Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich.
Es scheint, dass man an solchen Reiterbildern gar nicht genug haben konnte; und da es unter den Lebenden Niemanden mehr gab, der in eine so hohe Gesellschaft aufgenommen werden konnte, so griff man zu den Vorfahren. Von Carl V und seinem Sohn hatte man solche Bildnisse von Tizians und Rubens Hand; die Lücke zu ergänzen, wurde nun Velazquez aufgefordert. Im "Saal der Reiche" kommen unter seinem Namen die Reiter- bildnisse der Eltern des Königs vor, in Goldrahmen.
Velazquez hat beide nie gesehn; hat er also die Reiter we- nigstens nach irgend welchen Bildnissen eines frühern Hofmalers kopirt? Allein diese Figuren haben nichts von seiner Weise zu irgendwelcher Zeit. Liess er sie von Gehülfen arbeiten? Aber in den vierziger Jahren, wo diess geschehen sein müsste, malte Nie- mand mehr so in Madrid: auch machen sie nicht den Eindruck von Kopien. Jedermann würde die Köpfe für sich allein ohne weiteres einem Pantoja de la Cruz oder Bartolome Gonzalez zuschreiben. Sie müssen vor 1611 gemalt sein, wo Margaretha starb.
Es werden also alte Reiterbilder dagewesen sein. Bei der Einrichtung des neuen Lustschlosses von Buen Retiro waren sie sehr willkommene Dekorationsstücke; nur schienen sie etwas altfränkisch, und da man sie ohnehin breiter haben musste, so beschloss man sie einer gründlichen Umgestaltung zu unterwerfen. Die Köpfe und das Kostüm, die Satteldecken liess man unver- ändert, Pferde und Landschaft die nicht mehr gefielen, wurden ganz neugemalt, und zwar so gründlich, dass man in dem einen gar nicht mehr angeben kann, was früher dagestanden hat.
Philipp III (Prado 1064, 3,00 x 3,14) reitet einen schweren Schimmel, der sich in der Pesade erhebt und in der Diagonale von links nach rechts steht. Dabei wirbelt Staub auf; Mähne und Schweif wallen in der frischen Meeresbrise bis auf die Knö- chel herab. Hier hat er auch etwas an der Figur korrigirt; der rechte Arm mit dem Kommandostab wurde weiter vorgerückt; der alte Arm aber nur locker zugedeckt, und die veränderten Panzerringe bloss flüchtig skizzirt, auch die Hinterhand des Pfer- des wurde anders gestellt. Die breiten angesetzten Streifen rechts
Fünftes Buch.
Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha von Oesterreich.
Es scheint, dass man an solchen Reiterbildern gar nicht genug haben konnte; und da es unter den Lebenden Niemanden mehr gab, der in eine so hohe Gesellschaft aufgenommen werden konnte, so griff man zu den Vorfahren. Von Carl V und seinem Sohn hatte man solche Bildnisse von Tizians und Rubens Hand; die Lücke zu ergänzen, wurde nun Velazquez aufgefordert. Im „Saal der Reiche“ kommen unter seinem Namen die Reiter- bildnisse der Eltern des Königs vor, in Goldrahmen.
Velazquez hat beide nie gesehn; hat er also die Reiter we- nigstens nach irgend welchen Bildnissen eines frühern Hofmalers kopirt? Allein diese Figuren haben nichts von seiner Weise zu irgendwelcher Zeit. Liess er sie von Gehülfen arbeiten? Aber in den vierziger Jahren, wo diess geschehen sein müsste, malte Nie- mand mehr so in Madrid: auch machen sie nicht den Eindruck von Kopien. Jedermann würde die Köpfe für sich allein ohne weiteres einem Pantoja de la Cruz oder Bartolomé Gonzalez zuschreiben. Sie müssen vor 1611 gemalt sein, wo Margaretha starb.
Es werden also alte Reiterbilder dagewesen sein. Bei der Einrichtung des neuen Lustschlosses von Buen Retiro waren sie sehr willkommene Dekorationsstücke; nur schienen sie etwas altfränkisch, und da man sie ohnehin breiter haben musste, so beschloss man sie einer gründlichen Umgestaltung zu unterwerfen. Die Köpfe und das Kostüm, die Satteldecken liess man unver- ändert, Pferde und Landschaft die nicht mehr gefielen, wurden ganz neugemalt, und zwar so gründlich, dass man in dem einen gar nicht mehr angeben kann, was früher dagestanden hat.
Philipp III (Prado 1064, 3,00 × 3,14) reitet einen schweren Schimmel, der sich in der Pesade erhebt und in der Diagonale von links nach rechts steht. Dabei wirbelt Staub auf; Mähne und Schweif wallen in der frischen Meeresbrise bis auf die Knö- chel herab. Hier hat er auch etwas an der Figur korrigirt; der rechte Arm mit dem Kommandostab wurde weiter vorgerückt; der alte Arm aber nur locker zugedeckt, und die veränderten Panzerringe bloss flüchtig skizzirt, auch die Hinterhand des Pfer- des wurde anders gestellt. Die breiten angesetzten Streifen rechts
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Fünftes Buch.
Die Bildnisse Philipp III und der Margaretha
von Oesterreich.
Es scheint, dass man an solchen Reiterbildern gar nicht
genug haben konnte; und da es unter den Lebenden Niemanden
mehr gab, der in eine so hohe Gesellschaft aufgenommen werden
konnte, so griff man zu den Vorfahren. Von Carl V und seinem
Sohn hatte man solche Bildnisse von Tizians und Rubens Hand;
die Lücke zu ergänzen, wurde nun Velazquez aufgefordert. Im
„Saal der Reiche“ kommen unter seinem Namen die Reiter-
bildnisse der Eltern des Königs vor, in Goldrahmen.
Velazquez hat beide nie gesehn; hat er also die Reiter we-
nigstens nach irgend welchen Bildnissen eines frühern Hofmalers
kopirt? Allein diese Figuren haben nichts von seiner Weise zu
irgendwelcher Zeit. Liess er sie von Gehülfen arbeiten? Aber
in den vierziger Jahren, wo diess geschehen sein müsste, malte Nie-
mand mehr so in Madrid: auch machen sie nicht den Eindruck
von Kopien. Jedermann würde die Köpfe für sich allein
ohne weiteres einem Pantoja de la Cruz oder Bartolomé Gonzalez
zuschreiben. Sie müssen vor 1611 gemalt sein, wo Margaretha
starb.
Es werden also alte Reiterbilder dagewesen sein. Bei der
Einrichtung des neuen Lustschlosses von Buen Retiro waren sie
sehr willkommene Dekorationsstücke; nur schienen sie etwas
altfränkisch, und da man sie ohnehin breiter haben musste, so
beschloss man sie einer gründlichen Umgestaltung zu unterwerfen.
Die Köpfe und das Kostüm, die Satteldecken liess man unver-
ändert, Pferde und Landschaft die nicht mehr gefielen, wurden
ganz neugemalt, und zwar so gründlich, dass man in dem einen
gar nicht mehr angeben kann, was früher dagestanden hat.
Philipp III (Prado 1064, 3,00 × 3,14) reitet einen schweren
Schimmel, der sich in der Pesade erhebt und in der Diagonale
von links nach rechts steht. Dabei wirbelt Staub auf; Mähne
und Schweif wallen in der frischen Meeresbrise bis auf die Knö-
chel herab. Hier hat er auch etwas an der Figur korrigirt; der
rechte Arm mit dem Kommandostab wurde weiter vorgerückt;
der alte Arm aber nur locker zugedeckt, und die veränderten
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/136>, abgerufen am 21.11.2024.
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