Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. und die Pfaffen getödtet habe. Da nun die Siamer ihre Soncarad oder geistliche Jahr-rechnung von dem Tode ihres großen Heiligen anheben, und in diesem 1690sten Jahre Christi ihr 2234stes schreiben; so fält es in die Augen, daß dies ohngefehr auf jene Zeit hinausgehe, und die Vermuthung wird also wahrscheinlich, daß damals ein vornehmer memphitischer Priester (den man Budha Sacka, d. i. den großen Heiligen nante) nach Jndien geflüchtet sey, und daselbst seiner Lehre so viel Beifal erworben habe, daß sie sich bis in den entferntesten Osten ausgebreitet hat. Drittens bezeugen auch die Caffernhaare des Heiligen, daß er kein Jndianer, Charakter der Siamer. Jhre Geistliche. Die Siamer sind von Natur ein frommes, einfältiges Volk, und besonders füh- Diese Geistliche haben verschiedene Würden und Rangordnungen unter sich. Erstlich aus Jüngern, die sich Dsjauneen, d. i. Fratres, geistliche Studen- Zwei-
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. und die Pfaffen getoͤdtet habe. Da nun die Siamer ihre Soncarad oder geiſtliche Jahr-rechnung von dem Tode ihres großen Heiligen anheben, und in dieſem 1690ſten Jahre Chriſti ihr 2234ſtes ſchreiben; ſo faͤlt es in die Augen, daß dies ohngefehr auf jene Zeit hinausgehe, und die Vermuthung wird alſo wahrſcheinlich, daß damals ein vornehmer memphitiſcher Prieſter (den man Budha Sacka, d. i. den großen Heiligen nante) nach Jndien gefluͤchtet ſey, und daſelbſt ſeiner Lehre ſo viel Beifal erworben habe, daß ſie ſich bis in den entfernteſten Oſten ausgebreitet hat. Drittens bezeugen auch die Caffernhaare des Heiligen, daß er kein Jndianer, Charakter der Siamer. Jhre Geiſtliche. Die Siamer ſind von Natur ein frommes, einfaͤltiges Volk, und beſonders fuͤh- Dieſe Geiſtliche haben verſchiedene Wuͤrden und Rangordnungen unter ſich. Erſtlich aus Juͤngern, die ſich Dſjauneen, d. i. Fratres, geiſtliche Studen- Zwei-
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
und die Pfaffen getoͤdtet habe. Da nun die Siamer ihre Soncarad oder geiſtliche Jahr-
rechnung von dem Tode ihres großen Heiligen anheben, und in dieſem 1690ſten Jahre
Chriſti ihr 2234ſtes ſchreiben; ſo faͤlt es in die Augen, daß dies ohngefehr auf jene Zeit
hinausgehe, und die Vermuthung wird alſo wahrſcheinlich, daß damals ein vornehmer
memphitiſcher Prieſter (den man Budha Sacka, d. i. den großen Heiligen nante) nach
Jndien gefluͤchtet ſey, und daſelbſt ſeiner Lehre ſo viel Beifal erworben habe, daß ſie ſich
bis in den entfernteſten Oſten ausgebreitet hat.
Drittens bezeugen auch die Caffernhaare des Heiligen, daß er kein Jndianer,
ſondern ein Afrikaner aus einem heißen Himmelsſtrich geweſen ſey. Denn unter dem in-
dianiſchen Himmel bekommen die ſchwarzen Einwohner keine krauſe Wolle, ſondern lange
oder auch etwas gekruͤlte ſchwarze Haare. Und obgleich die Siamer ihre Haare bis auf ei-
nes Fingers Laͤnge abzuſchneiden pflegen, ſo kan man doch aus dem wie Schweinsborſten
aufwaͤrts ſtehendem Reſt noch erkennen, daß ſie nicht wolligt und kraus ſind. Hieraus
folgt alſo auch, daß der Budha kein Siamer, ſondern ein Afrikaner ſey.
Charakter der Siamer. Jhre Geiſtliche.
Die Siamer ſind von Natur ein frommes, einfaͤltiges Volk, und beſonders fuͤh-
ren auch ihre Geiſtliche ein ſtrenges, ſitſames Leben, weil ſie in Unterdruͤckung und Ertoͤd-
tung ihrer Leidenſchaften, nach der Lehre und dem Muſter ihres Meiſters in dieſer Welt,
eine dem Himmel wohlgefaͤllige Volkommenheit und die ewige Belohnung ſuchen. Alle
Geiſtliche ſind unbeweibt, wohnen neben den Tempeln in Pfar - oder Kloſterhaͤuſern, ge-
hen nakt, außer daß ſie die Lenden mit einer dunkelgelben Schuͤrze bewunden haben. Auch
haͤngt ihnen von der linken Schulter ein ſchmal gefaltnes Tuch herab, deſſen Ende mit der
Lendenſchuͤrze befeſtigt iſt, welches Tuch ſie bei ſchlimmen Wetter uͤber die Schulter und
den ganzen Oberleib auszubreiten pflegen. Jhr Kopf iſt unbedekt und glat geſchoren,
und in der Hand halten ſie einen Wedel von Palmblaͤttern oder hoͤlzernen Spaͤnen.
Dieſe Geiſtliche haben verſchiedene Wuͤrden und Rangordnungen unter ſich.
Denn ſie beſtehen:
Erſtlich aus Juͤngern, die ſich Dſjauneen, d. i. Fratres, geiſtliche Studen-
ten nennen, wenn dieſe das zwanzigſte Jahr erreicht haben und in einem ſehr ſcharfen
Examen tuͤchtig befunden ſind, werden ſie bei einem großen Feſte zu Dſjaukus oder Pa-
tern erhoben. Die Peguer nennen ſie Talapoi; ein Name, der bei den Auslaͤndern zu-
erſt bekant geworden iſt. Daher nennen dieſe ohne Unterſchied alle Prieſter und Geiſtli-
che der ſymboliſchen Religion in Pegu, Siam, Cambodia, Parma, Laos, Tunkin und
Coſochintſina, Talapoyers.
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