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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Zweit. Kap. der jetzige Zustand des siamischen Hofes.
Name, Lage und Eintheilung von Siam.

Das siamische Reich wird von den eingebornen Muan Thai, d. i. das Land
Thai
*), und in ihren Büchern allemal mit dem Lobspruche: Krom the Pramma Haa
Jkon,
(d. i. circuitus visitationis Deorum; ein Umkreis des Besuchs der Götter)
genant. Die Malayen und Peguer nennen es Tzjam, wovon dann der Europäer
Siam entstanden ist. Ohngefehr in der Mitte oder gerade da, wo die Hauptstadt steht,
hat es vierzehn Grad achtzehn Min. Nord. Br. und nach gemeinen Landcharten hundert und
acht und dreißig, nach den neulichen Beobachtungen der Jesuiten aber hundert und zwan-
zig Gr. der Länge. Seine Gränzen sind gegen Osten die Königreiche Tunkin, Cosjin-
sina
und Cambodia; gegen Süden das Meer und die Länder Malacca, wovon Ligoor,
Tanasseri
und andere kleine Herrschaften der König von Siam besizt; gegen Westen das
Königreich Pegu und gegen Norden Laos. Dies Land ist in Verhältnis seiner Größe
sehr wenig bevölkert, und meistens nur an den hohen Ufern der Flüsse mit Menschen be-
sezt. Die vielen Felle von Hirschen und wilden Büffeln, welche jährlich mit Schiffen
von hier weggeführt werden, sind Beweise von den großen Wäldern und Wildnissen im
Lande. Man mus sogar auf diese Thiere nur in den nahen Gegenden Jagd machen, und
kan sie wegen der vielen Tiger und der Moräste nicht bis in die Tiefe der Wälder
verfolgen.

Das Reich ist in zwölf große Provinzen vertheilt, deren jede von einem Oja oder
Prinzen nebst verschiedenen ihm untergeordneten Operas und andern Unterbedienten regiert
wird. Am Hofe ist nun auch für jede Provinz ein Oja bestimt, der die Regierung des
dortigen Stathalters beobachten mus.

Der leztverstorbene König fügte den alten Reichsprovinzen noch eine dreizehnte bei,
Tsjanimai, welche er dem Reiche Laos abnahm; er würde wahrscheinlich von dieser
Seite sein Reich noch mehr vergrößert haben, wenn nicht der breite und damals übergetre-
tene Flus seinen Erorberungen ein Ziel gesezt hätte. Es wurde auch diese neue Provinz
nur wenige Jahre hernach dem siamischen König wieder abgenommen, und hatte man al-
so durch einen so weiten und kostbaren Feldzug weiter nichts gewonnen, als ein gegenseiti-
ges Mistrauen unter beiden Völkern gestiftet, wodurch ihre bisherige Handlung unterbro-
chen und meistens den Cambodiern zugewandt wurde.

Beschreibung von Laos.

Laos oder Lauland ist unter uns so wenig bekant, weil es ganz von andern asla-

tischen
und Meuing wuste es Loubere gewis, daß sie
1000 und 10000 bedeuten. S. Delcription du
Siam Tom. I. p. 239. &c.
*) [Spaltenumbruch]
Loubere (l. c. p. 16) hat Meuang Tai;
[Spaltenumbruch] und sagt, daß Meuang Reich, und Tai im siami-
schen Frei heiße. Und so nent also das Volk,
welches jezt den entsezlichsten Despotismus dul-
det, sich selbst das Reich der Freien!
E 2
Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes.
Name, Lage und Eintheilung von Siam.

Das ſiamiſche Reich wird von den eingebornen Muan Thai, d. i. das Land
Thai
*), und in ihren Buͤchern allemal mit dem Lobſpruche: Krom the Pramma Haa
Jkon,
(d. i. circuitus viſitationis Deorum; ein Umkreis des Beſuchs der Goͤtter)
genant. Die Malayen und Peguer nennen es Tzjam, wovon dann der Europaͤer
Siam entſtanden iſt. Ohngefehr in der Mitte oder gerade da, wo die Hauptſtadt ſteht,
hat es vierzehn Grad achtzehn Min. Nord. Br. und nach gemeinen Landcharten hundert und
acht und dreißig, nach den neulichen Beobachtungen der Jeſuiten aber hundert und zwan-
zig Gr. der Laͤnge. Seine Graͤnzen ſind gegen Oſten die Koͤnigreiche Tunkin, Coſjin-
ſina
und Cambodia; gegen Suͤden das Meer und die Laͤnder Malacca, wovon Ligoor,
Tanaſſeri
und andere kleine Herrſchaften der Koͤnig von Siam beſizt; gegen Weſten das
Koͤnigreich Pegu und gegen Norden Laos. Dies Land iſt in Verhaͤltnis ſeiner Groͤße
ſehr wenig bevoͤlkert, und meiſtens nur an den hohen Ufern der Fluͤſſe mit Menſchen be-
ſezt. Die vielen Felle von Hirſchen und wilden Buͤffeln, welche jaͤhrlich mit Schiffen
von hier weggefuͤhrt werden, ſind Beweiſe von den großen Waͤldern und Wildniſſen im
Lande. Man mus ſogar auf dieſe Thiere nur in den nahen Gegenden Jagd machen, und
kan ſie wegen der vielen Tiger und der Moraͤſte nicht bis in die Tiefe der Waͤlder
verfolgen.

Das Reich iſt in zwoͤlf große Provinzen vertheilt, deren jede von einem Oja oder
Prinzen nebſt verſchiedenen ihm untergeordneten Operas und andern Unterbedienten regiert
wird. Am Hofe iſt nun auch fuͤr jede Provinz ein Oja beſtimt, der die Regierung des
dortigen Stathalters beobachten mus.

Der leztverſtorbene Koͤnig fuͤgte den alten Reichsprovinzen noch eine dreizehnte bei,
Tſjanimai, welche er dem Reiche Laos abnahm; er wuͤrde wahrſcheinlich von dieſer
Seite ſein Reich noch mehr vergroͤßert haben, wenn nicht der breite und damals uͤbergetre-
tene Flus ſeinen Erorberungen ein Ziel geſezt haͤtte. Es wurde auch dieſe neue Provinz
nur wenige Jahre hernach dem ſiamiſchen Koͤnig wieder abgenommen, und hatte man al-
ſo durch einen ſo weiten und koſtbaren Feldzug weiter nichts gewonnen, als ein gegenſeiti-
ges Mistrauen unter beiden Voͤlkern geſtiftet, wodurch ihre bisherige Handlung unterbro-
chen und meiſtens den Cambodiern zugewandt wurde.

Beſchreibung von Laos.

Laos oder Lauland iſt unter uns ſo wenig bekant, weil es ganz von andern aſla-

tiſchen
und Meuing wuſte es Loubere gewis, daß ſie
1000 und 10000 bedeuten. S. Delcription du
Siam Tom. I. p. 239. &c.
*) [Spaltenumbruch]
Loubere (l. c. p. 16) hat Meuang Tai;
[Spaltenumbruch] und ſagt, daß Meuang Reich, und Tai im ſiami-
ſchen Frei heiße. Und ſo nent alſo das Volk,
welches jezt den entſezlichſten Deſpotismus dul-
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E 2
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[35/0111] Zweit. Kap. der jetzige Zuſtand des ſiamiſchen Hofes. Name, Lage und Eintheilung von Siam. Das ſiamiſche Reich wird von den eingebornen Muan Thai, d. i. das Land Thai *), und in ihren Buͤchern allemal mit dem Lobſpruche: Krom the Pramma Haa Jkon, (d. i. circuitus viſitationis Deorum; ein Umkreis des Beſuchs der Goͤtter) genant. Die Malayen und Peguer nennen es Tzjam, wovon dann der Europaͤer Siam entſtanden iſt. Ohngefehr in der Mitte oder gerade da, wo die Hauptſtadt ſteht, hat es vierzehn Grad achtzehn Min. Nord. Br. und nach gemeinen Landcharten hundert und acht und dreißig, nach den neulichen Beobachtungen der Jeſuiten aber hundert und zwan- zig Gr. der Laͤnge. Seine Graͤnzen ſind gegen Oſten die Koͤnigreiche Tunkin, Coſjin- ſina und Cambodia; gegen Suͤden das Meer und die Laͤnder Malacca, wovon Ligoor, Tanaſſeri und andere kleine Herrſchaften der Koͤnig von Siam beſizt; gegen Weſten das Koͤnigreich Pegu und gegen Norden Laos. Dies Land iſt in Verhaͤltnis ſeiner Groͤße ſehr wenig bevoͤlkert, und meiſtens nur an den hohen Ufern der Fluͤſſe mit Menſchen be- ſezt. Die vielen Felle von Hirſchen und wilden Buͤffeln, welche jaͤhrlich mit Schiffen von hier weggefuͤhrt werden, ſind Beweiſe von den großen Waͤldern und Wildniſſen im Lande. Man mus ſogar auf dieſe Thiere nur in den nahen Gegenden Jagd machen, und kan ſie wegen der vielen Tiger und der Moraͤſte nicht bis in die Tiefe der Waͤlder verfolgen. Das Reich iſt in zwoͤlf große Provinzen vertheilt, deren jede von einem Oja oder Prinzen nebſt verſchiedenen ihm untergeordneten Operas und andern Unterbedienten regiert wird. Am Hofe iſt nun auch fuͤr jede Provinz ein Oja beſtimt, der die Regierung des dortigen Stathalters beobachten mus. Der leztverſtorbene Koͤnig fuͤgte den alten Reichsprovinzen noch eine dreizehnte bei, Tſjanimai, welche er dem Reiche Laos abnahm; er wuͤrde wahrſcheinlich von dieſer Seite ſein Reich noch mehr vergroͤßert haben, wenn nicht der breite und damals uͤbergetre- tene Flus ſeinen Erorberungen ein Ziel geſezt haͤtte. Es wurde auch dieſe neue Provinz nur wenige Jahre hernach dem ſiamiſchen Koͤnig wieder abgenommen, und hatte man al- ſo durch einen ſo weiten und koſtbaren Feldzug weiter nichts gewonnen, als ein gegenſeiti- ges Mistrauen unter beiden Voͤlkern geſtiftet, wodurch ihre bisherige Handlung unterbro- chen und meiſtens den Cambodiern zugewandt wurde. Beſchreibung von Laos. Laos oder Lauland iſt unter uns ſo wenig bekant, weil es ganz von andern aſla- tiſchen *) *) Loubere (l. c. p. 16) hat Meuang Tai; und ſagt, daß Meuang Reich, und Tai im ſiami- ſchen Frei heiße. Und ſo nent alſo das Volk, welches jezt den entſezlichſten Deſpotismus dul- det, ſich ſelbſt das Reich der Freien! *) und Meuing wuſte es Loubere gewis, daß ſie 1000 und 10000 bedeuten. S. Delcription du Siam Tom. I. p. 239. &c. E 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/111>, abgerufen am 21.11.2024.