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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Beziehungen zu Roms Künstlern.
bildniss, das ihn zwei Jahre lang beschäftigt hat. Im Sommer
1650 sandte er es seinem Gönner, Mr. de Chantelou, und eine
selbstverfertigte Copie an Pointel. Er malte es, "weil ihm wie-
derstrebte, zehn Pistolen für einen Kopf in der Art des M. Mig-
nard auszugeben, der sie am besten macht, obwol sie frostig,
geschminkt, kraft- und saftlos sind".

Der Hof- und Hausbildhauer der Pamfili war Alessandro
Algardi
(geb. 1602), ein Bolgneser von stattlichem Aeussern (bella
presenza
), liebenswürdig und geschmeidig, jovial und schlagfertig.
Niemand, sagt Passeri, machte seine Bekanntschaft, der nicht
seinen Umgang gewünscht hätte. Das Jahr 1650 war der
Höhepunkt seines Lebens. Die Bronzestatue Innocenz X auf
dem Kapitol, die er dem armen Mocchi aus den Händen ge-
wunden hatte, das Bildniss im Speisesaal der Trinita de' pelle-
grini, gestiftet zur Erinnerung an die Fusswaschung der Jubi-
läumspilger, dasjenige in der Loggia des Gonfalonierepalastes in
Bologna, die Büsten des Bruders Benedetto und der Olympia
in der Galerie Doria sind von Algardi's Hand. Der Pabst
weinte bei seinem frühen Tode (1654). Er gab auch die Modelle
für den Reliefschmuck des Erdgeschosses der Villa und für die
Gruppen der Springbrunnen, und ergänzte die Antiken der
Aussenwände.

Seine bewundertste Leistung aber war das grösste Relief
der neueren Sculptur, Leo I und Attila für den Altar Leo I in
S. Peter, an dessen Ausführung in Marmor sein Gehülfe Dome-
nico Guidi, der Neffe des oben erwähnten Finelli, welcher in
Folge des Aufstands aus Neapel entflohen war, grossen An-
theil hatte. Einen Abguss nach dem Originalmodell in Silber
erhielt Philipp IV; er war eingefasst von einer architektonischen
Verzierung aus vergoldeter Bronze und Lapis lazuli, und ruhte
auf einem Löwen 1).

Die Rolle des Velazquez bei diesen und anderen von Algardi
für den Madrider Hof gelieferten Arbeiten lässt sich nur ver-
muthen. Möglich dass der bologneser Bildhauer, der soviel mit der
Restauration der Antiken Roms, z. B. der Villa Ludovisi, zu thun
gehabt hat, sein Berather bei der Auswahl der zum Abguss be-
stimmten Stücke gewesen ist. Dem Spanier mögen in dem
Atelier manche für die neuen Prachtsäle des Alcazar geeignete
Stücke eingeleuchtet haben. Dort tauchen wenigstens bald nach

1) Ponz, Viage de Espanna VI, 70.

Beziehungen zu Roms Künstlern.
bildniss, das ihn zwei Jahre lang beschäftigt hat. Im Sommer
1650 sandte er es seinem Gönner, Mr. de Chantelou, und eine
selbstverfertigte Copie an Pointel. Er malte es, „weil ihm wie-
derstrebte, zehn Pistolen für einen Kopf in der Art des M. Mig-
nard auszugeben, der sie am besten macht, obwol sie frostig,
geschminkt, kraft- und saftlos sind“.

Der Hof- und Hausbildhauer der Pamfili war Alessandro
Algardi
(geb. 1602), ein Bolgneser von stattlichem Aeussern (bella
presenza
), liebenswürdig und geschmeidig, jovial und schlagfertig.
Niemand, sagt Passeri, machte seine Bekanntschaft, der nicht
seinen Umgang gewünscht hätte. Das Jahr 1650 war der
Höhepunkt seines Lebens. Die Bronzestatue Innocenz X auf
dem Kapitol, die er dem armen Mocchi aus den Händen ge-
wunden hatte, das Bildniss im Speisesaal der Trinità de’ pelle-
grini, gestiftet zur Erinnerung an die Fusswaschung der Jubi-
läumspilger, dasjenige in der Loggia des Gonfalonierepalastes in
Bologna, die Büsten des Bruders Benedetto und der Olympia
in der Galerie Doria sind von Algardi’s Hand. Der Pabst
weinte bei seinem frühen Tode (1654). Er gab auch die Modelle
für den Reliefschmuck des Erdgeschosses der Villa und für die
Gruppen der Springbrunnen, und ergänzte die Antiken der
Aussenwände.

Seine bewundertste Leistung aber war das grösste Relief
der neueren Sculptur, Leo I und Attila für den Altar Leo I in
S. Peter, an dessen Ausführung in Marmor sein Gehülfe Dome-
nico Guidi, der Neffe des oben erwähnten Finelli, welcher in
Folge des Aufstands aus Neapel entflohen war, grossen An-
theil hatte. Einen Abguss nach dem Originalmodell in Silber
erhielt Philipp IV; er war eingefasst von einer architektonischen
Verzierung aus vergoldeter Bronze und Lapis lazuli, und ruhte
auf einem Löwen 1).

Die Rolle des Velazquez bei diesen und anderen von Algardi
für den Madrider Hof gelieferten Arbeiten lässt sich nur ver-
muthen. Möglich dass der bologneser Bildhauer, der soviel mit der
Restauration der Antiken Roms, z. B. der Villa Ludovisi, zu thun
gehabt hat, sein Berather bei der Auswahl der zum Abguss be-
stimmten Stücke gewesen ist. Dem Spanier mögen in dem
Atelier manche für die neuen Prachtsäle des Alcazar geeignete
Stücke eingeleuchtet haben. Dort tauchen wenigstens bald nach

1) Ponz, Viage de España VI, 70.
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[171/0191] Beziehungen zu Roms Künstlern. bildniss, das ihn zwei Jahre lang beschäftigt hat. Im Sommer 1650 sandte er es seinem Gönner, Mr. de Chantelou, und eine selbstverfertigte Copie an Pointel. Er malte es, „weil ihm wie- derstrebte, zehn Pistolen für einen Kopf in der Art des M. Mig- nard auszugeben, der sie am besten macht, obwol sie frostig, geschminkt, kraft- und saftlos sind“. Der Hof- und Hausbildhauer der Pamfili war Alessandro Algardi (geb. 1602), ein Bolgneser von stattlichem Aeussern (bella presenza), liebenswürdig und geschmeidig, jovial und schlagfertig. Niemand, sagt Passeri, machte seine Bekanntschaft, der nicht seinen Umgang gewünscht hätte. Das Jahr 1650 war der Höhepunkt seines Lebens. Die Bronzestatue Innocenz X auf dem Kapitol, die er dem armen Mocchi aus den Händen ge- wunden hatte, das Bildniss im Speisesaal der Trinità de’ pelle- grini, gestiftet zur Erinnerung an die Fusswaschung der Jubi- läumspilger, dasjenige in der Loggia des Gonfalonierepalastes in Bologna, die Büsten des Bruders Benedetto und der Olympia in der Galerie Doria sind von Algardi’s Hand. Der Pabst weinte bei seinem frühen Tode (1654). Er gab auch die Modelle für den Reliefschmuck des Erdgeschosses der Villa und für die Gruppen der Springbrunnen, und ergänzte die Antiken der Aussenwände. Seine bewundertste Leistung aber war das grösste Relief der neueren Sculptur, Leo I und Attila für den Altar Leo I in S. Peter, an dessen Ausführung in Marmor sein Gehülfe Dome- nico Guidi, der Neffe des oben erwähnten Finelli, welcher in Folge des Aufstands aus Neapel entflohen war, grossen An- theil hatte. Einen Abguss nach dem Originalmodell in Silber erhielt Philipp IV; er war eingefasst von einer architektonischen Verzierung aus vergoldeter Bronze und Lapis lazuli, und ruhte auf einem Löwen 1). Die Rolle des Velazquez bei diesen und anderen von Algardi für den Madrider Hof gelieferten Arbeiten lässt sich nur ver- muthen. Möglich dass der bologneser Bildhauer, der soviel mit der Restauration der Antiken Roms, z. B. der Villa Ludovisi, zu thun gehabt hat, sein Berather bei der Auswahl der zum Abguss be- stimmten Stücke gewesen ist. Dem Spanier mögen in dem Atelier manche für die neuen Prachtsäle des Alcazar geeignete Stücke eingeleuchtet haben. Dort tauchen wenigstens bald nach 1) Ponz, Viage de España VI, 70.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/191>, abgerufen am 26.04.2024.