Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite
226. An Emanuel.

Mein Guter,

Meine Feder sol heute ein Flügel sein, waraus sie genommen ist,
weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie5
um die Akten ersucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin
leicht einen Charge d'affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig-
[148]keit vergassen Sie mir den Preis des weiblichen Pisangblattes zu
schreiben: denn bekantlich konten die ersten Eltern sich aus Feigenlaub
keine Küchenschürzen machen.10

Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd' aber
Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr schreiben, wenn ich
mein Geschriebenes oder Gedruktes zuschicke. --

Sie und Schäfer lieb' ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht so
sehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer15
stärker, je öfter ich Sie sehe.

Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen
wünschen kan, das wünsch' ich Ihnen -- alles was ein warmes Ihnen
geben kan, das geb' ich Ihnen, nämlich das Herz selber. Und so ruhen
wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblase des20
Lebens und während der künftigen Seifenblasen, die das Meer der
Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menschen denken nicht daran, daß
wir nicht 1 Leben haben, sondern 10000 etc. -- daß unsere Existenz zwar
in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat -- und
daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. -- Gute25
Nacht, mein Emanuel!

Ihr
Freund
Richter
[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuth frei.30
227. Für Helene Herold.

Dieses Blätgen sol ein kleines Wasaordensband, eine aus Assignaten
gemachte Medaille sein, womit ich den vorzüglichen und ununter-
brochnen Fleis der Demoiselle Helene Herold nicht so wol belohnen
als bezeichnen wil. Hof d. 5ten Febr. 1796.35

J. P. F. Richter
226. An Emanuel.

Mein Guter,

Meine Feder ſol heute ein Flügel ſein, waraus ſie genommen iſt,
weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie5
um die Akten erſucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin
leicht einen Chargé d’affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig-
[148]keit vergaſſen Sie mir den Preis des weiblichen Piſangblattes zu
ſchreiben: denn bekantlich konten die erſten Eltern ſich aus Feigenlaub
keine Küchenſchürzen machen.10

Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd’ aber
Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr ſchreiben, wenn ich
mein Geſchriebenes oder Gedruktes zuſchicke. —

Sie und Schäfer lieb’ ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht ſo
ſehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer15
ſtärker, je öfter ich Sie ſehe.

Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen
wünſchen kan, das wünſch’ ich Ihnen — alles was ein warmes Ihnen
geben kan, das geb’ ich Ihnen, nämlich das Herz ſelber. Und ſo ruhen
wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblaſe des20
Lebens und während der künftigen Seifenblaſen, die das Meer der
Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menſchen denken nicht daran, daß
wir nicht 1 Leben haben, ſondern 10000 ꝛc. — daß unſere Exiſtenz zwar
in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat — und
daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. — Gute25
Nacht, mein Emanuel!

Ihr
Freund
Richter
[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuth frei.30
227. Für Helene Herold.

Dieſes Blätgen ſol ein kleines Waſaordensband, eine aus Aſſignaten
gemachte Medaille ſein, womit ich den vorzüglichen und ununter-
brochnen Fleis der Demoiselle Helene Herold nicht ſo wol belohnen
als bezeichnen wil. Hof d. 5ten Febr. 1796.35

J. P. F. Richter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0161" n="150"/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>226. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Hof</hi> d. 31 Jenn. 96.</hi> </dateline><lb/>
        <opener>
          <salute> <hi rendition="#et">Mein Guter,</hi> </salute>
        </opener><lb/>
        <p>Meine Feder &#x017F;ol heute ein Flügel &#x017F;ein, waraus &#x017F;ie genommen i&#x017F;t,<lb/>
weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß <hi rendition="#aq">Otto</hi> Sie<lb n="5"/>
um die Akten er&#x017F;ucht, 2) und daß er in <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> für jeden Termin<lb/>
leicht einen <hi rendition="#aq">Chargé d&#x2019;affaire</hi> auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig-<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd2_148">[148]</ref></note>keit verga&#x017F;&#x017F;en Sie mir den Preis des weiblichen Pi&#x017F;angblattes zu<lb/>
&#x017F;chreiben: denn bekantlich konten die er&#x017F;ten Eltern &#x017F;ich aus Feigenlaub<lb/>
keine Küchen&#x017F;chürzen machen.<lb n="10"/>
</p>
        <p>Sagen Sie dem <hi rendition="#aq">D. Elrodt</hi> meinen Dank und Grus. Ich werd&#x2019; aber<lb/>
Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr &#x017F;chreiben, wenn ich<lb/>
mein Ge&#x017F;chriebenes oder Gedruktes zu&#x017F;chicke. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sie und Schäfer lieb&#x2019; ich auf dem Wege <hi rendition="#g">nach</hi> Bayreuth nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr als auf dem <hi rendition="#g">aus</hi> Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer<lb n="15"/>
&#x017F;tärker, je öfter ich Sie &#x017F;ehe.</p><lb/>
        <p>Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen<lb/>
wün&#x017F;chen kan, das wün&#x017F;ch&#x2019; ich Ihnen &#x2014; alles was ein warmes Ihnen<lb/>
geben kan, das geb&#x2019; ich Ihnen, nämlich das Herz &#x017F;elber. Und &#x017F;o ruhen<lb/>
wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenbla&#x017F;e des<lb n="20"/>
Lebens und während der künftigen Seifenbla&#x017F;en, die das Meer der<lb/>
Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Men&#x017F;chen denken nicht daran, daß<lb/>
wir nicht 1 Leben haben, &#x017F;ondern 10000 &#xA75B;c. &#x2014; daß un&#x017F;ere Exi&#x017F;tenz zwar<lb/>
in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat &#x2014; und<lb/>
daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. &#x2014; Gute<lb n="25"/>
Nacht, mein Emanuel!</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Ihr<lb/>
Freund<lb/>
Richter</hi> </salute><lb/>
          <address>
            <addrLine>[Adr.] Herrn <hi rendition="#aq">Emanuel Samuel</hi> Junior in <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> <hi rendition="#g">frei.</hi><lb n="30"/>
</addrLine>
          </address>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>227. <hi rendition="#g">Für Helene Herold.</hi></head><lb/>
        <p>Die&#x017F;es Blätgen &#x017F;ol ein kleines Wa&#x017F;aordensband, eine aus A&#x017F;&#x017F;ignaten<lb/>
gemachte Medaille &#x017F;ein, womit ich den vorzüglichen und ununter-<lb/>
brochnen Fleis der <hi rendition="#aq">Demoiselle</hi> <hi rendition="#g">Helene Herold</hi> nicht &#x017F;o wol belohnen<lb/>
als bezeichnen wil. <hi rendition="#aq">Hof</hi> d. 5<hi rendition="#sup">ten</hi> <hi rendition="#aq">Febr.</hi> 1796.<lb n="35"/>
</p>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0161] 226. An Emanuel. Hof d. 31 Jenn. 96. Mein Guter, Meine Feder ſol heute ein Flügel ſein, waraus ſie genommen iſt, weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie 5 um die Akten erſucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin leicht einen Chargé d’affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig- keit vergaſſen Sie mir den Preis des weiblichen Piſangblattes zu ſchreiben: denn bekantlich konten die erſten Eltern ſich aus Feigenlaub keine Küchenſchürzen machen. 10 [148]Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd’ aber Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr ſchreiben, wenn ich mein Geſchriebenes oder Gedruktes zuſchicke. — Sie und Schäfer lieb’ ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht ſo ſehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer 15 ſtärker, je öfter ich Sie ſehe. Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen wünſchen kan, das wünſch’ ich Ihnen — alles was ein warmes Ihnen geben kan, das geb’ ich Ihnen, nämlich das Herz ſelber. Und ſo ruhen wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblaſe des 20 Lebens und während der künftigen Seifenblaſen, die das Meer der Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menſchen denken nicht daran, daß wir nicht 1 Leben haben, ſondern 10000 ꝛc. — daß unſere Exiſtenz zwar in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat — und daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. — Gute 25 Nacht, mein Emanuel! Ihr Freund Richter [Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuth frei. 30 227. Für Helene Herold. Dieſes Blätgen ſol ein kleines Waſaordensband, eine aus Aſſignaten gemachte Medaille ſein, womit ich den vorzüglichen und ununter- brochnen Fleis der Demoiselle Helene Herold nicht ſo wol belohnen als bezeichnen wil. Hof d. 5ten Febr. 1796. 35 J. P. F. Richter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/161
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/161>, abgerufen am 26.04.2024.