Sevillaner strebte fort, aus dem Halbdunkel der Kirchen und Klöster, an das grelle Licht des Hofes: Zurbaran ist zuweilen Sevilla zu grossstädtisch gewesen. Er schlug seine Staffelei am liebsten in den Monasterien auf, in jenem Felsennest der unzu- gänglichen Wildniss von Estremadura, Guadalupe; da war er in seinem Element. Er soll nach Palomino einmal in sein Heimaths- dorf entflohen sein; das Ayuntamiento von Sevilla schickte eine Depution ab ihn zurückzuholen.
Daher änderte Velazquez seine Manier gar bald, Zurbaran beharrte fast sein ganzes Leben bei dem, was man bei andern den "ersten Stil" nennt. Er war aus härterem Stoff als sie alle und besass den richtigen Principienfanatismus des Romanen.
Alonso Cano.
Um dieselbe Zeit kam ein junger Mensch mit funkelnden Augen, auffahrendem Wesen und Cavaliersmanieren aus Granada, seiner Vaterstadt (seine Eltern stammten jedoch aus der Mancha). Er war der Sohn eines Architekten und Retablozimmerers, und sollte sich in dieser Kunst bei dem damals angesehensten Meister der Estofadosculptur in Andalusien, Martinez Montannes vervoll- kommnen. Dieser hat nie einen ergebeneren und begabteren Schüler gehabt: er war bald seine rechte Hand. Die drei Al- täre in der Kirche des Klosters S. Paula beweisen, dass er ihm seine Kunst vollständig abgesehen hatte. Diese Kunst blieb Alonso auch immer die bequemste; man erkennt die bildnerische Erziehung in seinen späteren Gemälden, am meisten in der Er- findung. Schon damals trieb es ihn auch, die Schwesterkunst zu lernen, er trat bei Pacheco ein, und hier mag er mit Velaz- quez Freundschaft geschlossen haben. Aber er hielt es nur acht Monate aus, versuchte es dann bei Juan de Castillo, der freilich jenem an Langweiligkeit nichts nachgab; endlich, sagt man, auch bei dem alten Herrera. Die Malerei machte ihm immer mehr zu schaffen als die Plastik, was man freilich seinen einfach und leicht gemalten Rahmen nicht ansieht. Er sagte später, wenn er Palette und Pinsel bei Seite warf und zu Modellirstab und Schnitzmesser griff: er wolle sich nun ausruhen.
Der Cano der späteren Jahre, der Cano von Madrid und Granada, der Cano der Bücher, wird gewöhnlich als eine Aus- nahme in der spanischen Malerei geschildert. Er ist der Idealist,
Alonso Cano.
Sevillaner strebte fort, aus dem Halbdunkel der Kirchen und Klöster, an das grelle Licht des Hofes: Zurbaran ist zuweilen Sevilla zu grossstädtisch gewesen. Er schlug seine Staffelei am liebsten in den Monasterien auf, in jenem Felsennest der unzu- gänglichen Wildniss von Estremadura, Guadalupe; da war er in seinem Element. Er soll nach Palomino einmal in sein Heimaths- dorf entflohen sein; das Ayuntamiento von Sevilla schickte eine Depution ab ihn zurückzuholen.
Daher änderte Velazquez seine Manier gar bald, Zurbaran beharrte fast sein ganzes Leben bei dem, was man bei andern den „ersten Stil“ nennt. Er war aus härterem Stoff als sie alle und besass den richtigen Principienfanatismus des Romanen.
Alonso Cano.
Um dieselbe Zeit kam ein junger Mensch mit funkelnden Augen, auffahrendem Wesen und Cavaliersmanieren aus Granada, seiner Vaterstadt (seine Eltern stammten jedoch aus der Mancha). Er war der Sohn eines Architekten und Retablozimmerers, und sollte sich in dieser Kunst bei dem damals angesehensten Meister der Estofadosculptur in Andalusien, Martinez Montañes vervoll- kommnen. Dieser hat nie einen ergebeneren und begabteren Schüler gehabt: er war bald seine rechte Hand. Die drei Al- täre in der Kirche des Klosters S. Paula beweisen, dass er ihm seine Kunst vollständig abgesehen hatte. Diese Kunst blieb Alonso auch immer die bequemste; man erkennt die bildnerische Erziehung in seinen späteren Gemälden, am meisten in der Er- findung. Schon damals trieb es ihn auch, die Schwesterkunst zu lernen, er trat bei Pacheco ein, und hier mag er mit Velaz- quez Freundschaft geschlossen haben. Aber er hielt es nur acht Monate aus, versuchte es dann bei Juan de Castillo, der freilich jenem an Langweiligkeit nichts nachgab; endlich, sagt man, auch bei dem alten Herrera. Die Malerei machte ihm immer mehr zu schaffen als die Plastik, was man freilich seinen einfach und leicht gemalten Rahmen nicht ansieht. Er sagte später, wenn er Palette und Pinsel bei Seite warf und zu Modellirstab und Schnitzmesser griff: er wolle sich nun ausruhen.
Der Cano der späteren Jahre, der Cano von Madrid und Granada, der Cano der Bücher, wird gewöhnlich als eine Aus- nahme in der spanischen Malerei geschildert. Er ist der Idealist,
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Alonso Cano.
Sevillaner strebte fort, aus dem Halbdunkel der Kirchen und
Klöster, an das grelle Licht des Hofes: Zurbaran ist zuweilen
Sevilla zu grossstädtisch gewesen. Er schlug seine Staffelei am
liebsten in den Monasterien auf, in jenem Felsennest der unzu-
gänglichen Wildniss von Estremadura, Guadalupe; da war er in
seinem Element. Er soll nach Palomino einmal in sein Heimaths-
dorf entflohen sein; das Ayuntamiento von Sevilla schickte eine
Depution ab ihn zurückzuholen.
Daher änderte Velazquez seine Manier gar bald, Zurbaran
beharrte fast sein ganzes Leben bei dem, was man bei andern
den „ersten Stil“ nennt. Er war aus härterem Stoff als sie alle
und besass den richtigen Principienfanatismus des Romanen.
Alonso Cano.
Um dieselbe Zeit kam ein junger Mensch mit funkelnden
Augen, auffahrendem Wesen und Cavaliersmanieren aus Granada,
seiner Vaterstadt (seine Eltern stammten jedoch aus der Mancha).
Er war der Sohn eines Architekten und Retablozimmerers, und
sollte sich in dieser Kunst bei dem damals angesehensten Meister
der Estofadosculptur in Andalusien, Martinez Montañes vervoll-
kommnen. Dieser hat nie einen ergebeneren und begabteren
Schüler gehabt: er war bald seine rechte Hand. Die drei Al-
täre in der Kirche des Klosters S. Paula beweisen, dass er ihm
seine Kunst vollständig abgesehen hatte. Diese Kunst blieb
Alonso auch immer die bequemste; man erkennt die bildnerische
Erziehung in seinen späteren Gemälden, am meisten in der Er-
findung. Schon damals trieb es ihn auch, die Schwesterkunst
zu lernen, er trat bei Pacheco ein, und hier mag er mit Velaz-
quez Freundschaft geschlossen haben. Aber er hielt es nur acht
Monate aus, versuchte es dann bei Juan de Castillo, der freilich
jenem an Langweiligkeit nichts nachgab; endlich, sagt man, auch
bei dem alten Herrera. Die Malerei machte ihm immer mehr
zu schaffen als die Plastik, was man freilich seinen einfach und
leicht gemalten Rahmen nicht ansieht. Er sagte später, wenn er
Palette und Pinsel bei Seite warf und zu Modellirstab und
Schnitzmesser griff: er wolle sich nun ausruhen.
Der Cano der späteren Jahre, der Cano von Madrid und
Granada, der Cano der Bücher, wird gewöhnlich als eine Aus-
nahme in der spanischen Malerei geschildert. Er ist der Idealist,
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/175>, abgerufen am 03.03.2025.
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