Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Drit. Kap. Folge der geistlichen Erbkaiser etc. Kind merkend, zugegen gewesen; die Natur habe seinen Vorkopf etwas vorausstehendgemacht, und mit Finnen versehen, wie bey dem Kaiser Syüm, sein Angesicht sey dem des Kaisers Gio ähnlich gewesen, und kurz zu sagen, es sollen alle Merkmale eines künf- tigen Sesin, das ist einer Person von ungemeinem Verstande und hoher Gelehr- samkeit an ihm sich gezeigt haben. Seine äusserliche Leibesgestalt nahm an edelm und majestätischem Ansehen mit den Jahren zu; dann er war neun Sak und sechs Sun hoch. Seine Schriften und hauptsächlich diejenigen, welche die Moralphilosophie angehn, sind in Europa nicht unbekant. Durch diese Schriften, worin er alle seine Gelehrsamkeit zum algemeinen Nutzen der Menschen angewandt hat, wie auch durch sein tugendhaftes und exemplarisches Leben, und durch die große Anzahl seiner Schüler, deren niemals unter 3000 gewesen seyn sollen, hat er eine solche Stuffe des Ruhms und der Hochachtung in seinem eignen Lande, wie auch in Japan erworben, daß nach seinem Tode ihm zum Gedächtnis Ehrentempel aufgerichtet sind, worin er mit demütiger Ehrfurcht ja sogar götlicher Anbetung bis auf den heutigen Tag verehret wird. Er starb im 74ten Jahr seines Alters.*) Sui Sei aber regierte 33 und lebte 84 Jahr. Dai III. Sein Sohn Annei**) folgte ihm im Jahr nach Synmu 113 vor Christi Ge- Dai IV. Sein zweiter Sohn J Toku+) folgte ihm im Jahr nach Synmu 151 und im Dai V. *) Charlevoix wirst hier K. vor, er habe Confucius im 77ten Jahre sterben lassen; welches aber falsch ist, und nur des Jesuiten Flüchtigkeit beweist. Sogar in der französischen Uebersetzung wie in der englischen steht 74. **) Er heist bei Deguignes auch An-nei; sinesisch aber Gan-nim. ***) Nach Deguignes 549. +) Sinesisch Y-te. ++) Deguignes, 78. A a 3
Drit. Kap. Folge der geiſtlichen Erbkaiſer ꝛc. Kind merkend, zugegen geweſen; die Natur habe ſeinen Vorkopf etwas vorausſtehendgemacht, und mit Finnen verſehen, wie bey dem Kaiſer Syuͤm, ſein Angeſicht ſey dem des Kaiſers Gio aͤhnlich geweſen, und kurz zu ſagen, es ſollen alle Merkmale eines kuͤnf- tigen Seſin, das iſt einer Perſon von ungemeinem Verſtande und hoher Gelehr- ſamkeit an ihm ſich gezeigt haben. Seine aͤuſſerliche Leibesgeſtalt nahm an edelm und majeſtaͤtiſchem Anſehen mit den Jahren zu; dann er war neun Sak und ſechs Sun hoch. Seine Schriften und hauptſaͤchlich diejenigen, welche die Moralphiloſophie angehn, ſind in Europa nicht unbekant. Durch dieſe Schriften, worin er alle ſeine Gelehrſamkeit zum algemeinen Nutzen der Menſchen angewandt hat, wie auch durch ſein tugendhaftes und exemplariſches Leben, und durch die große Anzahl ſeiner Schuͤler, deren niemals unter 3000 geweſen ſeyn ſollen, hat er eine ſolche Stuffe des Ruhms und der Hochachtung in ſeinem eignen Lande, wie auch in Japan erworben, daß nach ſeinem Tode ihm zum Gedaͤchtnis Ehrentempel aufgerichtet ſind, worin er mit demuͤtiger Ehrfurcht ja ſogar goͤtlicher Anbetung bis auf den heutigen Tag verehret wird. Er ſtarb im 74ten Jahr ſeines Alters.*) Sui Sei aber regierte 33 und lebte 84 Jahr. Dai III. Sein Sohn Annei**) folgte ihm im Jahr nach Synmu 113 vor Chriſti Ge- Dai IV. Sein zweiter Sohn J Toku†) folgte ihm im Jahr nach Synmu 151 und im Dai V. *) Charlevoix wirſt hier K. vor, er habe Confucius im 77ten Jahre ſterben laſſen; welches aber falſch iſt, und nur des Jeſuiten Fluͤchtigkeit beweiſt. Sogar in der franzoͤſiſchen Ueberſetzung wie in der engliſchen ſteht 74. **) Er heiſt bei Deguignes auch An-nei; ſineſiſch aber Gan-nim. ***) Nach Deguignes 549. †) Sineſiſch Y-te. ††) Deguignes, 78. A a 3
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gemacht, und mit Finnen verſehen, wie bey dem Kaiſer Syuͤm, ſein Angeſicht ſey dem
des Kaiſers Gio aͤhnlich geweſen, und kurz zu ſagen, es ſollen alle Merkmale eines kuͤnf-
tigen Seſin, das iſt einer Perſon von ungemeinem Verſtande und hoher Gelehr-
ſamkeit an ihm ſich gezeigt haben. Seine aͤuſſerliche Leibesgeſtalt nahm an edelm und
majeſtaͤtiſchem Anſehen mit den Jahren zu; dann er war neun Sak und ſechs Sun hoch.
Seine Schriften und hauptſaͤchlich diejenigen, welche die Moralphiloſophie angehn, ſind
in Europa nicht unbekant. Durch dieſe Schriften, worin er alle ſeine Gelehrſamkeit zum
algemeinen Nutzen der Menſchen angewandt hat, wie auch durch ſein tugendhaftes und
exemplariſches Leben, und durch die große Anzahl ſeiner Schuͤler, deren niemals unter
3000 geweſen ſeyn ſollen, hat er eine ſolche Stuffe des Ruhms und der Hochachtung in ſeinem
eignen Lande, wie auch in Japan erworben, daß nach ſeinem Tode ihm zum Gedaͤchtnis
Ehrentempel aufgerichtet ſind, worin er mit demuͤtiger Ehrfurcht ja ſogar goͤtlicher Anbetung
bis auf den heutigen Tag verehret wird. Er ſtarb im 74ten Jahr ſeines Alters. *) Sui
Sei aber regierte 33 und lebte 84 Jahr.
Dai III.
Sein Sohn Annei **) folgte ihm im Jahr nach Synmu 113 vor Chriſti Ge-
burt 548. ***) Jm 32ſten Jahre ſeiner Regierung, und im 516 vor Chriſto
wurde in China in der Provinz Rokokf gebohren, Ganquai, ein ſehr gelehr-
ter Man und anſehnlicher Juͤnger des Confucius. Es wird von ihm als merkwuͤrdig
erzaͤhlt, daß er im 18ten Jahr ſeines Alters volkommen grau geworden und wie ein alter
Man ausgeſehen habe. Er lebte 32 Jahr, und man glaubt, daß die Sele des Quoſo-
boſats in ihn gefahren ſey. Annei regierte 38 und lebte 57 Jahr.
Dai IV.
Sein zweiter Sohn J Toku †) folgte ihm im Jahr nach Synmu 151 und im
511ten vor Chriſti Geburt, im 44ten Jahr ſeines Alters. Jm 4ten Jahr ſeines Reichs
verruͤkte er ſeinen Hof und Reſidenz nach Keitz, wo er ſtarb, nach einer 35jaͤhrigen Regierung
im 77ten Jahr ††) ſeines Alters.
Dai V.
*) Charlevoix wirſt hier K. vor, er habe
Confucius im 77ten Jahre ſterben laſſen; welches
aber falſch iſt, und nur des Jeſuiten Fluͤchtigkeit
beweiſt. Sogar in der franzoͤſiſchen Ueberſetzung
wie in der engliſchen ſteht 74.
**) Er heiſt bei Deguignes auch An-nei;
ſineſiſch aber Gan-nim.
***) Nach Deguignes 549.
†) Sineſiſch Y-te.
††) Deguignes, 78.
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