Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. den Berg, welcher vor wenig Jahren einfiel, und in die See stürzte. Man fand hieraufeinen so reichen Goldsand und Erz, wie mir glaubwürdig erzählt wurde, welches die Hälfte reines Goldes enthielt, aber durch Taucher aus der Tiefe herausgeholt werden muste. Allein diese Erndte währte nur wenig Jahre. Denn bald nachher trug es sich zu, daß durch die Macht der Wellen, die aus der ofnen ungestümen See herdrangen, dieser goldene Boden Faden hoch mit Moder überschwemt und der unschäzbare Reichthum verschlungen wurde. Arme, müssige*) Leute samlen daselbst noch heutiges Tages am Ufer Sand; und erhalten durch langes Spülen einiges Gold; wiewol so wenig, daß sie sich davon nicht ernähren kön- nen. Jn Tsikungo beim Dorfe Fossino befindet sich eine Goldgrube, zwar voller Was- ser, doch hoch und so gelegen, daß man den Fels an der niedern Seite durchboren, und von seinem Wasser befreien kan; als man dieses ins Werk zu stellen versucht, ist plözlich ein er- schrökliches Donner und Ungewitter entstanden, welches die Arbeiter genöthiget, von ihrem Vorhaben abzustehen, und alle Menschen bewogen zu glauben, daß der Cami oder Gott dieses Bodens solches nicht zugestehen wolle. Aus Furcht für seinem Zorn hat man nach der Zeit die Arbeit nicht wieder unternommen. Eben dieses urtheilt man auch von einem goldreichen Erzberge, auf der Jnsel Amakusa: woselbst ein hervorquellendes Wasser die Minen angefült, alle Maschinen ruinirt, und die Arbeiter zur Erhaltung ihres Lebens zum Fliehen gebracht hat. Silber. Silber liefert die Landschaft Bungo; in größerer Menge ein unter den nördlichen Kupfer. Kupfer ist das meiste Metal dieser Länder; und wird jezt würklich gebrochen in der aber *) [Spaltenumbruch]
Jn der englischen Uebersetzung fehlt das Wort, müssige; und gleich darauf steht, daß sie [Spaltenumbruch] (die Goldsucher) kaum dadurch ihren Lebensun- terhalt erwerben können." Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. den Berg, welcher vor wenig Jahren einfiel, und in die See ſtuͤrzte. Man fand hieraufeinen ſo reichen Goldſand und Erz, wie mir glaubwuͤrdig erzaͤhlt wurde, welches die Haͤlfte reines Goldes enthielt, aber durch Taucher aus der Tiefe herausgeholt werden muſte. Allein dieſe Erndte waͤhrte nur wenig Jahre. Denn bald nachher trug es ſich zu, daß durch die Macht der Wellen, die aus der ofnen ungeſtuͤmen See herdrangen, dieſer goldene Boden Faden hoch mit Moder uͤberſchwemt und der unſchaͤzbare Reichthum verſchlungen wurde. Arme, muͤſſige*) Leute ſamlen daſelbſt noch heutiges Tages am Ufer Sand; und erhalten durch langes Spuͤlen einiges Gold; wiewol ſo wenig, daß ſie ſich davon nicht ernaͤhren koͤn- nen. Jn Tſikungo beim Dorfe Foſſino befindet ſich eine Goldgrube, zwar voller Waſ- ſer, doch hoch und ſo gelegen, daß man den Fels an der niedern Seite durchboren, und von ſeinem Waſſer befreien kan; als man dieſes ins Werk zu ſtellen verſucht, iſt ploͤzlich ein er- ſchroͤkliches Donner und Ungewitter entſtanden, welches die Arbeiter genoͤthiget, von ihrem Vorhaben abzuſtehen, und alle Menſchen bewogen zu glauben, daß der Cami oder Gott dieſes Bodens ſolches nicht zugeſtehen wolle. Aus Furcht fuͤr ſeinem Zorn hat man nach der Zeit die Arbeit nicht wieder unternommen. Eben dieſes urtheilt man auch von einem goldreichen Erzberge, auf der Jnſel Amakuſa: woſelbſt ein hervorquellendes Waſſer die Minen angefuͤlt, alle Maſchinen ruinirt, und die Arbeiter zur Erhaltung ihres Lebens zum Fliehen gebracht hat. Silber. Silber liefert die Landſchaft Bungo; in groͤßerer Menge ein unter den noͤrdlichen Kupfer. Kupfer iſt das meiſte Metal dieſer Laͤnder; und wird jezt wuͤrklich gebrochen in der aber *) [Spaltenumbruch]
Jn der engliſchen Ueberſetzung fehlt das Wort, muͤſſige; und gleich darauf ſteht, daß ſie [Spaltenumbruch] (die Goldſucher) kaum dadurch ihren Lebensun- terhalt erwerben koͤnnen.‟ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0212" n="124"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.</hi></fw><lb/> den Berg, welcher vor wenig Jahren einfiel, und in die See ſtuͤrzte. Man fand hierauf<lb/> einen ſo reichen Goldſand und Erz, wie mir glaubwuͤrdig erzaͤhlt wurde, welches die Haͤlfte<lb/> reines Goldes enthielt, aber durch Taucher aus der Tiefe herausgeholt werden muſte. Allein<lb/> dieſe Erndte waͤhrte nur wenig Jahre. Denn bald nachher trug es ſich zu, daß durch die<lb/> Macht der Wellen, die aus der ofnen ungeſtuͤmen See herdrangen, dieſer goldene Boden<lb/> Faden hoch mit Moder uͤberſchwemt und der unſchaͤzbare Reichthum verſchlungen wurde.<lb/> Arme, muͤſſige<note place="foot" n="*)"><cb/><lb/> Jn der engliſchen Ueberſetzung fehlt das<lb/> Wort, muͤſſige; und gleich darauf ſteht, daß ſie<lb/><cb/> (die Goldſucher) kaum dadurch ihren Lebensun-<lb/> terhalt erwerben koͤnnen.‟</note> Leute ſamlen daſelbſt noch heutiges Tages am Ufer Sand; und erhalten<lb/> durch langes Spuͤlen einiges Gold; wiewol ſo wenig, daß ſie ſich davon nicht ernaͤhren koͤn-<lb/> nen. Jn <hi rendition="#fr">Tſikungo</hi> beim Dorfe <hi rendition="#fr">Foſſino</hi> befindet ſich eine Goldgrube, zwar voller Waſ-<lb/> ſer, doch hoch und ſo gelegen, daß man den Fels an der niedern Seite durchboren, und von<lb/> ſeinem Waſſer befreien kan; als man dieſes ins Werk zu ſtellen verſucht, iſt ploͤzlich ein er-<lb/> ſchroͤkliches Donner und Ungewitter entſtanden, welches die Arbeiter genoͤthiget, von ihrem<lb/> Vorhaben abzuſtehen, und alle Menſchen bewogen zu glauben, daß der <hi rendition="#fr">Cami</hi> oder Gott<lb/> dieſes Bodens ſolches nicht zugeſtehen wolle. Aus Furcht fuͤr ſeinem Zorn hat man nach<lb/> der Zeit die Arbeit nicht wieder unternommen. Eben dieſes urtheilt man auch von einem<lb/> goldreichen Erzberge, auf der Jnſel <hi rendition="#fr">Amakuſa:</hi> woſelbſt ein hervorquellendes Waſſer die<lb/> Minen angefuͤlt, alle Maſchinen ruinirt, und die Arbeiter zur Erhaltung ihres Lebens zum<lb/> Fliehen gebracht hat.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Silber</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Silber liefert die Landſchaft <hi rendition="#fr">Bungo;</hi> in groͤßerer Menge ein unter den noͤrdlichen<lb/> großen Provinzen gelegner Ort, namens <hi rendition="#fr">Kittami,</hi> wie auch andere Oerter, die mir nicht<lb/> recht bekant geworden ſind. Die nach Oſten von Japan gelegene Silber- und Goldreiche<lb/> Jnſeln <hi rendition="#fr">Ginſima</hi> und <hi rendition="#fr">Kinſima,</hi> deren im 4ten Cap. dieſes Buchs Erwehnung geſchehen iſt,<lb/> gehoͤren auch hieher, wenn anders ihr Name und Character nicht erdichtet iſt.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Kupfer</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Kupfer iſt das meiſte Metal dieſer Laͤnder; und wird jezt wuͤrklich gebrochen in der<lb/> Provinz <hi rendition="#fr">Suruga, Atſingo,</hi> und <hi rendition="#fr">Kyno Kuni.</hi> Leztere Provinz giebt das feinſte und<lb/> geſchmeidigſte in der ganzen Welt; <hi rendition="#fr">Atſingo</hi> ein ſehr ſchlechtes; und muͤſſen deswegen zu<lb/> 70 <hi rendition="#fr">Catti, 30 Catti,</hi> von den Kiiſchen zugeſezt, und dadurch geſchmeidig gemacht werden.<lb/> Das <hi rendition="#fr">Surugaſche</hi> iſt an ſich ohne Tadel, und zugleich ſehr goldreich: die Japaner wiſſen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0212]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
den Berg, welcher vor wenig Jahren einfiel, und in die See ſtuͤrzte. Man fand hierauf
einen ſo reichen Goldſand und Erz, wie mir glaubwuͤrdig erzaͤhlt wurde, welches die Haͤlfte
reines Goldes enthielt, aber durch Taucher aus der Tiefe herausgeholt werden muſte. Allein
dieſe Erndte waͤhrte nur wenig Jahre. Denn bald nachher trug es ſich zu, daß durch die
Macht der Wellen, die aus der ofnen ungeſtuͤmen See herdrangen, dieſer goldene Boden
Faden hoch mit Moder uͤberſchwemt und der unſchaͤzbare Reichthum verſchlungen wurde.
Arme, muͤſſige *) Leute ſamlen daſelbſt noch heutiges Tages am Ufer Sand; und erhalten
durch langes Spuͤlen einiges Gold; wiewol ſo wenig, daß ſie ſich davon nicht ernaͤhren koͤn-
nen. Jn Tſikungo beim Dorfe Foſſino befindet ſich eine Goldgrube, zwar voller Waſ-
ſer, doch hoch und ſo gelegen, daß man den Fels an der niedern Seite durchboren, und von
ſeinem Waſſer befreien kan; als man dieſes ins Werk zu ſtellen verſucht, iſt ploͤzlich ein er-
ſchroͤkliches Donner und Ungewitter entſtanden, welches die Arbeiter genoͤthiget, von ihrem
Vorhaben abzuſtehen, und alle Menſchen bewogen zu glauben, daß der Cami oder Gott
dieſes Bodens ſolches nicht zugeſtehen wolle. Aus Furcht fuͤr ſeinem Zorn hat man nach
der Zeit die Arbeit nicht wieder unternommen. Eben dieſes urtheilt man auch von einem
goldreichen Erzberge, auf der Jnſel Amakuſa: woſelbſt ein hervorquellendes Waſſer die
Minen angefuͤlt, alle Maſchinen ruinirt, und die Arbeiter zur Erhaltung ihres Lebens zum
Fliehen gebracht hat.
Silber.
Silber liefert die Landſchaft Bungo; in groͤßerer Menge ein unter den noͤrdlichen
großen Provinzen gelegner Ort, namens Kittami, wie auch andere Oerter, die mir nicht
recht bekant geworden ſind. Die nach Oſten von Japan gelegene Silber- und Goldreiche
Jnſeln Ginſima und Kinſima, deren im 4ten Cap. dieſes Buchs Erwehnung geſchehen iſt,
gehoͤren auch hieher, wenn anders ihr Name und Character nicht erdichtet iſt.
Kupfer.
Kupfer iſt das meiſte Metal dieſer Laͤnder; und wird jezt wuͤrklich gebrochen in der
Provinz Suruga, Atſingo, und Kyno Kuni. Leztere Provinz giebt das feinſte und
geſchmeidigſte in der ganzen Welt; Atſingo ein ſehr ſchlechtes; und muͤſſen deswegen zu
70 Catti, 30 Catti, von den Kiiſchen zugeſezt, und dadurch geſchmeidig gemacht werden.
Das Surugaſche iſt an ſich ohne Tadel, und zugleich ſehr goldreich: die Japaner wiſſen
aber
*)
Jn der engliſchen Ueberſetzung fehlt das
Wort, muͤſſige; und gleich darauf ſteht, daß ſie
(die Goldſucher) kaum dadurch ihren Lebensun-
terhalt erwerben koͤnnen.‟
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