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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

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kunst einen großen Gemeingeist und vaterländi-
schen Sinn, Beharrlichkeit und Selbstverläug-
nung. Alle und jede Erweiterung und Ent-
wickelung galt gleich als Gemeingut. So ist
es noch. Kunstneid, das lächerliche Laster der
Selbsucht, des Elends und der Verzweifelung,
kann keinen Turner behaften. August Thaer,
der jüngste Bruder von einem Turnerdrei, brachte
damals am Reck bereits sechzig Aufschwünge
einerlei Art zu Stande, die in der Folge noch
auf hundert und zwei dreißig gestiegen sind
(Siehe Seite 87). Als Thaer während des
Krieges einen im Felde erkrankten Bruder pflegte,
raffte ihn 1814 die nämliche Seuche weg,
von der sein Bruder genas. Zuvor hatte er
noch von Mögelin aus zur Einrichtung eines
Turnplatzes zu Wriezen an der Oder mit
Rath und That geholfen.

Nach Beendigung des Sommerturnens von
1812, bildete sich zur wissenschaftlichen Erforschung
und kunstrechten Begründung des Turnwesens
aus den Turnfertigsten und Allgemeingebildetsten
eine Art Turnkünstler-Verein. Er bestand jenen
ganzen Winter hindurch, in dem die Franzosen

auf

kunſt einen großen Gemeingeiſt und vaterländi-
ſchen Sinn, Beharrlichkeit und Selbſtverläug-
nung. Alle und jede Erweiterung und Ent-
wickelung galt gleich als Gemeingut. So iſt
es noch. Kunſtneid, das lächerliche Laſter der
Selbſucht, des Elends und der Verzweifelung,
kann keinen Turner behaften. Auguſt Thaer,
der jüngſte Bruder von einem Turnerdrei, brachte
damals am Reck bereits ſechzig Aufſchwünge
einerlei Art zu Stande, die in der Folge noch
auf hundert und zwei dreißig geſtiegen ſind
(Siehe Seite 87). Als Thaer während des
Krieges einen im Felde erkrankten Bruder pflegte,
raffte ihn 1814 die nämliche Seuche weg,
von der ſein Bruder genas. Zuvor hatte er
noch von Mögelin aus zur Einrichtung eines
Turnplatzes zu Wriezen an der Oder mit
Rath und That geholfen.

Nach Beendigung des Sommerturnens von
1812, bildete ſich zur wiſſenſchaftlichen Erforſchung
und kunſtrechten Begründung des Turnweſens
aus den Turnfertigſten und Allgemeingebildetſten
eine Art Turnkünſtler-Verein. Er beſtand jenen
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[VI/0012] kunſt einen großen Gemeingeiſt und vaterländi- ſchen Sinn, Beharrlichkeit und Selbſtverläug- nung. Alle und jede Erweiterung und Ent- wickelung galt gleich als Gemeingut. So iſt es noch. Kunſtneid, das lächerliche Laſter der Selbſucht, des Elends und der Verzweifelung, kann keinen Turner behaften. Auguſt Thaer, der jüngſte Bruder von einem Turnerdrei, brachte damals am Reck bereits ſechzig Aufſchwünge einerlei Art zu Stande, die in der Folge noch auf hundert und zwei dreißig geſtiegen ſind (Siehe Seite 87). Als Thaer während des Krieges einen im Felde erkrankten Bruder pflegte, raffte ihn 1814 die nämliche Seuche weg, von der ſein Bruder genas. Zuvor hatte er noch von Mögelin aus zur Einrichtung eines Turnplatzes zu Wriezen an der Oder mit Rath und That geholfen. Nach Beendigung des Sommerturnens von 1812, bildete ſich zur wiſſenſchaftlichen Erforſchung und kunſtrechten Begründung des Turnweſens aus den Turnfertigſten und Allgemeingebildetſten eine Art Turnkünſtler-Verein. Er beſtand jenen ganzen Winter hindurch, in dem die Franzoſen auf

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/12>, abgerufen am 26.04.2024.