Viertes Kapitel. Beschreibung der Posthäuser, Herbergen, Garkü- chen, Theebuden.
Die vornehmsten Flecken und Dörfer an unserer Landstraße sind für die Reisenden mit einem herrschaftlichen Posthause versehen, wo man eine Menge Pferde, Träger, Boten, und was zur Beförderung der Reise nöthig ist, um einen gewissen Preis zu aller Zeit haben, und die ermüdeten oder nicht weiter gemietheten Pferde und Menschen abwechseln kan. Weil an solchen Wechselörtern oder Postflecken, Japanisch Sjuku ge- nant, die benöthigten Dinge und bequeme Herbergen anzutreffen sind, so werden sie gern zum Einkehren erwählt. Sie liegen je anderthalb bis vier Meilen von einander, sind aber auf der kleinen Landreise über Kiusju nicht so ordentlich und gut als auf Nipon eingerich- tet, alwo derselben von Osaka bis Jedo 56 durchpassirt werden. Die Häuser selbst sind nicht zur Wirthschaft, sondern nur zur Stallung der Pferde gebauet, und mit einem vorlie- genden Platze versehen, damit alda, ohne die öffentliche Straße zu sperren, das nöthige bei der Abwechselung geschehen kan. Viele Schreiber und Buchhalter besorgen die Unter- haltung des Postwesens, und müssen die Rechnung davon bei der herrschaftlichen Cammer ablegen. Der Preis für die Passagiers ist durch das ganze Reich feste gesezt, und von der einen Sjuku bis zu der nächsten nicht nur nach der Distanz, sondern auch nach der Beschaf- fenheit eines bösen oder guten Weges, theuren oder wohlfeilen Futters und anderer Umstände regulirt. Eine Station in die andere gerechnet, bezahlet man auf jede Meile:
Für eine Norickacki, d. i. ein mit zwei Feleisen und Betzeug beladenes Pferd zu reiten, 33 Senni.
Für ein Karasiri, d. i. blos gesatteltes Pferd, 25 Senni, und
Für jeden Träger der Cangos oder einer andern Last, 13 Senni.
Auch stehen hier zu Fortbringung der Kaiserlichen und Landesfürstlichen Briefe Tag und Nacht Postläufer bereit; diese bringen selbige ohne den geringsten Verzug in un-
unter-
Viertes Kapitel. Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, Garkuͤ- chen, Theebuden.
Die vornehmſten Flecken und Doͤrfer an unſerer Landſtraße ſind fuͤr die Reiſenden mit einem herrſchaftlichen Poſthauſe verſehen, wo man eine Menge Pferde, Traͤger, Boten, und was zur Befoͤrderung der Reiſe noͤthig iſt, um einen gewiſſen Preis zu aller Zeit haben, und die ermuͤdeten oder nicht weiter gemietheten Pferde und Menſchen abwechſeln kan. Weil an ſolchen Wechſeloͤrtern oder Poſtflecken, Japaniſch Sjuku ge- nant, die benoͤthigten Dinge und bequeme Herbergen anzutreffen ſind, ſo werden ſie gern zum Einkehren erwaͤhlt. Sie liegen je anderthalb bis vier Meilen von einander, ſind aber auf der kleinen Landreiſe uͤber Kiuſju nicht ſo ordentlich und gut als auf Nipon eingerich- tet, alwo derſelben von Oſaka bis Jedo 56 durchpaſſirt werden. Die Haͤuſer ſelbſt ſind nicht zur Wirthſchaft, ſondern nur zur Stallung der Pferde gebauet, und mit einem vorlie- genden Platze verſehen, damit alda, ohne die oͤffentliche Straße zu ſperren, das noͤthige bei der Abwechſelung geſchehen kan. Viele Schreiber und Buchhalter beſorgen die Unter- haltung des Poſtweſens, und muͤſſen die Rechnung davon bei der herrſchaftlichen Cammer ablegen. Der Preis fuͤr die Paſſagiers iſt durch das ganze Reich feſte geſezt, und von der einen Sjuku bis zu der naͤchſten nicht nur nach der Diſtanz, ſondern auch nach der Beſchaf- fenheit eines boͤſen oder guten Weges, theuren oder wohlfeilen Futters und anderer Umſtaͤnde regulirt. Eine Station in die andere gerechnet, bezahlet man auf jede Meile:
Fuͤr eine Norickacki, d. i. ein mit zwei Feleiſen und Betzeug beladenes Pferd zu reiten, 33 Senni.
Fuͤr ein Karaſiri, d. i. blos geſatteltes Pferd, 25 Senni, und
Fuͤr jeden Traͤger der Cangos oder einer andern Laſt, 13 Senni.
Auch ſtehen hier zu Fortbringung der Kaiſerlichen und Landesfuͤrſtlichen Briefe Tag und Nacht Poſtlaͤufer bereit; dieſe bringen ſelbige ohne den geringſten Verzug in un-
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Viertes Kapitel.
Beſchreibung der Poſthaͤuſer, Herbergen, Garkuͤ-
chen, Theebuden.
Die vornehmſten Flecken und Doͤrfer an unſerer Landſtraße ſind fuͤr die Reiſenden mit
einem herrſchaftlichen Poſthauſe verſehen, wo man eine Menge Pferde, Traͤger,
Boten, und was zur Befoͤrderung der Reiſe noͤthig iſt, um einen gewiſſen Preis
zu aller Zeit haben, und die ermuͤdeten oder nicht weiter gemietheten Pferde und Menſchen
abwechſeln kan. Weil an ſolchen Wechſeloͤrtern oder Poſtflecken, Japaniſch Sjuku ge-
nant, die benoͤthigten Dinge und bequeme Herbergen anzutreffen ſind, ſo werden ſie gern
zum Einkehren erwaͤhlt. Sie liegen je anderthalb bis vier Meilen von einander, ſind aber
auf der kleinen Landreiſe uͤber Kiuſju nicht ſo ordentlich und gut als auf Nipon eingerich-
tet, alwo derſelben von Oſaka bis Jedo 56 durchpaſſirt werden. Die Haͤuſer ſelbſt ſind
nicht zur Wirthſchaft, ſondern nur zur Stallung der Pferde gebauet, und mit einem vorlie-
genden Platze verſehen, damit alda, ohne die oͤffentliche Straße zu ſperren, das noͤthige
bei der Abwechſelung geſchehen kan. Viele Schreiber und Buchhalter beſorgen die Unter-
haltung des Poſtweſens, und muͤſſen die Rechnung davon bei der herrſchaftlichen Cammer
ablegen. Der Preis fuͤr die Paſſagiers iſt durch das ganze Reich feſte geſezt, und von der
einen Sjuku bis zu der naͤchſten nicht nur nach der Diſtanz, ſondern auch nach der Beſchaf-
fenheit eines boͤſen oder guten Weges, theuren oder wohlfeilen Futters und anderer Umſtaͤnde
regulirt. Eine Station in die andere gerechnet, bezahlet man auf jede Meile:
Fuͤr eine Norickacki, d. i. ein mit zwei Feleiſen und Betzeug beladenes Pferd zu
reiten, 33 Senni.
Fuͤr ein Karaſiri, d. i. blos geſatteltes Pferd, 25 Senni, und
Fuͤr jeden Traͤger der Cangos oder einer andern Laſt, 13 Senni.
Auch ſtehen hier zu Fortbringung der Kaiſerlichen und Landesfuͤrſtlichen Briefe
Tag und Nacht Poſtlaͤufer bereit; dieſe bringen ſelbige ohne den geringſten Verzug in un-
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/186>, abgerufen am 03.12.2024.
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