Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. A. Im allgem. II. Theorie der juristischen Technik. I. Die Aufgabe der Technik und die Mittel zur Lösung im Allgemeinen. Die Verwirklichungsfrage im Recht -- die Aufgabe und die Mit- XXXVIII. Das Recht ist dazu da, daß es sich verwirkliche. Nicht also der abstracte Inhalt der Gesetze entscheidet über Es kömmt nun aber nicht bloß darauf an, daß das Recht Können wir nun dies Wie absolut bestimmen? Ich glaube, al- Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem. II. Theorie der juriſtiſchen Technik. I. Die Aufgabe der Technik und die Mittel zur Löſung im Allgemeinen. Die Verwirklichungsfrage im Recht — die Aufgabe und die Mit- XXXVIII. Das Recht iſt dazu da, daß es ſich verwirkliche. Nicht alſo der abſtracte Inhalt der Geſetze entſcheidet über Es kömmt nun aber nicht bloß darauf an, daß das Recht Können wir nun dies Wie abſolut beſtimmen? Ich glaube, al- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0040" n="334"/> <fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">A.</hi> Im allgem.</fw> </div><lb/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theorie der juriſtiſchen Technik.</hi> </head><lb/> <div n="6"> <head><hi rendition="#aq">I.</hi> Die Aufgabe der Technik und die Mittel zur Löſung im<lb/> Allgemeinen.</head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Die Verwirklichungsfrage im Recht — die Aufgabe und die Mit-<lb/> tel zur Löſung, namentlich die Technik — die beiden techniſchen In-<lb/> tereſſen — die Praktikabilität des Rechts.</hi> </p> </argument><lb/> <p><hi rendition="#aq">XXXVIII.</hi> Das Recht iſt dazu da, daß es ſich verwirkliche.<lb/> Die Verwirklichung iſt das Leben und die Wahrheit des Rechts,<lb/> iſt das Recht ſelbſt. Was nicht in Wirklichkeit übergeht, was<lb/> bloß in den Geſetzen, auf dem Papiere ſteht, iſt ein bloßes<lb/> Scheinrecht, leere Worte, und umgekehrt was ſich verwirklicht<lb/> als Recht, iſt Recht, auch wenn es in den Geſetzen nicht zu fin-<lb/> den, und Volk und Wiſſenſchaft ſich deſſen nicht bewußt ge-<lb/> worden iſt.</p><lb/> <p>Nicht alſo der abſtracte Inhalt der <hi rendition="#g">Geſetze</hi> entſcheidet über<lb/> den Werth eines Rechts, nicht die Gerechtigkeit auf dem Papiere<lb/> und die Sittlichkeit in den Worten, ſondern die Objectivirung<lb/> des Rechts im Leben, die Thatkraft, mit der das, was als noth-<lb/> wendig erkannt und ausgeſprochen iſt, ausgeführt und durchge-<lb/> ſetzt wird.</p><lb/> <p>Es kömmt nun aber nicht bloß darauf an, <hi rendition="#g">daß</hi> das Recht<lb/> ſich verwirkliche, ſondern auch darauf, <hi rendition="#g">wie</hi> dies geſchieht. Was<lb/> nützt die Sicherheit und Unausbleiblichkeit der Verwirklichung,<lb/> wenn letztere ſo ſchwerfällig und langſam iſt, daß ſie immer zu<lb/> ſpät kömmt?</p><lb/> <p>Können wir nun dies Wie abſolut beſtimmen? Ich glaube, al-<lb/> lerdings. Bei der ganzen Frage von der Verwirklichung des Rechts<lb/> handelt es ſich nicht um etwas Materielles, ſondern um etwas<lb/> rein Formelles. Wie verſchieden auch der materielle Inhalt der<lb/> einzelnen Rechte ſein möge, die Verwirklichung derſelben kann und<lb/> ſoll überall eine gleiche ſein, es gibt in dieſer Beziehung ein<lb/> abſolutes Ideal, dem <hi rendition="#g">jedes</hi> Recht nachzuſtreben hat. Worin<lb/> beſteht daſſelbe? Ich glaube, wir können es auf eine doppelte<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0040]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. A. Im allgem.
II. Theorie der juriſtiſchen Technik.
I. Die Aufgabe der Technik und die Mittel zur Löſung im
Allgemeinen.
Die Verwirklichungsfrage im Recht — die Aufgabe und die Mit-
tel zur Löſung, namentlich die Technik — die beiden techniſchen In-
tereſſen — die Praktikabilität des Rechts.
XXXVIII. Das Recht iſt dazu da, daß es ſich verwirkliche.
Die Verwirklichung iſt das Leben und die Wahrheit des Rechts,
iſt das Recht ſelbſt. Was nicht in Wirklichkeit übergeht, was
bloß in den Geſetzen, auf dem Papiere ſteht, iſt ein bloßes
Scheinrecht, leere Worte, und umgekehrt was ſich verwirklicht
als Recht, iſt Recht, auch wenn es in den Geſetzen nicht zu fin-
den, und Volk und Wiſſenſchaft ſich deſſen nicht bewußt ge-
worden iſt.
Nicht alſo der abſtracte Inhalt der Geſetze entſcheidet über
den Werth eines Rechts, nicht die Gerechtigkeit auf dem Papiere
und die Sittlichkeit in den Worten, ſondern die Objectivirung
des Rechts im Leben, die Thatkraft, mit der das, was als noth-
wendig erkannt und ausgeſprochen iſt, ausgeführt und durchge-
ſetzt wird.
Es kömmt nun aber nicht bloß darauf an, daß das Recht
ſich verwirkliche, ſondern auch darauf, wie dies geſchieht. Was
nützt die Sicherheit und Unausbleiblichkeit der Verwirklichung,
wenn letztere ſo ſchwerfällig und langſam iſt, daß ſie immer zu
ſpät kömmt?
Können wir nun dies Wie abſolut beſtimmen? Ich glaube, al-
lerdings. Bei der ganzen Frage von der Verwirklichung des Rechts
handelt es ſich nicht um etwas Materielles, ſondern um etwas
rein Formelles. Wie verſchieden auch der materielle Inhalt der
einzelnen Rechte ſein möge, die Verwirklichung derſelben kann und
ſoll überall eine gleiche ſein, es gibt in dieſer Beziehung ein
abſolutes Ideal, dem jedes Recht nachzuſtreben hat. Worin
beſteht daſſelbe? Ich glaube, wir können es auf eine doppelte
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