Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Sechstes Kapitel. Ueber den Ursprung der Japaner. Unsre meisten Geographen haben sich für die Meinung erklärt, daß die Japaner von Die andre Geschichte ist folgende: Ein kaiserlicher Leibarzt bildete seinem Herrn Was die erste dieser Geschichten betrift, so wird sie sine die & consule von den aber *) Die gewöhnliche und eigenthümliche Thorheit fast aller Kaiser von Sina. **) D. i. den Holländern.
Sechſtes Kapitel. Ueber den Urſprung der Japaner. Unſre meiſten Geographen haben ſich fuͤr die Meinung erklaͤrt, daß die Japaner von Die andre Geſchichte iſt folgende: Ein kaiſerlicher Leibarzt bildete ſeinem Herrn Was die erſte dieſer Geſchichten betrift, ſo wird ſie ſine die & conſule von den aber *) Die gewoͤhnliche und eigenthuͤmliche Thorheit faſt aller Kaiſer von Sina. **) D. i. den Hollaͤndern.
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Sechſtes Kapitel.
Ueber den Urſprung der Japaner.
Unſre meiſten Geographen haben ſich fuͤr die Meinung erklaͤrt, daß die Japaner von
den Sineſern herſtammen. Sie ſind dazu vorzuͤglich durch folgende zwei Geſchich-
ten veranlaßt, die ihnen unſre Reiſende aus dieſen Oſtgegenden uͤberbracht haben. Die
erſte dieſer Geſchichten iſt folgende: Es haben ſich einmal in Sina viele Familien wider
ihren Kaiſer verſchworen. Dieſe Verſchwoͤrung ſei aber zu fruͤh bekant geworden, und der
Kaiſer habe alle Schuldige ohne alle Gnade und Unterſchied hinrichten laſſen. Da man
aber nach und nach immer mehr Verſchworne entdekte, und des Bluvergießens muͤde wurde;
ſo habe ſich der Kaiſer entſchloſſen, die Strafe des Todes in die einer ewigen Verbannung
zu verwandeln. Man habe alſo die Verbrecher nach den damaligen rauhen und unbewohn-
ten japaniſchen Eylanden verbant, und dieſe waͤren alſo die Stamvaͤter der jetzigen zahlrei-
chen und maͤchtigen japaniſchen Nation geworden.
Die andre Geſchichte iſt folgende: Ein kaiſerlicher Leibarzt bildete ſeinem Herrn
ein, der eine große Neigung hatte ſich unſterblich zu machen, *) daß die Pflanzen, welche
zu einer ſolchen Arznei nothwendig waͤren, nirgend anders als auf den japaniſchen Jnſeln
von unbeflekten jungen Perſonen koͤnten geſucht werden. Er bat ſich alſo vom Kaiſer 300
reine Juͤnglinge und 300 reine Maͤdchen aus, mit denen er nach Japan uͤberfuhr. Die
Abſicht des ſchlauen Arztes war aber nur dieſe, ſich der Tirannei ſeines Herrn zu entziehen;
und er wurde alſo mit ſeiner friſchen Jugend der Stamvater der japaniſchen Nation.
Was die erſte dieſer Geſchichten betrift, ſo wird ſie ſine die & conſule von den
unſrigen **) erzaͤhlt, und iſt von Linſchoot zuerſt unter die Schriftſteller gebracht. Da
aber
*) Die gewoͤhnliche und eigenthuͤmliche Thorheit faſt aller Kaiſer von Sina.
**) D. i. den Hollaͤndern.
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