gebracht hatten 1). Da die grosse Maxime der spanischen Könige war, zu thun was die Vorfahren, und besonders der Kaiser ge- than hatten, so ist diess Verhältniss eigentlich die Erfüllung einer Regentenpflicht: die Vervollständigung der Aehnlichkeit mit den Ahnen; dieselben Anekdoten wiederholen sich nun.
Die Stadt Madrid.
Velazquez war und blieb bis an seinen Tod Bürger (vecino) Madrids. Als Diener des Königs erhielt er von diesem ausser Gehalt auch freie Wohnung. Er hatte zwar sein Atelier im Pa- last, im östlichen Flügel, und später als Schlossmarschall eine Amtswohnung in der östlich an den Alcazar stossenden Casa del tesoro; aber seine Privatwohnung war in der Stadt. Das Haus das er wenigstens in den vierziger Jahren bewohnte, lag in der Calle de Concepcion Geronima und gehörte einem Pedro de Yta 2). Philipp II, als er zur Ermunterung der Bauthätigkeit den Hauseigenthümern ungewöhnliche Vergünstigungen gewährte, hatte der Krone die freie Verfügung über ein zweites Geschoss jedes Hauses vorbehalten; deshalb gab es so viele einstöckige Häuser in Madrid. Dieses königliche Stockwerk verlieh er seinen Hof-, aber auch Staatsbeamten, z. B. den Räthen, und dem Per- sonal der Gesandtschaften.
Der Name jener Strasse existirt noch heute, sie ist eine Nebenstrasse der Strasse von Toledo, im Herzen des mittelalter- lichen Madrid, und führt ihren Namen von dem Kloster der Hi- ronymitinnen (Monasterio de monjas jeronimas de la Concepcion de Na. Sa.), welches eine Oberkammerfrau der Königin Isabella, Da. Beatriz Galinda, genannt La Latina, im Jahr 1504 gründete. Zu beiden Seiten des Hochaltars sieht man ihr und ihres Gatten Francisco Ramirez Mamordenkmal im Renaissancestil. Die Facade des Klosters im spätgothischen Stil der Reyes catolicos ist be- achtenswerth, der Architekt war ein "neuer Christ" Hazan. Die einzige Kirchenfacade in Madrid, die des Ansehens werth, ist das Werk eines Morisken.
1) Jusepe Martinez, Discursos 43. Palomino III 247.
2) Mas se le carga el derecho que su Mgd. tiene perpetuo en las casas de Pedro de Yta en la calle de la Concepcion Geronima, que tiene de aposento el dho Diego Velazquez. Dokument des Palastarchivs.
Zweites Buch.
gebracht hatten 1). Da die grosse Maxime der spanischen Könige war, zu thun was die Vorfahren, und besonders der Kaiser ge- than hatten, so ist diess Verhältniss eigentlich die Erfüllung einer Regentenpflicht: die Vervollständigung der Aehnlichkeit mit den Ahnen; dieselben Anekdoten wiederholen sich nun.
Die Stadt Madrid.
Velazquez war und blieb bis an seinen Tod Bürger (vecino) Madrids. Als Diener des Königs erhielt er von diesem ausser Gehalt auch freie Wohnung. Er hatte zwar sein Atelier im Pa- last, im östlichen Flügel, und später als Schlossmarschall eine Amtswohnung in der östlich an den Alcazar stossenden Casa del tesoro; aber seine Privatwohnung war in der Stadt. Das Haus das er wenigstens in den vierziger Jahren bewohnte, lag in der Calle de Concepcion Gerónima und gehörte einem Pedro de Yta 2). Philipp II, als er zur Ermunterung der Bauthätigkeit den Hauseigenthümern ungewöhnliche Vergünstigungen gewährte, hatte der Krone die freie Verfügung über ein zweites Geschoss jedes Hauses vorbehalten; deshalb gab es so viele einstöckige Häuser in Madrid. Dieses königliche Stockwerk verlieh er seinen Hof-, aber auch Staatsbeamten, z. B. den Räthen, und dem Per- sonal der Gesandtschaften.
Der Name jener Strasse existirt noch heute, sie ist eine Nebenstrasse der Strasse von Toledo, im Herzen des mittelalter- lichen Madrid, und führt ihren Namen von dem Kloster der Hi- ronymitinnen (Monasterio de monjas jerónimas de la Concepcion de Na. Sa.), welches eine Oberkammerfrau der Königin Isabella, Da. Beatriz Galinda, genannt La Latina, im Jahr 1504 gründete. Zu beiden Seiten des Hochaltars sieht man ihr und ihres Gatten Francisco Ramirez Mamordenkmal im Renaissancestil. Die Façade des Klosters im spätgothischen Stil der Reyes católicos ist be- achtenswerth, der Architekt war ein „neuer Christ“ Hazan. Die einzige Kirchenfaçade in Madrid, die des Ansehens werth, ist das Werk eines Morisken.
1) Jusepe Martinez, Discursos 43. Palomino III 247.
2) Mas se le carga el derecho que su Mgd. tiene perpetuo en las casas de Pedro de Yta en la calle de la Concepcion Gerónima, que tiene de aposento el dho Diego Velazquez. Dokument des Palastarchivs.
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Zweites Buch.
gebracht hatten 1). Da die grosse Maxime der spanischen Könige
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than hatten, so ist diess Verhältniss eigentlich die Erfüllung
einer Regentenpflicht: die Vervollständigung der Aehnlichkeit
mit den Ahnen; dieselben Anekdoten wiederholen sich nun.
Die Stadt Madrid.
Velazquez war und blieb bis an seinen Tod Bürger (vecino)
Madrids. Als Diener des Königs erhielt er von diesem ausser
Gehalt auch freie Wohnung. Er hatte zwar sein Atelier im Pa-
last, im östlichen Flügel, und später als Schlossmarschall eine
Amtswohnung in der östlich an den Alcazar stossenden Casa
del tesoro; aber seine Privatwohnung war in der Stadt. Das
Haus das er wenigstens in den vierziger Jahren bewohnte, lag
in der Calle de Concepcion Gerónima und gehörte einem Pedro
de Yta 2). Philipp II, als er zur Ermunterung der Bauthätigkeit
den Hauseigenthümern ungewöhnliche Vergünstigungen gewährte,
hatte der Krone die freie Verfügung über ein zweites Geschoss
jedes Hauses vorbehalten; deshalb gab es so viele einstöckige
Häuser in Madrid. Dieses königliche Stockwerk verlieh er seinen
Hof-, aber auch Staatsbeamten, z. B. den Räthen, und dem Per-
sonal der Gesandtschaften.
Der Name jener Strasse existirt noch heute, sie ist eine
Nebenstrasse der Strasse von Toledo, im Herzen des mittelalter-
lichen Madrid, und führt ihren Namen von dem Kloster der Hi-
ronymitinnen (Monasterio de monjas jerónimas de la Concepcion de
Na. Sa.), welches eine Oberkammerfrau der Königin Isabella,
Da. Beatriz Galinda, genannt La Latina, im Jahr 1504 gründete.
Zu beiden Seiten des Hochaltars sieht man ihr und ihres Gatten
Francisco Ramirez Mamordenkmal im Renaissancestil. Die Façade
des Klosters im spätgothischen Stil der Reyes católicos ist be-
achtenswerth, der Architekt war ein „neuer Christ“ Hazan. Die
einzige Kirchenfaçade in Madrid, die des Ansehens werth, ist
das Werk eines Morisken.
1) Jusepe Martinez, Discursos 43. Palomino III 247.
2) Mas se le carga el derecho que su Mgd. tiene perpetuo en las casas de
Pedro de Yta en la calle de la Concepcion Gerónima, que tiene de aposento el
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/188>, abgerufen am 03.03.2025.
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