de&#x017F;&#x017F;en wir in An&#x017F;ehung der &#x017F;innlichen uns<lb/>
practi&#x017F;ch bedienen, und &#x017F;o der reinen theoreti&#x017F;chen Ver-<lb/>
nunft durch die Anwendung aufs Ueber&#x017F;innliche, aber<lb/>
nur in practi&#x017F;cher Ab&#x017F;icht, zum &#x017F;chwa&#x0364;rmen ins Ueber-<lb/>
&#x017F;chwengliche nicht den minde&#x017F;ten Vor&#x017F;chub giebt.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Analytik der practi&#x017F;chen Vernunft<lb/>
Zweytes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.<lb/><hi rendition="#g">Von dem<lb/>
Begriffe eines Gegen&#x017F;tandes</hi><lb/>
der reinen practi&#x017F;chen Vernunft.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">U</hi>nter einem Begriffe der practi&#x017F;chen Vernunft ver-<lb/>
&#x017F;tehe ich die Vor&#x017F;tellung eines Objects als einer<lb/>
mo&#x0364;glichen Wirkung durch Freyheit. Ein Gegen&#x017F;tand<lb/>
der practi&#x017F;chen Erkenntniß, als einer &#x017F;olchen, zu &#x017F;eyn,<lb/>
bedeutet al&#x017F;o nur die Beziehung des Willens auf die Hand-<lb/>
lung, dadurch er, oder &#x017F;ein Gegentheil, wirklichge-<lb/>
macht wu&#x0364;rde, und die Beurtheilung, ob etwas ein Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand der <hi rendition="#fr">reinen</hi> practi&#x017F;chen Vernunft &#x017F;ey, oder nicht,<lb/>
i&#x017F;t nur die Unter&#x017F;cheidung der Mo&#x0364;glichkeit oder Unmo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit, diejenige Handlung zu <hi rendition="#fr">wollen,</hi> wodurch, wenn<lb/>
wir das Vermo&#x0364;gen dazu ha&#x0364;tten (woru&#x0364;ber die Erfah-<lb/>
rung urtheilen muß), ein gewi&#x017F;&#x017F;es Object wirklichwer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0108] I. Th. I. B. II. Hauptſt. Von dem Begriffe werden, ſelbſt da, wo man uͤberſinnliche Weſen (als Gott) nach einer Analogie, d. i. dem reinen Vernunft- verhaͤltniſſe, deſſen wir in Anſehung der ſinnlichen uns practiſch bedienen, und ſo der reinen theoretiſchen Ver- nunft durch die Anwendung aufs Ueberſinnliche, aber nur in practiſcher Abſicht, zum ſchwaͤrmen ins Ueber- ſchwengliche nicht den mindeſten Vorſchub giebt. Der Analytik der practiſchen Vernunft Zweytes Hauptſtuͤck. Von dem Begriffe eines Gegenſtandes der reinen practiſchen Vernunft. Unter einem Begriffe der practiſchen Vernunft ver- ſtehe ich die Vorſtellung eines Objects als einer moͤglichen Wirkung durch Freyheit. Ein Gegenſtand der practiſchen Erkenntniß, als einer ſolchen, zu ſeyn, bedeutet alſo nur die Beziehung des Willens auf die Hand- lung, dadurch er, oder ſein Gegentheil, wirklichge- macht wuͤrde, und die Beurtheilung, ob etwas ein Ge- genſtand der reinen practiſchen Vernunft ſey, oder nicht, iſt nur die Unterſcheidung der Moͤglichkeit oder Unmoͤg- lichkeit, diejenige Handlung zu wollen, wodurch, wenn wir das Vermoͤgen dazu haͤtten (woruͤber die Erfah- rung urtheilen muß), ein gewiſſes Object wirklichwer- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/108
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/108>, abgerufen am 17.11.2024.