Backenknochen, der Nasenspitze. Sie heben das Licht mehr, als dass sie es beschränken. Die Halbtöne der Schläfen, Wan- gen haben einen Stich ins grünliche; um Wangen, Auge, Nasen- spitze spielt ein leichter roter Anflug; die grösste Lichtfläche, die Stirn, ist gelblich angehaucht. Der Charakter der zarten Greisenhaut in diesen verschiedenen Tönen ist wohlgetroffen, und alles ist mit sehr sparsamem Farbenkörper erreicht, der überall, besonders in den Halbtönen das derbe Gewebe der Leinwand erkennen lässt. Das Roth des Mäntelchens ist möglichst geopfert: ein matter Purpurton erscheint bloss in den Falten und erbleicht in den aufgetragenen Lichtern fast ganz. --
Im königlichen Palast zu Madrid wird das Fragment eines wahrscheinlich durch Brand zerstörten Bildnisses aufbewahrt, das offenbar einen Prälaten vorstellte. Es ist nur eine Hand, eine weisse glatte Hand, von der bloss der Daumen ganz sichtbar ist; das übrige bedeckt der Brief, auf dem man liest Illmo Sennor Diego Velasqe
Die Hand liegt auf einer sich rundenden Stuhllehne, über den Aermel fällt ein spitzenbesetztes Chorhemd. --
Der "heil. Carl Borromäus" in einer luftigen Halle, in leb- haften Verhandlungen mit vielen hohen Geistlichen, in Stafford House, Velazquez beigelegt, ist ein geistreiches italienisches Bildchen, das augenscheinlich nach Rom als Entstehungsort weist.
Der Herzog Franz von Este.
Ein Halbjahr nach der Herzogin von Chevreuse erschien der junge Franz von Este, Herzog von Modena und Reggio, dem ebenfalls die Gunst dem Hofmaler zu sitzen gewährt wurde. Da diess wolerhaltene Bildniss eines der genau datirten ist, so werden einige Worte über seine Reise und seine Persön- lichkeit nicht unwillkommen sein.
Franz II (geb. 1610 + 1658) war der Sohn jenes Franz, der im Jahre 1629 die Krone mit der Kapuze vertauschte. Spanien und Frankreich bewarben sich um seine Allianz. Seine Staaten lagen dem spanischen Gebiet so nahe, dass es längst Maxime das Raths von Italien war, um jeden Preis die Verwendung seiner Truppen in anderm Interesse zu verhüten. Die (freilich mit spanischer Pünktlichkeit ausgezahlte) Pension der Este be-
Fünftes Buch.
Backenknochen, der Nasenspitze. Sie heben das Licht mehr, als dass sie es beschränken. Die Halbtöne der Schläfen, Wan- gen haben einen Stich ins grünliche; um Wangen, Auge, Nasen- spitze spielt ein leichter roter Anflug; die grösste Lichtfläche, die Stirn, ist gelblich angehaucht. Der Charakter der zarten Greisenhaut in diesen verschiedenen Tönen ist wohlgetroffen, und alles ist mit sehr sparsamem Farbenkörper erreicht, der überall, besonders in den Halbtönen das derbe Gewebe der Leinwand erkennen lässt. Das Roth des Mäntelchens ist möglichst geopfert: ein matter Purpurton erscheint bloss in den Falten und erbleicht in den aufgetragenen Lichtern fast ganz. —
Im königlichen Palast zu Madrid wird das Fragment eines wahrscheinlich durch Brand zerstörten Bildnisses aufbewahrt, das offenbar einen Prälaten vorstellte. Es ist nur eine Hand, eine weisse glatte Hand, von der bloss der Daumen ganz sichtbar ist; das übrige bedeckt der Brief, auf dem man liest Illmo Señor Diego Velasqe
Die Hand liegt auf einer sich rundenden Stuhllehne, über den Aermel fällt ein spitzenbesetztes Chorhemd. —
Der „heil. Carl Borromäus“ in einer luftigen Halle, in leb- haften Verhandlungen mit vielen hohen Geistlichen, in Stafford House, Velazquez beigelegt, ist ein geistreiches italienisches Bildchen, das augenscheinlich nach Rom als Entstehungsort weist.
Der Herzog Franz von Este.
Ein Halbjahr nach der Herzogin von Chevreuse erschien der junge Franz von Este, Herzog von Modena und Reggio, dem ebenfalls die Gunst dem Hofmaler zu sitzen gewährt wurde. Da diess wolerhaltene Bildniss eines der genau datirten ist, so werden einige Worte über seine Reise und seine Persön- lichkeit nicht unwillkommen sein.
Franz II (geb. 1610 † 1658) war der Sohn jenes Franz, der im Jahre 1629 die Krone mit der Kapuze vertauschte. Spanien und Frankreich bewarben sich um seine Allianz. Seine Staaten lagen dem spanischen Gebiet so nahe, dass es längst Maxime das Raths von Italien war, um jeden Preis die Verwendung seiner Truppen in anderm Interesse zu verhüten. Die (freilich mit spanischer Pünktlichkeit ausgezahlte) Pension der Este be-
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Fünftes Buch.
Backenknochen, der Nasenspitze. Sie heben das Licht mehr,
als dass sie es beschränken. Die Halbtöne der Schläfen, Wan-
gen haben einen Stich ins grünliche; um Wangen, Auge, Nasen-
spitze spielt ein leichter roter Anflug; die grösste Lichtfläche,
die Stirn, ist gelblich angehaucht. Der Charakter der zarten
Greisenhaut in diesen verschiedenen Tönen ist wohlgetroffen, und
alles ist mit sehr sparsamem Farbenkörper erreicht, der überall,
besonders in den Halbtönen das derbe Gewebe der Leinwand
erkennen lässt. Das Roth des Mäntelchens ist möglichst geopfert:
ein matter Purpurton erscheint bloss in den Falten und erbleicht
in den aufgetragenen Lichtern fast ganz. —
Im königlichen Palast zu Madrid wird das Fragment eines
wahrscheinlich durch Brand zerstörten Bildnisses aufbewahrt, das
offenbar einen Prälaten vorstellte. Es ist nur eine Hand, eine
weisse glatte Hand, von der bloss der Daumen ganz sichtbar ist;
das übrige bedeckt der Brief, auf dem man liest
Illmo Señor
Diego Velasqe
Die Hand liegt auf einer sich rundenden Stuhllehne, über
den Aermel fällt ein spitzenbesetztes Chorhemd. —
Der „heil. Carl Borromäus“ in einer luftigen Halle, in leb-
haften Verhandlungen mit vielen hohen Geistlichen, in Stafford
House, Velazquez beigelegt, ist ein geistreiches italienisches
Bildchen, das augenscheinlich nach Rom als Entstehungsort weist.
Der Herzog Franz von Este.
Ein Halbjahr nach der Herzogin von Chevreuse erschien
der junge Franz von Este, Herzog von Modena und Reggio,
dem ebenfalls die Gunst dem Hofmaler zu sitzen gewährt wurde.
Da diess wolerhaltene Bildniss eines der genau datirten ist,
so werden einige Worte über seine Reise und seine Persön-
lichkeit nicht unwillkommen sein.
Franz II (geb. 1610 † 1658) war der Sohn jenes Franz, der im
Jahre 1629 die Krone mit der Kapuze vertauschte. Spanien
und Frankreich bewarben sich um seine Allianz. Seine Staaten
lagen dem spanischen Gebiet so nahe, dass es längst Maxime
das Raths von Italien war, um jeden Preis die Verwendung
seiner Truppen in anderm Interesse zu verhüten. Die (freilich
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/82>, abgerufen am 03.03.2025.
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