lazquez in demselben Kopf im Nachtheil erscheint gegen einen zeitgenössischen Collegen.
Hier ist der Mensch, mitten aus dem Leben herausgegriffen, wie er redete und sich bewegte. Es ist dieselbe Kraft; die Fur- chen und Einschnitte besonders um die Augen (die tiefer liegen), um Nase und Mund, noch markirter, zerrissener, die Haare besser geordnet und in sich verbreiterndem Gelock fallend, auch der kurze Wulst legt sich über die linke Seite der Stirn, dieselben Narben, die breite leicht gebogene Nase. Daran erkennt man Quevedo, denn die Büste hat weder Namen noch Firma. Nur der Ausdruck ist anders; er hat nicht die grade, feste, trotzige Richtung; der Kopf ist nach der Schulter geneigt, der Blick etwas seitlich, abwärts, unstet, wie in ferne Dinge verloren; in der Ruhepause des Sitzens vor dem Modellirer ist er die Beute seiner Gedanken. Nichts ist darin von Schwäche, Klein- lichkeit, am wenigsten von Eitelkeit; aber heftige Leidenschaften haben es durchwühlt und eine Spur von Ermattung zurück- gelassen. Ein Mann, in dessen Leben nichts ist von Pro- gramm, dessen Schriften Pamphlete, dessen Dichtungen Gele- genheitsgedichte waren, der nur in Exil und Gefängniss lang- athmige politische Homilien an einen biblischen oder klassi- schen Text anspinnt; dessen Hauptwerk in der That "Träumen" gleicht, ein lockerer Rosenkranz von Einfällen. Ein Mann, dessen Seele unter allen Ereignissen und Leiden der Zeit bis auf den Grund miterzittert, der nie in ruhiges Fahrwasser gekommen ist; und als er es einmal versuchte und sich von seinen Gönnern -- glücklich -- verheirathen liess, nur ein Jahr den Frieden kannte; dessen Auge wol zum Ewigen hinaufreichte, aber wie der Schiffer im Sturm seinen Stern zwischen Wolken erblickt, und den die Strömung dann auch endlich am Felsen zerbrach.
Der Bildhauer Martinez Montannes.
Im Jahre 1636, als die Reiterstatue Philipp IV in Arbeit war, ist auch ein plastisches Modell des Kopfes nach Florenz gesandt worden, zu dessen Herstellung der damals schon bejahrte Bildhauer Juan Martinez Montannes aus Sevilla nach Madrid be- rufen wurde. Obwol in dem umfangreichen Briefwechsel, der zwischen Florenz und Madrid über jenes grosse Werk geführt wurde, von einem solchen Modell nichts erwähnt wird, auch von
II. 4
Der Bildhauer Montañes.
lazquez in demselben Kopf im Nachtheil erscheint gegen einen zeitgenössischen Collegen.
Hier ist der Mensch, mitten aus dem Leben herausgegriffen, wie er redete und sich bewegte. Es ist dieselbe Kraft; die Fur- chen und Einschnitte besonders um die Augen (die tiefer liegen), um Nase und Mund, noch markirter, zerrissener, die Haare besser geordnet und in sich verbreiterndem Gelock fallend, auch der kurze Wulst legt sich über die linke Seite der Stirn, dieselben Narben, die breite leicht gebogene Nase. Daran erkennt man Quevedo, denn die Büste hat weder Namen noch Firma. Nur der Ausdruck ist anders; er hat nicht die grade, feste, trotzige Richtung; der Kopf ist nach der Schulter geneigt, der Blick etwas seitlich, abwärts, unstet, wie in ferne Dinge verloren; in der Ruhepause des Sitzens vor dem Modellirer ist er die Beute seiner Gedanken. Nichts ist darin von Schwäche, Klein- lichkeit, am wenigsten von Eitelkeit; aber heftige Leidenschaften haben es durchwühlt und eine Spur von Ermattung zurück- gelassen. Ein Mann, in dessen Leben nichts ist von Pro- gramm, dessen Schriften Pamphlete, dessen Dichtungen Gele- genheitsgedichte waren, der nur in Exil und Gefängniss lang- athmige politische Homilien an einen biblischen oder klassi- schen Text anspinnt; dessen Hauptwerk in der That „Träumen“ gleicht, ein lockerer Rosenkranz von Einfällen. Ein Mann, dessen Seele unter allen Ereignissen und Leiden der Zeit bis auf den Grund miterzittert, der nie in ruhiges Fahrwasser gekommen ist; und als er es einmal versuchte und sich von seinen Gönnern — glücklich — verheirathen liess, nur ein Jahr den Frieden kannte; dessen Auge wol zum Ewigen hinaufreichte, aber wie der Schiffer im Sturm seinen Stern zwischen Wolken erblickt, und den die Strömung dann auch endlich am Felsen zerbrach.
Der Bildhauer Martinez Montañes.
Im Jahre 1636, als die Reiterstatue Philipp IV in Arbeit war, ist auch ein plastisches Modell des Kopfes nach Florenz gesandt worden, zu dessen Herstellung der damals schon bejahrte Bildhauer Juan Martinez Montañes aus Sevilla nach Madrid be- rufen wurde. Obwol in dem umfangreichen Briefwechsel, der zwischen Florenz und Madrid über jenes grosse Werk geführt wurde, von einem solchen Modell nichts erwähnt wird, auch von
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Der Bildhauer Montañes.
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zeitgenössischen Collegen.
Hier ist der Mensch, mitten aus dem Leben herausgegriffen,
wie er redete und sich bewegte. Es ist dieselbe Kraft; die Fur-
chen und Einschnitte besonders um die Augen (die tiefer liegen),
um Nase und Mund, noch markirter, zerrissener, die Haare besser
geordnet und in sich verbreiterndem Gelock fallend, auch der
kurze Wulst legt sich über die linke Seite der Stirn, dieselben
Narben, die breite leicht gebogene Nase. Daran erkennt man
Quevedo, denn die Büste hat weder Namen noch Firma. Nur der
Ausdruck ist anders; er hat nicht die grade, feste, trotzige
Richtung; der Kopf ist nach der Schulter geneigt, der Blick
etwas seitlich, abwärts, unstet, wie in ferne Dinge verloren;
in der Ruhepause des Sitzens vor dem Modellirer ist er die
Beute seiner Gedanken. Nichts ist darin von Schwäche, Klein-
lichkeit, am wenigsten von Eitelkeit; aber heftige Leidenschaften
haben es durchwühlt und eine Spur von Ermattung zurück-
gelassen. Ein Mann, in dessen Leben nichts ist von Pro-
gramm, dessen Schriften Pamphlete, dessen Dichtungen Gele-
genheitsgedichte waren, der nur in Exil und Gefängniss lang-
athmige politische Homilien an einen biblischen oder klassi-
schen Text anspinnt; dessen Hauptwerk in der That „Träumen“
gleicht, ein lockerer Rosenkranz von Einfällen. Ein Mann, dessen
Seele unter allen Ereignissen und Leiden der Zeit bis auf den
Grund miterzittert, der nie in ruhiges Fahrwasser gekommen ist;
und als er es einmal versuchte und sich von seinen Gönnern —
glücklich — verheirathen liess, nur ein Jahr den Frieden kannte;
dessen Auge wol zum Ewigen hinaufreichte, aber wie der Schiffer
im Sturm seinen Stern zwischen Wolken erblickt, und den die
Strömung dann auch endlich am Felsen zerbrach.
Der Bildhauer Martinez Montañes.
Im Jahre 1636, als die Reiterstatue Philipp IV in Arbeit
war, ist auch ein plastisches Modell des Kopfes nach Florenz
gesandt worden, zu dessen Herstellung der damals schon bejahrte
Bildhauer Juan Martinez Montañes aus Sevilla nach Madrid be-
rufen wurde. Obwol in dem umfangreichen Briefwechsel, der
zwischen Florenz und Madrid über jenes grosse Werk geführt
wurde, von einem solchen Modell nichts erwähnt wird, auch von
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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