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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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II. Formales Moment des Rechts. §. 61.
ohne Disposition bildet immer noch ein Recht,
Disposition ohne Genuß nicht
! Um diesen Begriff
dreht sich das ganze Leben und Dasein des Rechts, an diesen
Mittelpunkt hat daher auch der Wille sich anzulehnen, wenn er
zum Zweck des Ganzen mitwirken will. Was er einbüßt, in-
dem er von der Höhe, auf die ihn die philosophische Formel
gehoben hat, herabsteigt, gewinnt er doppelt, indem er einen
praktischen Antheil an der Bewegung des Rechts erhält. Möge
man dann immerhin das Recht in seiner Totalität als Macht
bezeichnen, -- wenn man sich nur bewußt bleibt, daß die Macht
nicht der Zweck des Rechts, sondern nur die Form ist, in der das
Recht seinen Zweck zu erreichen hat.

2. Das formale Moment des Rechts.

Der Selbstschutz der Interessen oder die Klage -- die Gränze die-
ses Schutzes -- Klagmechanismus und Recht der Destinatäre im
Verhältniß der Corporationen und Stiftungen -- Rechtsver-
hältnisse an res religiosae und publicae (Recht des Gemein-
gebrauchs) -- Gegensatz des Individual- und Gemeinrechts -- der
Besitz und die bonae fidei possessio.

LXI. Das zweite Moment des Rechts ist der rechtliche
Schutz
-- Rechte sind rechtlich geschützte Interessen,
Recht ist die rechtliche Sicherheit des Genusses.

Nicht alle Interessen bedürfen des rechtlichen Schutzes,
nicht alle sind desselben fähig. 463) Und ferner: nicht jedes Ge-
setz, welches mein Interesse schützt, erzeugt für mich ein Recht.
Das Gesetz, welches im Interesse gewisser Fabrikationszweige
Schutzzölle einführt, kommt den Fabrikanten zu gute, es
schützt sie, und dennoch gewährt es ihnen keine Rechte.
Wie verträgt sich dies? Es liegt hier nur eine rechtliche Re-

463) Dies übersieht die Krausesche rechtsphilosophische Schule (Note 441).

II. Formales Moment des Rechts. §. 61.
ohne Dispoſition bildet immer noch ein Recht,
Dispoſition ohne Genuß nicht
! Um dieſen Begriff
dreht ſich das ganze Leben und Daſein des Rechts, an dieſen
Mittelpunkt hat daher auch der Wille ſich anzulehnen, wenn er
zum Zweck des Ganzen mitwirken will. Was er einbüßt, in-
dem er von der Höhe, auf die ihn die philoſophiſche Formel
gehoben hat, herabſteigt, gewinnt er doppelt, indem er einen
praktiſchen Antheil an der Bewegung des Rechts erhält. Möge
man dann immerhin das Recht in ſeiner Totalität als Macht
bezeichnen, — wenn man ſich nur bewußt bleibt, daß die Macht
nicht der Zweck des Rechts, ſondern nur die Form iſt, in der das
Recht ſeinen Zweck zu erreichen hat.

2. Das formale Moment des Rechts.

Der Selbſtſchutz der Intereſſen oder die Klage — die Gränze die-
ſes Schutzes — Klagmechanismus und Recht der Deſtinatäre im
Verhältniß der Corporationen und Stiftungen — Rechtsver-
hältniſſe an res religiosae und publicae (Recht des Gemein-
gebrauchs) — Gegenſatz des Individual- und Gemeinrechts — der
Beſitz und die bonae fidei possessio.

LXI. Das zweite Moment des Rechts iſt der rechtliche
Schutz
— Rechte ſind rechtlich geſchützte Intereſſen,
Recht iſt die rechtliche Sicherheit des Genuſſes.

Nicht alle Intereſſen bedürfen des rechtlichen Schutzes,
nicht alle ſind deſſelben fähig. 463) Und ferner: nicht jedes Ge-
ſetz, welches mein Intereſſe ſchützt, erzeugt für mich ein Recht.
Das Geſetz, welches im Intereſſe gewiſſer Fabrikationszweige
Schutzzölle einführt, kommt den Fabrikanten zu gute, es
ſchützt ſie, und dennoch gewährt es ihnen keine Rechte.
Wie verträgt ſich dies? Es liegt hier nur eine rechtliche Re-

463) Dies überſieht die Krauſeſche rechtsphiloſophiſche Schule (Note 441).
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[327/0343] II. Formales Moment des Rechts. §. 61. ohne Dispoſition bildet immer noch ein Recht, Dispoſition ohne Genuß nicht! Um dieſen Begriff dreht ſich das ganze Leben und Daſein des Rechts, an dieſen Mittelpunkt hat daher auch der Wille ſich anzulehnen, wenn er zum Zweck des Ganzen mitwirken will. Was er einbüßt, in- dem er von der Höhe, auf die ihn die philoſophiſche Formel gehoben hat, herabſteigt, gewinnt er doppelt, indem er einen praktiſchen Antheil an der Bewegung des Rechts erhält. Möge man dann immerhin das Recht in ſeiner Totalität als Macht bezeichnen, — wenn man ſich nur bewußt bleibt, daß die Macht nicht der Zweck des Rechts, ſondern nur die Form iſt, in der das Recht ſeinen Zweck zu erreichen hat. 2. Das formale Moment des Rechts. Der Selbſtſchutz der Intereſſen oder die Klage — die Gränze die- ſes Schutzes — Klagmechanismus und Recht der Deſtinatäre im Verhältniß der Corporationen und Stiftungen — Rechtsver- hältniſſe an res religiosae und publicae (Recht des Gemein- gebrauchs) — Gegenſatz des Individual- und Gemeinrechts — der Beſitz und die bonae fidei possessio. LXI. Das zweite Moment des Rechts iſt der rechtliche Schutz — Rechte ſind rechtlich geſchützte Intereſſen, Recht iſt die rechtliche Sicherheit des Genuſſes. Nicht alle Intereſſen bedürfen des rechtlichen Schutzes, nicht alle ſind deſſelben fähig. 463) Und ferner: nicht jedes Ge- ſetz, welches mein Intereſſe ſchützt, erzeugt für mich ein Recht. Das Geſetz, welches im Intereſſe gewiſſer Fabrikationszweige Schutzzölle einführt, kommt den Fabrikanten zu gute, es ſchützt ſie, und dennoch gewährt es ihnen keine Rechte. Wie verträgt ſich dies? Es liegt hier nur eine rechtliche Re- 463) Dies überſieht die Krauſeſche rechtsphiloſophiſche Schule (Note 441).

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/343>, abgerufen am 18.11.2024.